Die Vampirjaegerin - Till the End of Time
willst, dass ich es bin, der dir zu Füßen liegt. Glaub mir, Sayura, das tue ich!
Nun zu der Sache mit der angekündigten Jagd: Du hast wieder recht; auch das war rücksichtslos. Ich weiß, wie du mit deinen Moralvorstellungen kämpfst, wenn es um mich geht. Ich kann trotzdem nicht mit dir darüber diskutieren, dass ich Blut zum Leben brauche, aber wir können gerne über das Wie diskutieren. Ich gehe nicht auf Jagd nach Mädchen und verführe sie auch nicht, bevor ich sie töte. Streiche endlich diese Klischees aus deinem Kopf. Ich töte bevorzugt Männer, Straßenpenner, aber ab und an brauche ich auch anderes, reines Blut, z. B. von gesunden Frauen, Männern oder alten Ladys. Überwiegend bediene ich mich dennoch der Blutkonserven aus dem Krankenhaus. Ich weiß, wie schwer das für dich ist, aber ich sterbe, wenn ich kein Blut trinke. Okay? Selbstverständlich nehme ich deine Entschuldigung an. Und bitte glaube mir: Nie im Leben würde ich dich gegen deinen Willen zu einem Vampir machen; aber bitte lass uns nicht jetzt schon an derartige Dinge denken! Die Vorstellung, dass du einst stirbst, egal, in welchem Alter, behagt mir nicht“, schloss er seinen Erklärungsbericht ab, der so ehrlich war.
Sayura war ganz verlegen geworden.
„Wieso kannst du so offen über all das reden?“, fragte sie völlig verblüfft.
„Weil ich einmal gestorben bin, Sayura, ich nichts klären, nichts aufräumen und mich nicht verabschieden konnte; und dieses Gefühl werde ich nicht vergessen. Aus diesem Grund spreche ich seither aus, was mich beschäftigt. Bei meinem heutigen Tief kannst du mir nicht helfen, ich muss da nun mal durch. Aber überraschenderweise konntest du mir neue Perspektiven aufzeigen. Danke noch einmal dafür!“ Er sah sie an.
Sie lächelte verlegen zurück.
„Sei ab jetzt offener zu mir, zumal du deine Gedanken sowieso nicht im Griff hast!“, zog er sie auf. Sayura nickte.
„Also für den Fall, dass es nicht richtig bei dir angekommen ist, Sayura: Ich liebe dich!“
– 14 –
Als das Spotlight ausgegangen war und sie von der Bühne abging, sammelte sie schnell ihre Sachen, die sie im Verlauf ihrer Stripshow ausgezogen hatte, ein. In der Garderobe kuschelte sie sich in ihren flauschigen, weißen Bademantel.
Sayura hatte wieder begonnen, als Stripperin zu arbeiten. Als sie bei Jeffrey angefragt hatte, ob sie wieder im „Naked“ einsteigen dürfe, hatte er sie eine Woche über seine Entscheidung im Unklaren gelassen, sie aber dann schließlich angerufen und gesagt: „Ja, in Ordnung. Komm wieder, aber noch so ’n Ausrutscher, und du brauchst dich nie wieder blicken zu lassen. Es geht einfach nicht, dass du dich so lange nicht meldest!“
Kitty saß neben ihr und wartete ungeduldig auf den Beginn ihres eigenen Auftritts. Sie selbst war einige Tage krank gewesen, und nach einer derartigen Arbeitspause war sie trotz ihrer Erfahrung und ihres Könnens immer aufgeregt, wenn es um den ersten Auftritt ging.
„Du siehst schlecht aus, Süße, willst du nicht lieber nach Hause gehen?“, fragte sie Sayura nun besorgt.
Sayura saß an ihrem Spiegeltisch und sah Kitty aus dem Spiegel heraus an.
„Nein, nein, alles okay. Außerdem muss ich gleich noch mal raus auf die Bühne!“
„Gut, aber wenn du reden willst, bin ich für dich da!“, sagte Kitty besorgt, klopfte Sayura auf die Schulter und verließ den Raum. Sie kannte ihre Kollegin mittlerweile so gut, dass sie wusste, wann Sayura mit ihrer Fassung rang, wann sie versuchte, Tränen zu unterdrücken. Das war in ihrer langjährigen Bekanntschaft nur einmal vorgekommen. Der Grund war ihr entfallen aber sie wusste, dass Sayura in diesen Fällen lieber unbeobachtet war. Über derartige Themen oder Gefühlslagen hatten sie nie gesprochen und auch wenn sie wunderbar nonverbal kommunizieren konnten, so wünschte sich Kitty doch mehr Zugang zu Sayura. Kitty offenbarte ihr vieles von sich selbst, aber Sayura blieb verschlossen, immer etwas distanziert. Über eine freundschaftliche Berufsbekanntschaft ging es eigentlich nie hinaus.
Sayura sah sich nun selbst im Spiegelbild an. Sie sah wirklich schlecht aus, sie hatte tiefe Augenränder, dünnes Haar, matte Haut, einen verhärteten, aber doch unsicheren Gesichtsausdruck, und sie war deutlich abgemagert. All das konnte man zwar mit Schminke abdecken, aber ein Blick in ihre Augen verriet, wie schlecht es ihr ging. Sie sah krank aus. Essen konnte sie seit Wochen nicht richtig, sie heulte ständig und vermisste
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