Die Verbannung
geboren, eines davon lag verkehrt herum im Mutterleib, und Dylan fand notgedrungen heraus, wie man sich fühlte, wenn man mit dem Arm bis zur Schulter in einer Kuh steckte, um ihr Kalb herauszuziehen.
Dylan baute aus dem frisch gesägten Holz für Ciaran ein Bett, bohrte mit geliehenem Werkzeug Löcher in die Bretter und fügte sie mit Holzdübeln zusammen, die er selbst geschnitzt hatte. Er fertigte auch eine Truhe an und verwendete dazu Nägel, Haspen und Scharniere einer alten, morschen Truhe, die Cait ihrem Vater abgeschwatzt hatte.
In der zweiten Juniwoche wurde Ailis und Marc ein gesunder Sohn geboren. Dylan hörte, dass die junge Mutter nach der Geburt sehr schwach gewesen war, aber der gesamte Clan betete für sie, und es hieß, sie würde sich wieder erholen.
Zur Sommersonnenwende, als die tiefer gelegenen Weiden fast vollständig abgegrast waren, wurden die Herden der Mathesons zu den shielings genannten kargen Hochweiden in den Bergen am Südufer des Loch Sgàthan getrieben. Dylan bgleitete die Viehtreiber und half mit, die Hütten instand zu setzen, in denen die Männer wohnen sollten, die sich für den Rest des Sommers um das Vieh und um die Schafe kümmern würden. Nach ein paar Tagen kehrte er ins Tal zurück. Er war erst zwei Monate verheiratet, und es zog ihn zu Cait.
Er stieg den Pfad zu seinem Besitz hoch. Sinann flatterte hinter ihm her. Doch als er um die letzte Biegung kam, sah er, dass die Tür seines Hauses weit offen stand. Der Schreck fuhr ihm wie ein Messer in die Magengrube. Hastig eilte er ins Haus. Weder Cait noch Ciaran waren da. Über dem Feuer brodelte ein Topf mit Kohl, demnach wurde er erwartet, denn Cait verabscheute Gemüse und kochte es ausschließlich für ihn. Er ging wieder nach draußen, um nach seiner Frau Ausschau zu halten, und sah sie einen Hang hinunterkommen und ihm zuwinken. Sie trug Ciaran auf dem Arm. Dylan betrachtete sie und lächelte strahlend.
Sinann tauchte neben ihm auf. »Sie bedeutet dir sehr viel, nicht wahr, mein Freund?«
»Aye.« Das Wort glich schon fast einem Seufzen. »Weißt du, Tink, ich kannte viele Mädchen, bevor ich hierher kam ...«
»Kennen? So wie es in eurer Bibel steht?«
Dylan kicherte leise und zuckte dann die Schultern. Cait setzte sich Ciaran gerade auf die Hüfte; sie war schon bei dem Hügel angelangt, der dem dem Tal am nächsten lag. »Nun ... ja, eigentlich schon«, sagte er zu Sinann. »Und in die meisten davon war ich auch wirklich verliebt. Aber ich hätte mir nicht vorstellen können, mit einer von ihnen auf Dauer zusammenzuleben. Sie kamen zu mir, sie blieben eine Weile, und dann gingen sie wieder zu sich nach Hause. Und ich wusste, dass entweder sie oder ich über kurz oder lang unsere eigenen Wege gehen würden. Mehr wollte ich auch überhaupt nicht.
Aber mit Cait werde ich den Rest meines Lebens verbringen, und etwas Schöneres als das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Sie ist ein Teil von mir. Wenn sie nicht bei mir ist, komme ich mir vor, als wäre ich irgendwie ... irgendwie unvollständig, verstehst du? In jener Nacht, als sie mich dazu brachte, ihr meinen Rücken zu zeigen ...« Seine Stimme versagte einen Moment, und als er weitersprechen konnte, klang sie sehr weich. »Sie ist meine ganze Welt, Tink. Und manchmal kann ich es kaum fassen, dass ich wirklich das Glück habe, von ihr geliebt zu werden.«
Als Cait auf ihn zukam, bemerkte er feine Fältchen der Erschöpfung um ihren Mund. Er nahm ihr Ciaran ab und küsste beide. »Stimmt etwas nicht?«
Sie schüttelte den Kopf. »Alles bestens. Ich habe dich nur vermisst.«
Dylan musste lächeln.
Im Juli kamen Viehhändler aus dem Süden, die eine Herde zusammenstellen wollten, ins Tal. Dylan versetzte seine Clansleute in Erstaunen, weil er ihnen zwei seiner Rinder verkaufte und den Wechsel behielt, statt ihn Seumas mitzugeben. Seumas begleitete die Viehhändler und ihre Herde nach Glasgow, um dort eine Wagenladung Stoffe und anderer Waren gegen Güter einzutauschen, die in Ciorram nicht produziert und auch von den gelegentlich vorbeikommenden fahrenden Händlern nicht geliefert wurden.
Dylan beabsichtigte, selbst eine Reise zu unternehmen, und zwar nach Inverness, und er hatte Pläne für sein Geld, in die er seine Nachbarn noch nicht einweihen wollte. Ihm schwebte vor, ein paar Schafe von der Rasse zu erwerben, die in den Cheviot Hills weit im Süden, in der Nähe der Grenze gezüchtet wurde, und er wollte auch einen Destillierapparat erstehen, um
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