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Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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weiter.
    Keith blickte erst Seumas, dann Dylan neugierig an und wollte schon eine Bemerkung machen, als Seumas ihm zuvorkam. »Wir sprachen gerade von meiner Frau.«
    Diese Erklärung reichte Keith aus. Er nickte, nahm auf dem schmutzigen Boden Platz und griff nach dem Krug. »Gottverfluchte Sassunaich«, murmelte er in einer Mischung von Englisch und Gälisch. Dylan fand, dass er sich nicht treffender hätte ausdrücken können.
    Wieder und wieder machte der Krug mit dem starken Malzwhisky die Runde. Schon bald stieg eine wohlige Wärme in Dylan auf, und im Laufe der Nacht begann die Welt für ihn beinahe rosig auszusehen.
    Er griff in seinen sporran, wickelte einen seiner Zimttoffees aus dem Papier und schob ihn in den Mund. Die Süßigkeit brannte angenehm auf seiner Zunge, und ein breites Grinsen zog über sein Gesicht.
    »Was isst du denn da?« Seumas musterte ihn forschend.
    »Einen Zimttoffee. Willst du auch einen?«
    Seumas und die anderen beiden starrten ihn verdutzt an. »Was soll denn das sein?«
    Dylan grinste. »Ein Bonbon. Schmeckt gut, nach Zucker und Zimt. Man nennt sie Toffees, weil sie so klebrig sind.«
    »Zimt habe ich schon einmal probiert«, warf Alasdair ein. »Das Zeug kitzelt auf der Zunge.«
    »Die hier kitzeln nicht nur, die brennen.« Dylan wickelte drei weitere Toffees aus und reichte jedem der Männer einen; sie starrten die unbekannte Leckerei argwöhnisch an. »Vorsicht«, warnte Dylan. »Die sind nichts für Schwächlinge.«
    Alasdair gab nach kurzem Zögern sein Bonbon zurück, doch Keith und Seumas steckten ihre in den Mund und begannen vorsichtig zu lutschen. Zuerst schienen sie den süßen Geschmack zu genießen, doch dann setzte sich das Zimtaroma allmählich durch. Seumas' Augen quollen aus den Höhlen, Keith schnappte nach Luft. Beide sahen sie aus, als litten sie Höllenqualen.
    »Zu stark für euch?« Dylan konnte sich ein boshaftes Grinsen nicht verkneifen.
    Seumas schüttelte den Kopf, doch seine Nasenflügel beb-ten, und er atmete schwer. »Och, daran muss man sich aber erst gewöhnen.« Er brachte den Toffee in der Backentasche unter und saugte daran, Keith schien zu überlegen, ob er seinen wieder ausspucken sollte.
    Sinann, die auf einer Kiste hockte, warf Dylan einen strafenden Blick zu. »Ich wusste ja gar nicht, dass du einen Hang zur Grausamkeit hast, mein Freund.« Dylan erwiderte nichts darauf, sondern kicherte nur leise in sich hinein.
    Nachdem die beiden Männer sich an den Zimtgeschmack gewöhnt hatten, beförderten sie ihre Bonbons genüsslich von einer Backe zur anderen und verdrehten dabei die Augen, was Dylan ein trunkenes Gelächter entlockte. Er stützte sich auf den Ellbogen und griff erneut nach dem bereits halb geleerten Krug.
    Nachdem sie unzählige weitere Trinksprüche auf dieses und jenes ausgebracht hatten, ging ihre ausgelassene Stimmung in Herumalberei über. Sie tranken auf alles, was sie auf dem Boden fanden, und dann auf Dinge, die sie gern dort finden würden. Dylan schwebte auf sanften Alkoholwolken dahin. So konnte er das Leben ertragen. Kein Kummer mehr, keine Schmerzen. Er war sternhagelvoll. Wie sein Vater so oft.
    Mit einem Ruck richtete er sich auf und blinzelte benommen. Nein, nicht wie sein Vater. Er war nicht wie sein alter Herr, würde es auch nie werden. Noch nie hatte er die Kontrolle über sich verloren, würde es auch nie so weit kommen lassen. Er schüttelte heftig den Kopf, um etwas klarer denken zu können. Verdammt, er wollte nicht so werden wie sein Vater. Unsicher rappelte er sich hoch und entschuldigte sich bei den anderen. »Muss mal pissen.« Muss hier raus und wieder einen klaren Kopf kriegen. Die drei Männer achteten nicht auf ihn, als er zur Tür schwankte und auf das Dock hinaustrat.
    »Bleib vom Rand weg«, warnte Sinann.
    »Lass mich'n Ruh, Tink.« Dylan torkelte fast bis zum Ende des Piers, trat an den Rand, lehnte sich Halt suchend gegen einen Pfeiler und hob seinen Kilt und den Zipfel seines Hemdes. Unter ihm schwappte dunkles, nach Salz und Moder riechendes Wasser gegen die hölzernen Pfähle.
    »Du wirst abrutschen.«
    »Ich hab doch gesagt ...« Dylan wollte sich zu ihr umdrehen, glitt aus und wäre beinahe im Wasser gelandet, hätte er sich nicht gerade noch an dem Pfeiler festgeklammert. Sinann packte ihn am Kragen und hielt ihn unter wildem Flügelschlagen fest, bis er das Gleichgewicht wiedererlangt hatte. Unwillig schüttelte er sie ab, hob wiederum seinen Kilt und zielte dann auf eine Stelle unter

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