Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
Vom Netzwerk:
Fässer, von denen drei mit der Jahreszahl >1718< versehen waren.
    Vater Turnbull wurde mit der Zeit so lästig, wie Dylan es befürchtet hatte. Nachdem er seine Gemeinde besser kennen gelernt hatte, begann er, seine Autorität rücksichtslos auszuspielen, und Dylans Toleranzschwelle sank gegen den Nullpunkt. Für ihn war die Beichte der am schwersten zu akzeptierende Bestandteil des Katholizismus, denn er war es nicht gewohnt, alle paar Wochen einem wildfremden Mann seine intimsten Geheimnisse anzuvertrauen. Als Vater Buchanan noch das Amt des Gemeindepriesters bekleidet hatte, war ihm die Beichte längst nicht so schwer gefallen, und er hatte es sogar zu schätzen gelernt, gewisse Dinge mit einem vertrauenswürdigen Mann unter vier Augen besprechen zu können.
    Vater Turnbull zählte jedoch nicht zu den Männern, die Dylan für vertrauenswürdig hielt, und so begann ihn der Priester im Laufe der Zeit zu verdächtigen, manche Dinge vor ihm, seinem Beichtvater, geheim zu halten. Natürlich gab es einiges, was Dylan wirklich sorgsam verschwieg - Sinann zum Beispiel oder seine Herkunft aus dem 20. Jahrhundert. Aber ei hatte keine Angst davor, dass der Priester das herausfinden könnte, der Mann war so borniert, dass er es ohnehin nicht geglaubt hätte. Es waren vielmehr die Dinge, deren Dylan sich nicht schuldig gemacht hatte, die Turnbull ihm oft unterstellte.
    Eines Mittwochs kam er von der Kirche zurück und ging schnurstracks in den Wald, wo er einen umgestürzten Baum zu Feuerholz zerhackte, um seinen Ärger abzureagieren. Kurz darauf flogen Späne in die Luft, und Ströme von Schweiß rannen aus seinem Haar in seinen Hemdkragen.
    »Ich bin nur froh, dass du nicht auf mich so wütend bist«, kommentierte Sinann, die in einem Baum ganz in der Nähe hockte.
    Dylan gab keine Antwort, sondern hackte nur erbittert auf den Stamm ein. Im Moment war er eher darauf aus, ihn zu zerstören, als ihn zu brauchbaren Scheiten zu verarbeiten.
    »Was hat der Gottesmann denn dieses Mal gesagt?«
    Dylan hielt mit der Arbeit inne und stützte sich auf seine Axt. »Er predigte mir, ich solle meinen Vater ehren. Du weißt ja, wie ich dazu stehe. Der Kerl war ein Stück Dreck, ein wertloser Alkoholiker.«
    »Hat Turnbull deinen Vater in Schutz genommen?«
    »Nein, eben nicht.« Dylan hackte ein paarmal auf den Baum ein, dann japste er: »Er sagte: >Ich weiß, dass du deinen Vater gehasst hast, mein Sohn.< Ich habe ihn nicht gehasst. Aber darum ging es ihm auch gar nicht.« Dylans Zorn flammte erneut auf. Seine Brust hob und senkte sich heftig. »Denn dann meinte er: >Du beichtest immer dieselben Sünden. Kann es sein, dass noch etwas auf deinem Gewissen lastet, was du Gott noch nicht anvertraut hast?< Ich fragte: >Als da wäre?<« Ein weiterer Axthieb teilte den Stamm in zwei Stücke. »Na, und dann kam er zur Sache. >Du bist der einzige Mann in Ciorram, der nie gesteht, wollüstige Gedanken in Bezug auf andere Frauen gehabt zu haben.< Ich fragte ihn, ob er Witze mache, aber er meinte das tatsächlich ernst. Er glaubt, ich würde mich für andere Frauen außer meiner eigenen interessieren. Hat er eigentlich Cait schon einmal gesehen ? Das habe ich ihn dann auch gefragt. >Habt Ihr meine Frau schon einmal gesehen?<, wollte ich wissen, und er antwortete in einem Ton, als würde er mir eine Todsünde vergeben: >Mein Sohn, nach zwei Jahren Ehe ist es ganz natürlich, dass ein Mann anderen Frauen hinterherblickt.< Wann hätte ich je eine andere Frau angegafft, kannst du mir das einmal verraten, Sinann? Ich habe den Kerl nur ungläubig angestarrt und dann gesagt: >Mir reicht es, wenn ich meine eigene Frau anschauen kann.< Weißt du, ich bin mit der einzigen Frau verheiratet, die ich je heiraten wollte, und glaub mir, ich habe in meinem Leben schon viele schöne Frauen gesehen - und nicht wenige davon in Glen Ciorram. Und was sagt er darauf? > Auch eine Lüge ist eine Sünde, mein Sohn.< Jetzt glaubt er nicht nur, dass ich hinter anderen Frauen her bin, sondern auch noch dass ich lüge, wenn ich das abstreite!«
    »Och!«, erwiderte die Fee spöttisch. »Wie gut, dass du nichts auf das gibst, was dieser Priester von dir denkt.«
    Dylan blinzelte sie an. Sie hatte Recht, es brauchte ihn nicht im Geringsten zu interessieren, was diese kleingeistige schwarze Krähe dachte. Er holte tief Atem, dann seufzte er, und ein großer Teil seines Ärgers verflog. »Allerdings.« Er wartete einen Moment, bis sein Kopf wieder klar war, dann wandte er sich

Weitere Kostenlose Bücher