Die Vampirjaegerin - Till the End of Time
weißer geraffter und tief dekolletierter Bluse an. Ihre Kleidung betonte ihre frauliche Figur. Sayura sah elegant und sexy aus. Für die kühle Abendluft nahm sie eine dünne Strickjacke aus Kaschmir mit. Somit war sie das perfekte Pendant zu Natzuyas angenehmem Erscheinungsbild. Zum Schluss schlüpfte sie in einfache, schwarze Pumps und empfand sich nach einem prüfenden Blick in den Spiegel als sehr hübsch, sehr weiblich. Ihre Wunden als letzte Zeugen der Begegnung mit Moe waren unter ihrer Kleidung weitestgehend unsichtbar.
„Ich weiß, und ich hab es auch nur ein bisschen wie einen Vergleich empfunden, aber ich merke schon, dass es dir heute nicht gut geht“, sagte sie, als sie aus dem Schlafzimmer kam.
„Du siehst gut aus!“, bemerkte er trocken. Es war nicht gerade das, was sie sich von ihm erhofft hatte.
„Wenn du nicht erzählen möchtest, was dich bedrückt, macht es mir nichts aus, schweigend in einer Bar neben dir zu sitzen, solange wir einen netten Drink haben!“, versuchte sie ebenfalls entspannt zu klingen, ohne weiter auf seine Bemerkung, ihr Aussehen betreffend, einzugehen. Er sagte es sicher nur so dahin.
„Nein, verdammt noch mal, ich sage nichts einfach nur so dahin!“, fuhr er sie an, erschrak aber ähnlich wie sie über seinen eigenen Tonfall.
„Entschuldige, ich sollte vielleicht besser gehen!“ sagte er gleich im Anschluss und wandte sich ab.
„Nein!“, widersprach sie lauter als notwendig und hielt ihn am Arm fest. „Geh nicht, Natzuya, bleib, bitte!“, bat sie dann leiser als nötig.
Über die Schulter hinweg sah er sie an.
„Okay, komm, gehen wir!“
Eine halbe Stunde später saßen sie an der Bar eines Hotels nebeneinander auf den ledernen Barhockern. Hier herrschte ein ruhiges, aber gehobenes Ambiente. Neben ihnen saßen entweder allein oder in Zweier-Konstellationen Besucher dieser Lokalität und unterhielten sich angeregt miteinander. Mancher Single starrte betrübt in sein Glas oder blickte sich suchend nach einem bekannten Gesicht um. Im Hintergrund spielte sanfte Musik.
Die Bar war sehr lang, drei Barkeeper bewirteten sie und beeindruckten mit kleinen Stunts. Sie mischten Cocktails, indem sie die Flaschen und halb volle Gläser in die Luft warfen, um sie gekonnt hinter ihrem Rücken wieder aufzufangen und schließlich gefüllte Gläser vor den Gästen abzustellen. Sie spielten mit dem Feuer, vollführten kleinen Zaubertricks und boten den Gästen generell ein kleines, aber anregendes Unterhaltungsprogramm.
Es waren hübsche Jungs mit strahlend weißen Zähnen, gegelten Haaren und vom Solarium gebräunter Haut. Sayura ließ sich von ihren Shows beeindrucken, zumal Natzuya wirklich nicht gesprächig war und gedankenverloren in sein Glas starrte, dessen Inhalt er nicht einmal angerührt hatte. Dabei waren die Cocktails hier wirklich einzigartig gut. Für den Preis, der dafür verlangt wurde, war dies zudem das Mindeste.
Sayura trank wie immer einen Scotch. Er schmeckte in einer so noblen Bar gleich viel besser als in dem billigen Tanzlokal „Naked“. Sie beugte sich jetzt zu Natzuya.
„Erzähl es mir!“, flüsterte sie.
„Ach, es geht nur um Dinge, womit ich mich früher oder später sowieso hätte auseinandersetzen müssen!“, winkte er ab.
„Du bist mein Bodyguard, weißt du noch? Wir verbringen Zeit zusammen, das hast du selbst so gesagt. Hilf mir, dich kennenzulernen, lass mich deine Freundin sein! Freunde sind da, um zuzuhören und zu helfen!“, hielt sie eine kurze Predigt.
„Freundin!“, wiederholte er, starrte dabei weiterhin in sein Glas.
Sayura hatte sich wieder aufrecht auf ihren Barhocker gesetzt und einen Schluck getrunken.
„Ich wurde heute mit meiner Vergangenheit als Mensch konfrontiert!“, sagte Natzuya dann plötzlich.
„Wie das?“, fragte sie leise zurück.
„Ich bin heute noch kurz zum Multistore gegangen, wollte Blumen besorgen oder sonst irgendetwas Schmeichelhaftes mitbringen, aber kurz davor begegnete mir Francesca!“ Jetzt trank auch er. „Meine Freundin, Exfreundin!“, erklärte er. Er sah sie nicht dabei an. Er spuckte die Worte beinah angewidert aus.
Sayura trank ihr Glas mit einem großen Schluck leer. „Freundin“, dachte jetzt sie.
„Lena sagte, dass ich besser jeden Kontakt abbrechen sollte, am besten wäre es im Streit, denn ich würde in Erklärungsnot geraten, wenn alle meine Freunde älter würden, nur ich nicht. Das tat ich, ich habe ihr einen Brief geschrieben und die Beziehung beendet.
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