Die Verbannung
sagte er. »Ihr könnt es mir morgen zurückbringen. Ich hoffe, Ihr findet Eure Frau gesund und unversehrt vor.«
Dylan verschlug es vor Überraschung die Sprache. Er rieb sich die Handgelenke und massierte seine schmerzenden Schultern, dann sah er den Rotrock an. Er hätte sich nie träumen lassen, so schnell und problemlos wieder freizukommen. Obwohl es ihm schwer fiel, murmelte er leise: »Ich danke Euch.« Er verkniff es sich auch, MacCorkindale darauf hinzuweisen, dass er völlig grundlos verhaftet worden war.
»Nun geht schon!«, drängte ihn der Leutnant.
Dylan stürmte aus dem Raum und durch die Baracke, in der ein paar Soldaten herumlungerten. Hinter ihm erhob sich lautes Gebrüll, als er zur Tür hinausrannte, und er hörte, wie die Männer aufsprangen und ihm etwas hinterherriefen. Draußen stand eine Reihe von Pferden, alle aufgezäumt, aber nicht gesattelt. Dylan schwang sich auf das, das ihm am nächsten stand. Das Tier bäumte sich auf, als er es herumriss und antrieb. Der Wachposten vor der Baracke hob seine Muskete und schlug lautstark Alarm, woraufhin die anderen Soldaten mit erhobenen Waffen herbeigestürmt kamen. Doch MacCorkindale, der ihnen gefolgt war, schnarrte einen scharfen Befehl, woraufhin die Männer die Waffen sinken ließen und wieder in die Baracke zurücktrotteten. Dylan stieß dem Pferd die Fersen in die Flanken und galoppierte nach Glen Ciorram zurück.
Als er sich der Burg näherte, sah er Sarah über die Zugbrücke auf das Torhaus zulaufen und hörte sie aus vollem Hals um Hilfe schreien. Sie trug Sile auf dem Arm, Ciaran rannte weinend hinter ihr her. Eine eisige Hand schloss sich um Dylans Herz. Er trieb das widerspenstige Dragonerpferd stärker an und jagte in vollem Galopp auf sein Haus zu, getrieben von einer Angst, die stärker war als alles, was er bislang empfunden hatte.
Die Schafe stoben auseinander, als er in den Hof donnerte, sein Pferd zügelte und aus dem Sattel sprang. In diesem Moment tauchte Sinann mit wild schlagenden Flügeln vor ihm auf und winkte abwehrend mit der Hand. »Nein, geh da nicht hinein! Bleib hier! Geh nicht ins Haus!«
Dylan scheuchte sie weg wie eine lästige Fliege. Sie schwirrte hinter ihm her und packte ihn am Hemdkragen.
»Bitte hör auf mich! Geh nicht dort hinein!« Er riss sich unwillig los, aber als er ins Haus stürmte, wünschte er, er hätte Sinanns Rat befolgt. Als Erstes schlug ihm ein unbeschreiblicher Geruch entgegen, und als sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, gaben seine Beine angesichts des Anblicks, der sich ihm bot, beinahe unter ihm nach. Keuchend rang er nach Luft. Er konnte nicht glauben, was er da sah.
Cait lag auf dem Tisch neben dem Fenster, durch das die helle Morgensonne in den Raum fiel und gnadenlos jede Einzelheit enthüllte. Ihre Beine waren weit gespreizt und baumelten zu beiden Seiten des Tisches herab, sodass ihre Zehen beinahe den Boden berührten. Ihre Röcke waren bis zur Taille zurückgeschlagen, darunter war sie nackt. Ein langes Messer steckte in ihrem Hals, ein stetiger Blutstrom rann aus der klaffenden Wunde und tropfte auf den Boden. Dort lagen auch einige Kleider aus Seide und weichem Leder, die in dem schlichten Torfhaus merkwürdig fehl am Platze wirkten. Ein strenger Spermageruch hing in der Luft. Dylan spürte, wie ihm der Mageninhalt in die Kehle stieg, er würgte und schluckte hart, um sich nicht zu übergeben.
»Nein!« Er schüttelte heftig den Kopf, nicht bereit, das Geschehene zu akzeptieren, und blickte sich suchend nach der Fee um. »Sinann! So tu doch etwas! Dreh die Zeit zurück! Erweck sie wieder zum Leben!« Vor seinen Augen verschwamm alles. Hilflos sah er sich in dem Haus um, das er nicht länger als sein Heim betrachten konnte. Es war entweiht, geschändet worden.
Die Fee konnte vor Schluchzen kaum sprechen. »Er kam, kaum dass du weg warst. Er muss das Haus beobachtet haben.«
Dylan fuhr herum und knirschte durch die zusammengebissenen Zähne: »Sinann, schick mich zurück! Schick mich zum Morgen des heutigen Tages zurück! Jetzt sofort!« Die Fee flatterte auf das Holzfass, in dem Dylan seine Gerste aufbewahrte. Tränen strömten ihr über die Wangen, sie schlang die Arme um die Knie, wiegte sich hin und her und reagierte nicht auf seine Bitte. Dylan flehte mit gebrochener Stimme: »Sinann, schick mich ein paar Stunden zurück, damit ich den elenden Hundesohn erwische, der das getan hat, ihn packen kann, bevor er sein Vorhaben ausführt. Bitte!« Doch
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