Die Vampirjaegerin
intensiver, bevor sie wusste, was geschah. Er war nicht sanft; die Aggressivität seiner Küsse ähnelte jedoch dem Adrenalinstoß, den die Jäger so lieben.
Sicher, er hatte ein paar Jahrhunderte Übung, während Turquoise nur wenig hatte, mit dem sie ihn vergleichen konnte – hauptsächlich menschliche Freunde, und das war lange her. Und Lord Daryl.
Der letzte Gedanke ließ sie zusammenfahren. Jaguars Kuss war nicht so gewalttätig wie der von Lord Daryl, doch es schwang die gleiche besitzergreifende Dominanz mit, die Turquoise schaudern ließ, sobald sie sie erkannte. Sie zog sich zurück und stieß mit dem Rücken gegen die Wand, als sie Jaguar wegschubste.
»Audra ...«
»Jaguar, lass mich los!«
Er zögerte. »Audra ...«, begann er wieder, und wieder unterbrach sie ihn: »Lass mich los!«
Er ließ sie so plötzlich los, dass sie erschrocken Luft holte. »Es tut mir leid.«
Turquoise sah noch vor Jaguar, wie die Vampirin den Hof betrat. Sie sah Turquoise kurz an, bevor sie sich Jaguar zuwandte. Sie fasste ihn bei den Schultern und flüsterte: »Wie rührend, Katerchen, du hast wohl eine neue Freundin gefunden.«
Mit einer Bewegung, die zu schnell war, als dass Turquoises menschliche Augen ihr hätten folgen können, fuhr Jaguar herum und wich vor der Vampirin zurück.
»Jeshickah!«
Der Name kam in einer Mischung aus Gruß und Furcht von seinen Lippen.
»Freust du dich über dein neues Spielzeug, kleiner Kater?«, schnurrte Jeshickah und neigte sich Turquoise zu. Die juckte es in den Fingern, nach einem Messer zu greifen – wenn sie denn nur eines gehabt hätte –, als sie in Jeshickahs schwarze Augen sah.
Gleichzeitig spürte sie Jaguars stumme Stimme: Knie nieder! Sie schauderte vor dem Gefühl seiner Stimme in ihrem Kopf. Jaguars Gesichtsausdruck änderte sich nicht, aber seine Stimme klang verzweifelt, als er schnell hinzufügte: Widersprich mir jetzt nicht, Audra! Nicht wenn sie dich nicht verletzen soll.
Mit einem Gefühl wie Sandpapier in ihrer Kehle schluckte Turquoise ihren Stolz hinunter, sank auf ein Knie und senkte den Kopf, damit »Mistress« Jeshickah nicht den blanken Hass in ihren Augen sah. Sie war darauf vorbereitet, Unterwürfigkeit zu heucheln, aber es machte ihr keinen Spaß.
Laut antwortete Jaguar auf Jeshickahs Frage: »Audra hat mir Gesellschaft geleistet.«
»Sie ist nicht gut abgerichtet«, stellte Jeshickah fest.
Jaguar zuckte mit den Schultern. »Für mich reicht es, und ich habe keine Zeit, mit ihr zu arbeiten.«
»Es reicht dir?« Jeshickah klang amüsiert.
»Brauchst du etwas?« Turquoise staunte, wie ausgeglichen seine Stimme klang, obwohl ihn Jeshickahs plötzliches Erscheinen so offensichtlich verunsichert hatte.
»Du solltest nicht hier sein.«
»Brauche ich deine Erlaubnis, um hierherzukommen?«
Einen Moment lang klang Jeshickahs Stimme gefährlich, doch sie fügte locker hinzu: »Außerdem hätte ich nicht gerne die rührende kleine Szene mit dem Mädchen verpasst.«
Turquoise fragte sich, wie viel sie gesehen hatte. Außerdem hätte sie gern gewusst, wann sie aufstehen konnte; ihr Hals begann, sich zu verkrampfen.
»Und was ich brauche ...«, fuhr Jeshickah fort, »wir waren vor einigen Stunden verabredet, aber du bist nicht erschienen.«
»Ich sagte dir doch, ich hätte anderweitige Verpflichtungen«, antwortete Jaguar.
Die offene Lüge zeigte deutlich seine Missachtung. Er hatte den ganzen Tag über nichts getan, es sei denn, Turquoise hätte es verschlafen.
In Jeshickahs Stimme schwang eine Drohung mit: »Und ich hatte dir befohlen, sie abzusagen.«
Turquoise konnte lediglich Jeshickahs Füße sehen, als sie so dicht auf Jaguar zuging, dass sie sich fast berührten. »Bis jetzt hat mich deine Spielzeugversion von Midnight amüsiert, und ich habe dir daher erlaubt, es zu regieren, aber was ich jetzt sehen muss, erfreut mich keineswegs mehr. Ich bin sehr enttäuscht darüber, was aus dir geworden ist.«
»Dann geh doch einfach«, schlug Jaguar gelangweilt vor. »Ich verspüre nicht den Wunsch, diesen Ort zu dem werden zu lassen, was du aus dem letzten gemacht hast.«
Er stolperte, als sie ihn an den Schultern zurückstieß. »Vergiss nicht, Katerchen: Alles, was du besitzt, gehört mir. Selbst das Blut in deinen Adern habe ich dir gegeben. Wenn ich dir sage, dass du sie brechen sollst, dann wirst du es tun!«
»Das werde ich nicht«, antwortete Jaguar mit einer Stimme, die ebenso sanft wie voller Wut war. »Die Menschen in Midnight sind
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