Die Vampirjaegerin - Till the End of Time
Vampirjägerin abzustreifen, war es also nicht. Eben diese Vampirjägerin hatte sich in ihrem Inneren gerade ganz entschieden aufgerichtet und protestiert.
Zu allem Überfluss war Sayura auch noch wütend auf sich selbst: über ihre Unfähigkeit, Natzuya darauf anzusprechen, ihn zur Rede zu stellen, sich selbst zu erklären. Sie war wütend darüber, bei Konflikten immer nur weglaufen zu können. Das musste sehr respektlos wirken. Dabei wollte sie doch nur, dass sie heute einen schönen Abend zusammen hatten; und vielleicht hätte sie ihn auch geküsst. Aber das alles hatte sich in Rauch aufgelöst; sie konnte doch keinen Vampir küssen, der Mädchen aus Vergnügen verführte und anschließend kaltblütig tötete!
Sayura blieb stehen. War sie etwa eifersüchtig auf so eine groteske Vorstellung? In ihrem Kopf drehte es sich.
Entschlossen machte sie auf dem Absatz kehrt und ging zurück in das Hotel mit der langen Bar und den zauberhaften Barkeepern. Sie würde es ihm erklären, alles, auch ihre Eifersucht und all diese verwirrenden Gefühle, die sie einfach nicht klar denken ließen. Aber vor allem, dass sie es nicht ertrug, wenn er vollständig Vampir war und sie so behandelte, als sei sie wie er. Sie hoffte auf sein Verständnis und auf seine Rücksichtnahme.
Doch schon, als sie durch die Tür des Hotels schritt, fiel ihr Blick auf die zwei Barhocker, auf denen zuvor Natzuya und sie gesessen hatten. Längst waren sie durch ein anderes Paar besetzt.
Sie stand schließlich eine ganze Weile vor dem Hotel auf dem Gehweg und sah in den Sternenhimmel. Leute gingen an ihr vorbei, ein paar Mal wurde sie angerempelt. Aber das störte sie nicht.
Natzuya hatte keinen Grund gehabt zu warten, wieso hätte sie auch zurückkommen sollen? Jetzt war er sicher auf der Jagd, verführte ein Mädchen mit seinen fesselnden Blicken …! Sayura schüttelte den Kopf, um die Erinnerung an Natzuyas schöne Augen zu vergessen, sah zu Boden und trat dann ihren Heimweg an. Vielleicht hätte sie ihn einfach gehen lassen sollen, als er selbst dies zu Beginn ihres gemeinsamen Abends angekündigt hatte. Vielleicht hätte sie nicht um jeden Preis ihre Erwartung an ihn und diesen Abend durchsetzen sollen. Vielleicht musste Natzuya in dieser Phase einfach allein sein.
Sie bildete sich plötzlich ein, sein Aftershave in der Luft wahrnehmen zu können. Das war sicher der Alkohol, er hatte ihre Sinne benebelt. Natzuya hatte ungefähr die gleiche Wirkung auf sie. Sie lächelte vor sich hin. Ihr Ausbruch ihm gegenüber tat ihr plötzlich leid. Ob er sie anhören würde? Sie hatte plötzlich Angst davor, von ihm abgelehnt zu werden. Vielleicht würde er ihr nicht einmal mehr die Tür öffnen. Sie erwartete immer Akzeptanz und Toleranz für ihre Situation; aber konnte er das auch von ihr erwarten? Sayura zweifelte selbst daran. Soziales Miteinander hatte sie nie gelernt. Ein Gespräch war dennoch notwendig. Sie wollte nämlich gar nicht, dass er aus ihrem Leben verschwand. Vielleicht war es an der Zeit, sich dies einzugestehen?
„Wenn sich ein Mensch allein und unbeobachtet fühlt, ist es leichter für mich, seine Gedanken zu lesen!“, sagte Natzuyas Stimme dicht hinter ihr.
Sayura war gerade dabei gewesen, ihre Wohnungstür aufzuschließen. Beinahe schon reflexartig fuhr sie herum, um mit der Faust den Angreifer abzuwehren. Aber Natzuyas Reflexe und Bewegungen waren schneller, sodass er ihre Faust gekonnt und ohne jede Anstrengung abfing.
„Gott, Natzuya, mach das nie wieder!“, stöhnte sie erschrocken. Ihr Herz hatte vor Schreck beinahe aufgehört zu schlagen.
„Okay, und du lauf nicht wieder weg!“, konterte er passend.
Das Licht im Hausflur ging aus. Sayura war blind, Natzuya nicht. Sayura tastet nach dem Lichtschalter. Das helle Licht tat ihr in den Augen weh. Sie drehte sich um und schloss schließlich die Tür auf. Ohne ein weiteres Wort ging sie zunächst ins Schlafzimmer, um ihre eleganten Sachen gegen einen einfachen Jogginganzug zu tauschen. Natzuya hatte es sich auf der Couch bequem gemacht. Das Glas Orangensaft stand einsam auf dem Tisch. Mittlerweile war dessen Inhalt sicherlich abgestanden, denn sie hatte es bereits vor seinem Kommen an diesem Abend auf den Tisch gestellt, in der Annahme sie würden auch heute wieder auf der Couch sitzen und einfach erzählen. Das war lange bevor er ihr seinen Seelenzustand offenbarte.
Sayura stand noch eine Weile unschlüssig vor ihrem Schlafzimmerspiegel. Sie starrte hinein, ohne sich zu
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