Die Vampirjaegerin - Till the End of Time
von ihrem Nebenjob als Stripperin, dies hatte er ihr bereits deutlich gemacht.
Sie wollte diesen Job ungern aufgeben, denn sie mochte ihn: Er zeigte ihr auch die Schwächen der Menschen, machte sie vermutlich selbst zu einem – etwas, wonach sie sich augenscheinlich sehr sehnte. Wo sonst zeigte man alles von sich, wenn nicht in einem Stripteaselokal? Über ihre eigensinnigen Weisheiten musste sie lachen. Die letzten Wochen waren vor allem eines gewesen: anstrengend. Denn sie war nur noch mit sich beschäftigt, mit Grübeleien und chaotischen Gedanken. Sie suchte sich neu zu definieren, zu erkennen, sich selbst zu finden.
Sayura überlegte dann tatsächlich, ob sie sich einen Beruf bei Tageslicht suchen, einen Freundeskreis aufbauen und ein ganz normales Leben führen sollte: keine Waffen mehr in den Schränken, keine nächtlichen Streifzüge und keine nervenaufreibenden Kämpfe mehr, vorausgesetzt, die Organisation stimmte dem zu. Sie würde gleich morgen einen entsprechenden, schriftlich ausgearbeiteten Antrag auf Befreiung aufsetzen.
Ob ihr das Leben der Jägerin fehlen würde? Ob die Organisation ihr dies überhaupt gewährte?
Vielleicht sollte sie die Stadt verlassen, es würde ihr helfen, Mensch zu sein. Denn in ihrem Viertel war sie unter den Vampiren bekannt wie ein bunter Hund, selbst auch dann, wenn Natzuya den Vampiren befohlen hatte, sich von ihr fernzuhalten. Ein Neuanfang in einer neuen Stadt war vermutlich einfach, weil sie dort ein unbeschriebenes Blatt war. Vielleicht würde sie sich auch eine neue Identität zulegen müssen. Denn vielleicht war sie viel zu naiv, was die Organisation anging. Sie grinste verbittert in sich hinein. Glaubte sie wirklich, die Organisation würde Sayura ein freies Leben oder nur einen Urlaub zugestehen? Die Organisation, die so viel Wert auf Regeln, Gesetze und Geradlinigkeit legte? Auf lebenslange Vampirjägerschaft? Sayura selbst kannte all das doch in- und auswendig. Es wurde geradezu in sie hineingehämmert. War ein Untertauchen überhaupt möglich? Was, wenn sie durch eine Flucht plötzlich zur Zielscheibe würde? Gesucht und gejagt wie ein Vampir? Ein Leben auf der Flucht? Oder war das womöglich immer noch besser als ihr jetziges Dasein?
Der Umzug in eine neue Stadt würde auch bedeuten, dass es keine zufälligen Begegnungen mehr mit Natzuya geben würde; Begegnungen, die sie eigentlich nicht mochte.
Verdammt, egal, worüber sie nachdachte, immer endete es mit ihm!
Na ja, vielleicht sollte sie ihn noch einmal aufsuchen, um ihm mitzuteilen, dass sie ihren Vampirjägerjob an den Nagel hing. Er könnte diese Nachricht unter seinen Vampiren verbreiten, und ein Ausstieg würde für Sayura einfacher sein. Sie müsste vielleicht keine Angriffe fürchten. Ob es tatsächlich so einfach war?
Einfach so auf die Straße gehen, ohne Waffen, ohne innere Anspannung? Sie wusste gar nicht, wie sich dieser unbeschwerte Zustand überhaupt anfühlte: frei von Waffen, frei von Ängsten, getötet zu werden, frei von der Besessenheit nach Rache! Aber dazu müsste sie Natzuya aufsuchen. Dabei hatte sie ihn doch neulich in der Gasse einfach stehen lassen. Müsste sie nicht sowieso einen Schritt auf ihn zugehen?
Als er ihr gesagt hatte, er glaube, dass sie ihn liebte, hatte Sayura ihn mit großen Augen und vor Verblüffung offen stehendem Mund angesehen. Dann war sie einfach davongerannt wie ein kleines Schulmädchen.
Das war vor genau sieben Wochen, und seither dachte sie täglich an ihn. Sayura schüttelte den Kopf. Nein, wie peinlich das war, ihre ständige Flucht! Und jetzt wollte sie auf ihn zutreten mit all ihren wirren, naiven und lächerlichen Plänen? Vor der Auseinandersetzung mit einem großen Thema scheute sie sich dennoch sehr. Immer wenn es Platz in ihren Gedanken einnehmen wollte, verdrängte sie es erfolgreich.
Seine Äußerung bezüglich ihrer Gefühle klopfte tief in ihr und wollte Beachtung finden. Den Kuss tat sie noch immer als Ausrutscher ab. Käme sie nach solchen Überlegungen eventuell zu dem Entschluss, tatsächlich etwas für ihn zu empfinden, müsste sie überlegen, wie es weitergehen sollte. Sie müsste einige ihrer jahrelang geformten Grundsätze über die Vampire über Bord werfen, um bei ihm sein zu können. Sie müsste mit jemandem zusammen sein, der Menschen tötete!
War sie besser? Sie tötete Vampire, ehemalige Menschen. Auch damit hatte Natzuya recht. Und sie stand tatsächlich einfach daneben, wenn ein Mensch umgebracht wurde, nur weil
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