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Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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Tinkerbell.« Übelkeit stieg in ihm auf. Anscheinend waren die Zimttoffees zu all dem Whisky keine gute Idee gewesen.
    »Sei nicht so ungeduldig«, erwiderte die Fee nur.
    Plötzlich kräuselte sich die Wasseroberfläche. Dylan umklammerte die Leiter fester. Ein silbriger Schatten schoss an ihm vorbei, Wasser spritzte auf, dann tauchte ein großer, im Mondlicht schimmernder Lachs aus den Fluten auf. Das dreieckige Maul öffnete sich, und eine tiefe, gurgelnde Stimme fragte: »Wer wünscht meinen Rat?«
    Sinann stieß Dylan gegen die Schulter. »Stell dich vor, du Dummkopf. Steh nicht da und halt Maulaffen feil!«
    Dylan tat, wie ihm geheißen, obwohl es ihm unsäglich albern erschien, mit einem Fisch zu sprechen. »Ich bin Dylan. Dylan ... äh ... Matheson.«
    »Und wer ist dieser Dylan Matheson, der es wagt, mich zu stören?«
    »Ich komme aus ...«, setzte Dylan an, doch als Sinann ihm erneut einer Stoß versetzte, sagte er nur: »Aus Amerika.«
    Der Lachs stieß einen glucksenden Laut aus. »Ein Grund weniger für mich, mit dir zu sprechen.«
    Sinann mischte sich ein. Ihre Stimme hatte einen schneidenden Klang angenommen. »Sei nicht so unverschämt, Fisch, Vor dir steht ein Schüler der Enkelin des Lir.«
    Der Fisch schlug heftig mit der Schwanzflosse und erwiderte in wesentlich respektvollerem Ton: »Och. Ich bitte um Entschuldigung, Dylan Matheson. Wie kann ich einem Schüler der Enkelin des Lir behilflich sein?«
    Dylan deutete auf den dunklen Schatten am Horizont. »Kennst du den Namen des großen Schiffes da draußen?«
    Der Lachs erzitterte vor Belustigung. Dylan blinzelte ungläubig ob des seltsamen Anblicks eines lachenden Fisches. »Und ob ich den kenne«, entgegnete der Lachs endlich. »Das ist die Spirit. Ein Sklavenschiff, das Kurs auf China nehmen wird.«
    »Aber die Menschen, die man auf das Schiff gebracht hat, können keine Sklaven sein. Ich habe sie gesehen, es waren Weiße.«
    Wieder lachte der Fisch leise. »Och, junger Freund, es gibt viele Arten der Sklaverei.« Mit erhobener Stimme fuhr er fort: »Wie kannst du ihn etwas lehren, Enkelin des Lir, wo er so wenig von der Welt weiß?«
    »Du irrst, Fisch, er weiß viele Dinge, die wir uns nicht einmal vorstellen können. Und was ihm noch fehlt, werde ich ihm schon noch beibringen.«
    »Eine schwierige Aufgabe, Enkelin des Lir. Ich wünsche dir viel Glück.« Der Fisch wandte sich ab, tauchte unter und verschwand.
    Dylan zwinkerte verwirrt. Noch immer benebelte der Whisky seinen Verstand. »Was hat er mit seiner Bemerkung über mehrere Arten der Sklaverei gemeint?«
    Sinanns Stimme klang plötzlich gepresst, und Dylan meinte, einen Anflug von Furcht herauszuhören. »Erinnerst du dich, dass Ramsay gesagt hat, es gäbe keine Rasse auf der Welt, die nicht aus Habgier ihre eigenen Angehörigen versklaven würde? Und hast du nicht die Bettler, die Waisen und die Lumpensammlerinnen in den Straßen gesehen, die Armen der Stadt, die keine Familien haben, die für sie sorgen? Ein hartherziger, skrupelloser Mann kann viel Geld verdienen, wenn er solche Leute in fremde Länder verkauft. Er muss sie nur einfangen und an einem sicheren Ort verstecken, bis er eine Möglichkeit findet, sie zu verschiffen. Anscheinend ist deine Spirit mit ihrer Fracht auf dem Weg in ein Land, wo Weiße nicht als Menschen gelten. Dort werden sie in Bordellen und ähnlichen Etablissements verschwinden, wo sie bleiben, bis sie sterben - was nicht lange dauern wird, wenn dein Jahwe sich ihrer nicht erbarmt.«
    Dylan erinnerte sich wieder an das Gespräch, das Ramsay mit dem Engländer in dem Kaffeehaus geführt hatte. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag. »Ramsay ist der Besitzer dieses Schiffes! Oder er ist zumindest daran beteiligt.«
    Eine lange Pause entstand, dann sagte Sinann gedehnt: »Ich glaube, wir sollten deine Cait so schnell wie möglich aus diesem Haus fortschaffen.«

7. KAPITEL
    »Ich habe einen Auftrag für Euch.« Ramsay machte sich nicht die Mühe, von seinem Schreibtisch aufzublicken. Dylan biss die Zähne zusammen und unterdrückte ein gequältes Stöhnen, als sich das Hämmern in seinem Kopf verstärkte. Sein Arbeitgeber fuhr fort: »Ihr werdet etwas für mich nach Perth bringen und dort eine geschäftliche Transaktion durchführen.« Als Dylan nichts darauf erwiderte, hob Ramsay den Kopf. »Ihr könntet zumindest anstandshalber so tun, als fühltet Ihr Euch geschmeichelt, Mac a'Chlaidheimh. Immerhin würde ich nicht jedem Mann mein gutes Geld

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