Die Vampirjaegerin - Till the End of Time
dieses Verhalten von der Organisation vorgeschrieben war.
Sie schüttelte den Kopf. Jetzt tat sie es schon wieder: Sie versuchte, Entschuldigungen dafür zu finden, einen Vampir als Freund, auf welcher Ebene auch immer, bezeichnen zu können. Nein, sie beschloss, Natzuya nicht zu mögen und ihn zu vergessen. Sie musste ihr Leben endlich in irgendeiner Form ordnen. Ihre Gedanken waren viel zu verworren. Diese Neuordnung sollte erst einmal oberste Priorität haben und nicht immer nur Natzuya.
– 9 –
Natzuya observierte dieses unscheinbare, aber schreckensvolle Gebäude seit Sayuras Befreiung. Unregelmäßig legte er sich dort auf die Lauer. Er war sehr wachsam, wollte vermeiden, dass er womöglich auffiel und selbst beobachtet wurde, im schlimmsten Fall sogar erneut in Gefangenschaft geriet.
Eine Zeit lang geschah gar nichts, und Natzuya hatte fast schon angenommen, das Haus sei seit dem Überfall durch Lenas Clan stillgelegt worden, was an sich für weitere potenzielle Entführungsopfer definitiv ein Vorteil war.
Nach einer weiteren unauffälligen seiner Lauernächte wollte er gerade gehen, als sich plötzlich etwas tat. Er selbst hatte sich hinter den Büschen versteckt, die einem Haus als Sichtschutz dienten, das Haus lag zu dieser Zeit der Nacht stets im Dunkeln. Natzuya wartete immer, bis auch der letzte darin befindliche Bewohner in sein Bett gegangen war. Es war ein Einfamilienhaus mit einem kleinen Garten und einem wirklich winzigen Goldfischteich. Der Rasen wurde akribisch kurz gehalten, das einzige Kind der Familie war ein männlicher Teenager, der jedoch eher sein Stubenhockerdasein fristete, anstatt mit Freunden um die Häuser zu ziehen. Aber dies sollte gerade Natzuya mehr als recht sein. Die Erwachsenen stritten oft, manchmal sogar noch, nachdem die Lichter erloschen waren und sie lang schon ins Bett gegangen waren. Es hatte seine Vorteile, Vampir zu sein: Durch das ausgeprägte Gehör konnte man über weite Entfernungen mit anhören, was andere Menschen besprachen, wenn man sich nur genau darauf konzentrierte und die Umgebungsgeräusche ausblenden konnte. Andererseits war es auch ein Fluch, denn oft war es sehr laut. Ständige Motorgeräusche der Autos, Flugzeuge am Himmel, das ständige Gebrabbel der Menschen, ob sie nun direkt vor einem standen, in unmittelbarer Nähe oder sich hinter Hauswänden vermeintlich ungestört unterhielten. Die Stille der Nacht – es war eine erstaunlich laute Welt, was Natzuya als Mensch niemals so drastisch aufgefallen war.
Ein schwarzer Van war plötzlich vorgefahren, jener Van, in den Natzuya hineingezerrt und betäubt worden war wie vermutlich auch Sayura. Natzuya erinnerte sich, so etwas in ihren Gedanken gelesen zu haben.
Der Van war schwach, mit nur einem Fahrer, besetzt. Er war ein blonder hochgewachsener Mann, und Natzuya gefror das Blut in den Adern, als er ihn erkannte. Jener Mann war es gewesen, der Natzuya zu einem Vampir gemacht hatte, der nach Erfüllung seiner Pflicht offenbar in die Freiheit entlassen wurde. Tja, und nun kehrte er selbst an diesen Ort zurück. Kehrte er zurück – oder gehörte er selbst zu diesen Leuten?
Aber zu viel sprach dafür, dass er dazugehörte: allein schon der Van; auch die Ruhe, mit der der blonde Vampir auf das Gebäude zuschritt. Er blieb stehen, um sich umzusehen.
Natzuyas Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. Plötzlich hörte er zu seinem Erschrecken eine Stimme in seinem Kopf, die ihm eindringlich befahl, sofort aus seinem Versteck hervorzutreten.
„Komm zu mir!“, erklang die Stimme abermals. Natzuya wusste, dass sie dem blonden Mann dort auf der anderen Straßenseite gehörte. Diese Stimme hatte sich ihm eingebrannt. Natzuya hatte diesen Mann zu Beginn seiner Gefangenschaft zunächst für einen Mitgefangenen und später dann für ein armes Opfer der Entführer gehalten. Immer hatte er sich gefragt, ob der Mann, der Vampir, wirklich freigelassen worden war oder nicht. Nun hatte er die Antwort, die so offensichtlich vor ihm lag, dass er sie nicht genau erkannte.
Zu seiner eigenen Überraschung gehorchte sein Körper auf den Befehl des Mannes. Natzuya war nicht Herr über seine körperlichen Reaktionen. Er stand auf, trat auf die Straße und ging auf den Vampir zu.
Alles in ihm sträubte sich dagegen, aber ihm war, als würde ihn irgendetwas antreiben oder gar ziehen, so, als würde er an einem unsichtbaren Seil hängen, dessen Ende der Vampir in seinen toten Händen hielt.
„So abwegig ist der
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