Die Vampire
wenige, die Garbo etwa, waren Filmschauspielerinnen oder Fotomodelle. Monsieur Erik, das Gespenst und die Engelsstimme der Pariser Oper, war nicht nur nicht fotogen; seine Stimme eignete sich nicht einmal für Schallplattenaufnahmen.
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte Kate.
»Ihr Akzent? Er ist nicht englisch«, stellte Kernassy fest. »Sind Sie vielleicht Kanadierin?«
»Ich bin vielleicht Irin.«
»In Irrrland lieben sie mich«, verkündete Malenka.
»Malenka ist eine Spielzeit lang beim Gate Theatre in Dublin gewesen. Sie war ein sehr großer Erfolg.«
Kate musste sich bei der Vorstellung von Malenka als Molly Bloom ein Lachen verkneifen.
»Viele iiirrische Männer lieben mich«, ließ Malenka wissen.
»Ganz bestimmt«, gab Kate ihr Recht. »Das sieht man sofort.«
Kernassy erwiderte ihr verstecktes Schmunzeln. Es gefiel ihm, als der liederliche »Onkel« dieses atemberaubenden, wenn auch hirnlosen Geschöpfs angesehen zu werden. Kate fragte sich, ob er sie warmblütig gefunden und verwandelt oder von einem anderen, erschöpften Fangvater geerbt hatte.
»Ich glaube, die Rrrömer werden Sie auch lieben«, erlaubte Kate sich zu sagen.
»Hörst du, Malenka? Unsere Miss Reed hier sagt dir einen überwältigenden Erfolg voraus.«
Malenka streckte in einer Art sitzender Verneigung die Brüste vor und nickte knapp zu unhörbarem Applaus.
»Sie hat die Hauptrolle bekommen, in einem Spielfilm.«
»Ich bin … Medusa«, sagte sie und berührte mit langen Fingernägeln ihre schlangenlosen Locken.
Kate sah das Vorsprechen richtig vor sich.
»Nein, mia cara«, tadelte Kernassy sie. »Du bist Medea.«
»Gibt es Unterschied?« Malenka sah Kate um Beistand an.
»Die eine hatte Nattern in der Frisur und ließ Männer mit einem Blick zu Stein erstarren«, sagte Kate. »Die andere half Aison, das goldene Vlies zu stehlen, wurde dann aber sitzengelassen und schlug ihre Kinder tot.«
»Ich glaube, das Ende wird umgeschrieben«, sagte Kernassy. »Das Original ist - wie drückte man es mir gegenüber noch gleich aus? - ›kein Kassenschlager‹. Und wer würde schon Malenka ›sitzenlassen‹, wie Sie sagen?«
»Wen interrressieren Kassenschläger?« Malenka lächelte. »Sie wollen nuurrr mich.«
Graf Kernassy hob die Schultern. Der Pilot verkündete, dass sie ihr Ziel gleich erreicht hätten, und forderte die Passagiere auf, sich wieder anzuschnallen, per favore. Malenka brauchte Hilfe mit der Schließe. Der Gurt lag lose in ihrem Schoß. In das korsettierte Kleid eingezwängt, war ihre Taille winzig.
»Sind Sie wegen der Verlobung in Rom?«, fragte der Graf.
Kate war verblüfft. Sie war gar nicht auf die Idee gekommen, dass jemand das denken mochte, obwohl die neue königliche Verbindung sogar in den Blättern, für die sie arbeitete, ausführlichst behandelt wurde.
»Vielleicht schreibe ich irgendetwas darüber«, sagte sie unverbindlich.
Bis zu diesem Moment hatte sie jeden Gedanken an die Verlobung unterdrückt. Während sie und Geneviève an Charles’ Sterbebett säßen, würde die Kreatur, die ihnen in den letzten siebzig Jahren das Leben verdorben hatte, sich in nie dagewesenem
Pomp wieder einmal eine Frau nehmen. Die politischen und seelischen Implikationen waren vielfältig. Vielleicht würde sie am Ende tatsächlich darüber schreiben, wenn sie ihren Abscheu in den Griff bekam.
»Wirrr gehen zur Verlobung«, sagte Malenka. »Persönliche Gäste von il principe.«
Kernassys Augenbrauen bildeten ein satanisches Victory-Zeichen. Er war nicht der einzige Karpater, der wie eine billige Imitation seines principe daherkam. Beabsichtigte Malenka, ihn gegen einen vornehmeren Onkel auszutauschen? Wenn, dann musste sie die königliche Verlobte ausstechen. Kate ging davon aus, dass Asa Vajda - la principessa? - sich nicht von einer Frau in die Tasche stecken ließ, die es nur aufs Geld abgesehen hatte.
»Vielleicht haben Sie anderes zu erledigen?«, bemerkte der Graf mit dem Verständnis eines Älteren. »Mamma Roma hat viele ewige Reize, manche schmerzlich, manche schön.«
Schmerzlich? Merkwürdiges Wort.
Das Flugzeug setzte weich auf und rollte zur Abfertigungshalle.
Kernassy ließ Malenka und Kate beim Verlassen des Flugzeuges den Vortritt. Natürlich ging Malenka als Erste und posierte am Kopf der fahrbaren Treppe.
Es gab Explosionen und Blitze. Kate glaubte schon, mit Salvenfeuer begrüßt zu werden. Es wäre nicht das erste Mal gewesen. Kaltes, grelles Licht traf sie. Geblendet schloss sie
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