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Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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wieder seiner Arbeit zu. »Weißt du was, Tink? Du gibst einen wesentlich besseren Beichtvater ab als er.«
    Sinann kicherte.
    Dylan meinte nachdenklich: »Ich habe keine Ahnung, was er überhaupt in Ciorram will. Er ist seit zwei Jahren hier, und sein Gälisch ist kaum zu verstehen. Ich darf gar nicht daran denken, was für eine Qual die Beichte für diejenigen sein muss, die kein Englisch sprechen.«
    »Es ist kein angenehmes Schauspiel, glaub es mir.«
    Dylan kicherte. »Du hast ihn also während der Beichte bespitzelt, was? Du solltest dich schämen.«
    »Was soll ich denn sonst mit meiner Zeit anfangen? Du hast ja keine Verwendung mehr für mich.«
    Dylan schwang die Axt und holte zum nächsten Hieb aus. Durch die zusammengebissenen Zähne murmelte er: »Freu dich, dass alles friedlich ist, Tinkerbell. Lange wird das bestimmt nicht so bleiben.«
    Artair, Iains gesetzlicher Erbe, war jetzt kein Teenager mehr, wirkte aber immer noch kindisch und unreif. Er hatte sich zu einem fanatischen Jakobiten entwickelt, der die im Tal stationierten englischen Soldaten bis aufs Blut hasste. Bei jedem ceilidh in diesem Frühjahr versuchte er, die Mathesons von Glen Ciorrarn mit flammenden Reden davon zu überzeugen, auf eigene Faust einen Aufstand gegen die lokale Garnison anzuzetteln. An einem regnerischen Abend, an dem die Frauen am Kaminfeuer lachend und schwatzend Wolle spannen, setzten sich die Männer am anderen Ende des Raumes zusammen.
    Iain hatte sich vor einiger Zeit das Rauchen angewöhnt, obwohl der Tabak in Schottland noch sehr teuer war und sich sonst niemand im Tal diesen Luxus leisten konnte. Er war den ganzen Abend damit beschäftigt, seine Tonpfeife zu füllen, anzuzünden und den Tabak nicht erlöschen zu lassen. Alle paar Minuten griff er nach einer Kerze, um die Pfeife wieder in Brand zu setzen. Dylan war froh darüber, denn die Pfeife blieb länger kalt, als dass sie brannte, und er musste nicht dauernd Tabakqualm einatmen.
    »James beabsichtigt, nach Schottland zurückzukehren«, beharrte Artair.
    »Na, wenn schon«, erwiderte Dylan. Er hielt eine Schnitzarbeit in den Händen, einen Kamm aus Eichenholz für Cait. Von Tormod wollte er sich eine feine Feile ausleihen, damit die eng beieinander stehenden Zähne dünn und glatt wurden, aber heute schnitzte er erst einmal die Grundform heraus. Während er überlegte, ob er den Rücken mit einem keltischen Muster verzieren sollte, fuhr er fort: »James war schon einmal hier. Seine Gegenwart reicht nicht aus, um einem Aufstand zum Erfolg zu verhelfen.«
    Iain musterte ihn durch eine Rauchwolke hindurch. In diesem Moment sah er Clement Moores Santa Claus so ähnlich, dass Dylan lächeln musste. Doch dann fragte der alte Mann: »Hast du dich von der Sache abgewandt, für die du einst gekämpft hast, mein Junge?« Sein Ton verriet deutlich, wie enttäuscht er wäre, wenn es sich tatsächlich so verhielte.
    Dylan hatte keine Lust, Iain die wahren Gründe dafür zu offenbaren, dass er für die Sache gekämpft hatte, denn ihn hatten die Umstände dazu getrieben und nicht seine religiöse Überzeugung oder sein Wunsch, James auf dem Thron zu sehen. Außerdem wusste er, dass es noch andere Wege gab, die Engländer zu besiegen. Aber Iain zuliebe erwiderte er: »Nein. Ich hasse die Engländer so glühend wie eh und je, und ich werde gegen jeden kämpfen, der meine Familie bedroht, ob es nun Engländer, Amerikaner oder Marsianer sind.« Er hielt kurz irtne, dann fuhr er fort: »Aber es gibt eine Zeit, wo man kämpft, und eine Zeit, wo man besser abwartet, wie sich die Dinge entwickeln. Dieses Jahr fällt in die zweite Kategorie.«
    Artair schnaubte abfällig. »Du willst also abwarten, bis die Sassunaich beschließen, dein Haus nach illegalem Whisky zu durchsuchen, und während sie das tun und ganz nebenbei deine Familie umbringen, stehst du dabei und überlegst, ob die Zeit zum Kampf jetzt gekommen ist.«
    »Wenn du glaubst, dass ich meine Familie wegen eines Kruges Whisky in Gefahr gebracht habe, dann sag es. Vielleicht sollte ich ihn lieber wegschütten, um nicht den Zorn Seiner Majestät auf mich zu ziehen. Ich kann ohne das Zeug auskommen, wenn es sein muss.«
    »Feigling!«
    »Der springende Punkt, Artair, ist, dass mein Whisky meine Familie nicht in Gefahr bringt. Die Sassunaich machen sich nicht die Mühe, mich wegen einem Krug oder zwei in den Kerker zu werfen, und ich sehe keinen Grund, mich gerade jetzt mit ihnen anzulegen.«
    »Hat es der Rotrock-Major denn

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