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Die Vampirjaegerin

Die Vampirjaegerin

Titel: Die Vampirjaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Atwater-Rhodes
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erkannte seine Sehnsucht, die Sehnsucht, so unschuldig wie das Tier zu sein. Sie fragte sich, wie Jaguar so hatte lange überleben können. Sentimentalität war eine tödliche Schwäche für ein Raubtier. Selbst für Turquoise war Jaguars Schwäche so offensichtlich wie das schwächste Tier einer Herde für einen Wolf.
    »Je mehr Sie mir von dem alten Midnight erzählen, desto schwerer fällt es mir, mir vorzustellen, dass Sie einer seiner gefürchtetsten Sklavenausbilder gewesen sein sollen.«
    Bevor er antworten konnte, fügte sie hinzu: »Sie scheinen nicht jemand zu sein, der gerne an einem solchen Ort lebt.«
    Einen Augenblick lang sah Jaguar überrascht aus. »Du meinst jemand, der Macht, Reichtum, Luxus, absoluten Gehorsam und alles andere, was er haben will, liebt?«
    »Ich meine jemanden, der es liebt, andere Geschöpfe zu manipulieren.«
    »Warum nicht?«, antwortete er gleichgültig. »Wir tun alle, was wir am besten können, und ich war schon immer sehr gut darin, andere zu manipulieren.«
    Turquoise schüttelte den Kopf. »Sie versuchen wieder, mich einzuschüchtern.«
    »Vielleicht«, antwortete er. »Vielleicht muss ich es aber auch gar nicht versuchen. Vielleicht muss ich nur ehrlich sein. – Ich will nicht mehr als Ausbilder arbeiten«, stellte er fest. »Aber das heißt nicht, dass ich es nie gerne getan hätte, und es ist keine Arbeit, die irgendjemand je vergessen könnte. Den Instinkt, zu analysieren, zu manipulieren, zu zerstören und zu beherrschen, verliert man nie ganz. Verstand und ... Moral können die Instinkte überlagern und kontrollieren, sie aber nie ganz vernichten.«
    Er schüttelte abwesend den Kopf. Dann sagte er mit leiser Stimme: »Ich will dich nicht brechen müssen.«
    Seine Ausdrucksweise gefiel ihr ganz und gar nicht.
    »Wenn Jeshickah Midnight übernimmt, wirst du als Mensch mit freiem Willen hier nicht bleiben dürfen. Entweder tötet sie dich oder sie lässt dich von jemandem zähmen.«
    »Lord Daryl konnte das nicht«, wandte Turquoise ein und versuchte, dabei tapfer zu klingen.
    »Daryl ist zu weich«, stellte Jaguar sachlich fest, und diesmal fuhr Turquoise zurück. Zu weich? Das Gespenst ihrer Albträume sollte weich sein?
    Plötzlich war Jaguars Stimme in ihrem Kopf. Daryl entschied sich, Sklavenausbilder zu werden, weil es profitabel und er machtverliebt war. Er kann Leute nicht gut einschätzen und hat keine Ahnung, wie man sie lenken kann.
    Turquoise wollte nicht wegsehen, auch wenn sie am liebsten so weit wie möglich von dem Vampir in ihrem Kopf abgerückt wäre.
    Ein Ausbilder, der weiß, was er tut...
    Für einen Sekundenbruchteil tauchten Bilder in ihrem Kopf auf, lebhaft und schmerzvoll. Ihre Knie gaben nach und mit dem Geschmack von Blut auf ihrer Zunge fiel sie zu Boden.
    Du bist stark, Audra, aber du hast keine Ahnung, mit wem du dich anlegst. Er hielt inne. Soll ich dich gehen lassen?
    Ja! Ihr Kopf schwirrte ihr immer noch von dem kurzen Einblick, den Jaguar ihr gewährt hatte – einen Vorgeschmack darauf, wie es wäre, in der Zelle eines Sklavenausbilders zu sein, eines Sklavenausbilders, der sie nachts wach liegen lassen konnte in dem sehnlichen Wunsch nach den wesentlich milderen Schlägen von Lord Daryl.
    Glauben Sie, dass ich irgendwo hingehen kann?, fragte sie, als sie wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Sie wäre gerne fortgegangen, so weit weg von Midnight wie möglich, aber sie hatte hier noch einen Auftrag, und sie würde nicht gehen, bevor sie ihn erfüllt hatte. Außerdem: Wenn sie jetzt davonlief, würde sie immer davonlaufen müssen. Man war entweder Jäger oder Beute, und man konnte kein Jäger sein, wenn man sich vor dem versteckte, was man jagte.
    »Wie du willst.« Sie spürte, wie Jaguar sich aus ihrem Geist zurückzog. Es war, als ob ein sanfter Druck nachließe. »Es tut mir leid, dass ich dir wehgetan habe. Ich wollte nur sichergehen, dass du verstehst, wovor du dich fürchten musst.«
    »Danke«, antwortete sie heiser. Sie traute sich noch nicht aufzustehen, aus Angst, ihre Beine würden sie nicht tragen. Sie zwang sich, sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Immerhin waren Informationen auf jeden Fall sicherer als Erinnerungen. »Warum regt sich Jeshickah so darüber auf, wie Sie Midnight führen?«
    Jaguar setzte sich neben sie. »Sie will, dass ich es so regiere, wie sie es früher tat.«
    »Tun Sie das nicht?«

    Jaguar sah schockiert aus. »Du kannst nicht viel über das frühere Midnight wissen, wenn du solche

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