Die Vampire
länger als nötig, dann wandte er sich dem Grafen zu und plauderte mit ihm auf Italienisch, wobei er sie eine Spur zu absichtlich ignorierte.
Ihr Herz schlug schneller. Sie war sich bewusst, dass Penelope ihr erwachtes Interesse bemerkte. Das würde sie noch verfolgen. Penny war immer gut darin, für Regentage Munition zurückzulegen.
Aber Kate war in Rom. Und ihr gegenüber saß ein bildschöner Mann.
Bis sie in der eigentlichen Stadt waren, ging die Sonne unter. Kate begriff, dass der Graf in der Innenstadt logierte. Ihre Pension war in Trastevere, durch das sie gerade fuhren. Sie versuchte den Ältesten zu überzeugen, dass er sie hinausließ, aber er fegte die Bitte beiseite.
»Auf gar keinen Fall, mia cara Signorina Reed. Wir sind mit Ihnen noch nicht fertig. Ich bestehe darauf, dass Sie an unserem Fest heute Abend teilnehmen. Sie und Signorina Churchward haben viel zu bereden. Und Sie müssen die Via Veneto bei Nacht erleben. Es ist die aufregendste Straße der Welt.«
Kates Mietwohnung lag in der Holloway Road. Nicht einmal die aufregendste Straße von Nord-London. Der Graf hatte sie schon überzeugt.
»Sie, Marcello, werden Signorina Reed begleiten«, ordnete Kernassy weltmännisch an.
»Aber selbstverständlich«, sagte Marcello, seine ersten Worte auf Englisch.
»Ich fürchte, Marcello verachtet unsereins«, sagte Penelope höflich. »Er sammelt Material für einen Roman, in dem er mit uns abrechnen will. Sein Thema ist das hohle Nachtleben der ewig Reichen.«
Seinem Mund war anzusehen, dass Marcello verstanden hatte, was Penelope sagte. Sein Englisch war durchaus fließend, gut zu wissen.
»Schreibst du immer noch für die Zeitungen, Katie?«
»Ja.«
»Dachte ich mir.«
Penelope lehnte sich zurück. Kate hatte Angst, rot zu werden.
»Werden Sie über Malenka schreiben?«, wandte sie sich an Marcello.
Kate fragte sich, warum ihr Bauch so angespannt war. Und ob ihr eine noch dümmere Frage hätte einfallen können.
Marcello zuckte die Schultern und neigte ausdrucksvoll den Kopf.
»Sie ist wie eine große Puppe«, sagte er und versuchte höhnisch zu grinsen.
Kate wusste sofort, dass der Reporter in das Filmsternchen vernarrt war, und kam sich unerklärlicherweise betrogen vor. Diese Stadt setzte ihr zu. »Arrivederci, Roma« hatte einen hypnotischen Zauber. Sie raubte Kate den Verstand.
Ihre Kehle prickelte vor rotem Durst.
»Aber selbstverständlich wird er über mia cara schreiben.« Der
Graf ließ einen Arm um den Italiener gleiten. »Wir brauchen hübsche kleine Wörter unter den ganzen großen Fotografien. Das gehört sich so.«
Kate fragte sich, ob Marcello das herablassende Schnurren des Grafen missfiel. Es war Stahl in Kernassys Samt, als ob er den Reporter in der Hand hatte. Vielleicht war ein italienischer Zeitungsmann ebenso leicht zu kaufen wie jemand bei der Passkontrolle.
Der Fiat überquerte den Tiber an der Ponte Sisto und folgte dem Ferrari durch die bevölkerten Straßen des Campo de’ Fiori und der Piazza della Rotunda. Autohupen tönten ein Arrangement von Spike Jones, akzentuiert durch unverschämtes Geschrei und dankbare Rufe. Paare auf Motorrollern schossen zwischen den dahinzuckelnden Autos hindurch, junge Frauen mit Schals strahlten feststeckende Autofahrer an. Fußgänger schlenderten mehr die Straßen als die Gehwege entlang, quetschten sich zwischen Fahrzeugen hindurch, redeten unbekümmert miteinander. Unter den Laternen gab es sogar Herden blinzelnder Schafe, die von aufmerksamen Kindern getrieben wurden.
»Italienische Wagen sind fürs Tempo«, sagte Marcello, »aber italienische Städte sind nichts für Autos. Man kommt nur im Schritttempo voran.«
Auf dem Largo di Torre Argentina war ein Fußballspiel im Gange. Drei Dutzend Jugendliche traten zwischen den Spaziergängern einen Ball umher. Als der Ferrari auf den Platz bog, wurde das Spiel unterbrochen, und die Fußballer drängten sich lärmend darum. Kate fragte sich, welches Fahrgestell sie mehr anbeteten, das des Ferraris oder das von la Malenka.
Sie pfiffen und stampften mit den Füßen. Malenka stand im Wagen auf und winkte.
Alle wollten rote Küsse. Malenka gewährte ausgewählten jungen Kerlen diese Gunst und kostete von ihnen. Sie leckte sich das
Blut von den Lippen und machte eine Geste, mit der sie die Menge teilte. Sie konnten weiterfahren.
Bewundernde Rufe folgten ihnen.
Kates Zähne waren scharf, und ihr lief das Wasser im Mund zusammen. Ein lästiges Bedürfnis meldete sich. Ein
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