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Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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immer noch auf deinen Arsch abgesehen, oder bietest du ihn ihm freiwillig an?«
    »Artair!«, brüllte Iain und griff gleichzeitig nach Dylans Hand, mit der dieser seinen sgian dubh gezückt hatte.
    Dylan krallte die Finger um den Griff den Dolches. Der Drang, Artair damit die Kehle durchzuschneiden, drohte ihn zu überwältigen, aber er beherrschte sich und starrte den jungen Mann nur finster an.
    »Artair, nimm das augenblicklich zurück, oder ich bringe dich mit meinen eigenen Händen um!«, befahl Iain mit schneidender Stimme.
    Die Luft schien vor Spannung geradezu zu knistern, während die Männer Artair anstarrten und darauf warteten, was er jetzt tun würde. Der junge Mann funkelte Dylan grimmig an. Dieser bemühte sich, den Blick so gleichmütig wie möglich zu erwidern. Endlich begriff Artair, dass niemand im Raum auf seiner Seite stand. Er senkte den Kopf und murmelte: »Ich entschuldige mich für meine Worte.«
    Dylan nickte knapp und widmete sich wieder seiner Schnitzerei.
    Malcolm, der bislang geschwiegen hatte, meldete sich zu Wort. »Ich glaube, unser Vetter aus den Kolonien hat im Kampf gegen die treuen Untertanen Seiner Majestät schon so einige Erfahrungen gesammelt. Vielleicht wäre es ratsam, auf ihn zu hören statt auf einen Jungen, der noch nie an einer Schlacht teilgenommen hat.«
    Dylan musterte Artair aus schmalen Augen. Er hatte angenommen, dass auch Iain einige seiner Männer in den Kampf geschickt hatte. Fragend sah er den Laird an.
    »Wir haben ein paar Männer in die Schlacht geschickt, aber Artair war nicht dabei«, erwiderte Iain. »Wir haben nur diejenigen gehen lassen, die bereit waren, sich dem Befehl der MacDonalds zu unterstellen.«
    Was bedeutete, dass Artair hatte daheim bleiben müssen, weil er damals noch zu jung gewesen war, um die Mathesons von Glen Ciorram in den Kampf zu führen, und zu selbstherrlich, um die Befehle älterer, erfahrenerer Männer zu befolgen. Dylan grunzte abfällig. Ein Gutes hatte die Sache. Dadurch, dass der Matheson-Clan unter dem Befehl der MacDonalds gekämpft hatte, war das Interesse der Krone nur auf diesen Clan gelenkt worden, und für die Mathesons bestand somit eine gute Chance, auch den nächsten Aufstand relativ unbeschadet zu überstehen. Andererseits stand für ihn jetzt fest, dass der nächste Laird ein blutrünstiger, hitzköpfiger Draufgänger war, der seinen Clan höchstwahrscheinlich in den Untergang führen würde - wenn nicht im Jahre 1719, dann vermutlich im Jahr 1745.

22. KAPITEL
    Der Sommer kam, das Vieh wurde auf die shielings getrieben, und die Ernte in Glen Ciorram versprach erneut reichlich auszufallen.
    Artair nährte derweil seinen Hass gegen die Engländer, und Mitte Juli erfuhr Dylan von Cait, die es von Ailis gehört hatte, die es wiederum von Marc wusste, dass es zu einen Zusammenstoß zwischen Artair und einem der Dragoner gekommen war. Anscheinend hatte jemand das Pferd des Soldaten mit Steinen beworfen, als dieser zwischen den Häusern in der Nähe der Burg entlanggeritten war. Dem Soldaten war es gelungen, das Tier wieder unter Kontrolle zu bringen, und dann hatte er die Leute in der Nachbarschaft befragt. Zehn oder fünfzehn Personen hatten den Vorfall beobachtet, und obgleich niemand den Steinewerfer identifizierte, wusste der Dragoner ganz genau, dass es sich bei dem Schuldigen um Artair handelte.
    Der junge Mann war noch glimpflich davongekommen, der Soldat nahm ihn nicht fest, um ihn einem strengen Verhör zu unterziehen, sondern beließ es bei der Warnung, dass die Engländer derartiges Benehmen nicht länger dulden würden. Und die Zeugen waren einhellig der Meinung, Artair täte gut daran, von nun an auf der Hut zu sein, sonst würde ihn bald eine verirrte Musketenkugel treffen. Als Dylan von den Zwischenfall erfuhr, schüttelte er ungläubig den Kopf. Artair brachte mit diesem Unsinn das ganze Tal in Gefahr. Höchste Zeit, dass ihm jemand den Kopf zurechtrückte.
    Kurz darauf verschwand Siggy.
    »Siggy! Yo! Siggy!« Sigurd war nicht bei den Schafen, die sich kreuz und quer im Tal verstreut hatten. Erst bei Sonnenuntergang hatte Dylan alle sechzehn Tiere wieder gefunden, und es war schon dunkel, als er sie endlich in den Pferch getrieben hatte. Er schloss das Gatter, dann rief er wieder nach seinem Hund. »Siggy!«
    Cait kam, einen Umhang um die Schultern geworfen, aus dem Haus. »Ist Sigurd etwas zugestoßen?«
    Dylan spähte angestrengt ins Dunkel und hielt nach einem sich bewegenden Schatten Ausschau.

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