Die Vampirjaegerin - Till the End of Time
Mein altes Leben werde sterben, nur ich bliebe, so hatte es Lena ausgedrückt. Ein Vampir sollte Freunde nur für eine kurze Dauer haben!“ Wieder trank er einen Schluck und winkte dann einen der Barkeeper heran.
Sayura war wie vor den Kopf gestoßen. Über solche Belange hatte sie sich noch nie Gedanken gemacht. Zum einen war ihre eigene Familie ausgelöscht worden, Freunde hatte sie keine, und über das Leben der Vampire und deren Nöte hatte sie schon aus Prinzip nicht nachgedacht. Aber das sollte sie wohl einmal tun. Natzuya war einst ein Mensch, er hatte es schon einmal erwähnt, dass er Student war, auf dem Weg zu einem Mädchen, als er entführt worden war. Natürlich, Sayura hatte dies völlig vergessen, verdrängt, da es zudem mit der Zeit ihrer eigenen Entführung zusammenhing. Natzuya war bis vor knapp zwei Jahren selber noch Mensch gewesen. Und nun war er ein frisch erwachter Vampir, der all das, was er erlernt hatte, immer weiter vertiefen würde. Seine Erfahrungen, die er dabei machte, waren, wie es sich herausstellte, nicht nur gut.
„Sie sah mich mit großen Augen an. Ich konnte nicht anders, als ihre Gedanken zu lesen. Sie war natürlich verwirrt, überrascht und noch immer verletzt wegen dieses Briefes. Wir begrüßten uns, umarmten uns, und ich spürte so viele Fragen in ihr. Aus einem Impuls heraus entschuldigte ich mich dafür, wie alles gelaufen sei und dass es schlicht besser sei, wie es jetzt ist. Natürlich warf dies Fragen auf, noch mehr Fragen. Ich wünschte ihr alles Gute und machte auf dem Absatz kehrt. Und auf diesem kurzen Weg zu dir überschwemmten mich all diese Erinnerungen und Sehnsüchte, vor allem im Hinblick auf meine Eltern. Ich meine: Wie sehr müssen sie sich sorgen? Schließlich haben sie auch nur einen einzigen Brief erhalten und seither nie wieder etwas von mir gehört. Wie schlimm muss so etwas für Eltern sein? Ich meine, ich habe mich einfach abgewandt!“, brach es aus ihm heraus.
„Dann sag es ihnen, sag ihnen, was und wer du jetzt bist!“, schlug Sayura vor. Sie war überrascht über sich selbst. Das Gefühl der aufkommenden Eifersucht kämpfte sie nieder, ging es hier schließlich um viel mehr als nur um das Wiedersehen seiner Exfreundin. Hier ging es um seine menschliche Vergangenheit, die ihn jetzt übermannt hatte. Sayura hatte gar kein Anrecht auf ein Gefühl der Eifersucht.
Umso überraschender war ihr nun ihr eigener Ratschlag erschienen, die Regeln waren ihr natürlich bekannt: Vampire sollten ihre Existenz geheim halten, aber für alles gab es Ausnahmen, und Natzuya machte es sowieso nichts aus, Gesetze zu beugen. Und war es in diesem Fall nicht eine gute Sache? Er hatte ihr den Kopf zugewandt und sie ungläubig angesehen.
„Ich soll zu ihnen gehen und sagen: ‚Hallo, Mom, Dad, Freunde! Ich bin jetzt ein Vampir, eine blutsaugende Leiche und werde ewig leben!‘“, spielte er das Szenario durch.
„Nein, nicht allen. Sag es deinen Eltern und deiner Freundin, wenn du dir sicher bist, ihnen vertrauen zu können! Du kannst sie alle noch eine Weile treffen, so schnell werden sie nicht alt, und irgendwann fängst du an, dich innerlich zu verabschieden und dann auch äußerlich. Und dann werden neue Freunde in dein Leben treten. Sieh mal, selbst das Menschenleben ist so ausgelegt. Man kann sich nicht aussuchen ob und wie lange welche Menschen einem erhalten bleiben, alles ändert sich ständig. Versuche, es nicht so dramatisch zu sehen! Niemand stellt dir ein Ultimatum, wie schnell du deine Freunde und Familie verabschieden musst, du hast noch so viel Zeit dafür; Menschenzeit, nicht die vampirische Ewigkeit. Du musst ihnen zunächst auch gar nicht erzählen, dass du ein Vampir bist. Du kannst ihnen erzählen, dass du tagsüber arbeiten müsstest. Wir denken uns schon etwas aus, sodass ein Treffen eben erst frühestens nach Sonnenuntergang möglich ist. Dann könnt ihr so vieles gemeinsam machen: ins Kino gehen, ins Theater, zu Hause zusammensitzen und Karten spielen, erzählen. Mit deiner Freundin, Exfreundin, kannst du die Discos und Bars unsicher machen. Außerdem, ganz ehrlich: Unternimmt man dies alles nicht auch als Mensch eher abends? Du musst es ihnen nicht erzählen. Es gibt genug Ausreden, warum ein Treffen erst nach Einbruch der Dunkelheit möglich ist. Gut, vielleicht ist es im Sommer etwas schwieriger, weil es ja dann erst später dunkel wird, aber mit der richtigen Notlüge ist es nicht unmöglich!“ Sie redete sich in Fahrt. „Sie
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