Die Verbannung
durch den Kopf, doch er wagte nicht, auch nur eine einzige davon zu stellen. Wo war Cait? Ging es ihr und Ciaran gut? Hielten sie sich noch in Edinburgh auf? Hoffentlich nicht. Nun, wo Ramsay tot und sein letzter Wille verlesen worden war, gab es nur einen Ort, wo sie während der letzten Monate in Sicherheit gewesen wären - bei Caits Vater in Glen Ciorram. Aber Iain Mór hatte sich vielleicht geweigert, sie wieder aufzunehmen, weil Ciaran öffentlich für illegitim erklärt worden war. Er schluckte hart. Das Blut stieg ihm in die Wangen, als er die offenkundige Belustigung in Bedfords Augen bemerkte.
»Eure Hure ist mit ihrem Balg in dieses gottverlassene Tal im Norden geflüchtet. Ich nehme an, dass sie Angst vor den Folgen des Testamentes ihres Mannes hatte. Wirklich zu komisch, denn dieses Testament wird gar nicht verlesen werden.« Er griff nach dem obersten Dokument auf dem Stapel. Sinann flatterte hoch, schwirrte zu ihm hinüber, landete hinter ihm auf dem Tisch und spähte neugierig über seine Schulter. Bedford überflog den Inhalt des Dokuments, um sich zu vergewissern, dass er das richtige in den Händen hielt, dann stand er auf und trat ans Fenster.
Sinann sah Dylan ungläubig an. »Es ist tatsächlich das Testament. Er sagt die Wahrheit.« Sie drehte sich um und betrachtete das nächste Papier auf dem Stapel. »Und es kommt noch besser.«
Bedford ging zum Tisch zurück. »Da er wegen Verrat verurteile wurde, kann er seiner Frau seinen Besitz nicht hinterlassen. Außerdem scheint sein Testament vor haltlosen Anschuldigungen nur so zu strotzen.« Als er den Papierbogen ins Feuer fallen ließ und zusah, wie er zu Asche zerfiel, keimte in Dylan der Verdacht auf, einige der Anschuldigungen könnten sich auch auf die Person des Majors bezogen haben. »Wüste, aus der Luft gegriffene Schmähungen, die vielen Leuten nur unnötigen Schaden zufügen würden.«
Sinann bestätigte Dylans Vermutungen. »Aye, Sassunaich, besonders dir selbst!« Eine Welle der Erleichterung schlug über Dylan zusammen, als das Testament verschwunden war. Nun existierten keine schriftlichen Unterlagen über die Umstände von Ciarans Geburt mehr. Der Junge würde nie mehr als Bastard gebrandmarkt sein.
Ein süffisantes Lächeln trat auf Bedfords Gesicht, als er fortfuhr: »Vielleicht interessiert es Euch, dass sich Euer Liebchen vor ihrer Abreise sehr nachdrücklich für ihren Stecher eingesetzt hat.« Dylan biss sich fest auf die Lippen, da erneut rote Punkte vor seinen Augen zu tanzen begannen. Er durfte jetzt nicht die Beherrschung verlieren, denn genau das war es, was Bedford wollte. Irgendetwas Seltsames ging hier vor, und eben deshalb durfte er sich von dem Major nicht provozieren lassen. So ruhig wie möglich hörte er zu, wie Bedford verächtlich fortfuhr: »Wahrscheinlich wird sie sogar noch als eine Art Heldin angesehen, weil sie ihren Verräter von Mann bei den Behörden angezeigt hat - unter der Bedingung, dass Seine Majestät Euren Fall noch einmal wohlwollend betrachtet.«
Dylans Herz begann schneller zu schlagen. Ein winziges Licht leuchtete am Ende des langen, dunklen Tunnels auf, in dem er seit zwei Jahren gefangen war, und er hielt den Atem an, falls es sich als heranbrausender Zug entpuppen sollte.
Bedford griff nach dem nächsten Dokument auf dem Stapel und reichte es Dylan, der es vorsichtig auseinander faltete, mit zitternden Fingern in die Höhe hielt und las:
Auf Befehl Seiner Majestät, König George Hiermit ergeht Order, Dylan Robert Matheson alias Dylan DuMacAclay aus Glen Ciorram, Schottland, von all seinen während der kürzlich erfolgten schändlichen Rebellion und Meuterei gegen die Person Seiner Aller-königlichsten Majestät begangenen Taten freizusprechen. Da besagter Dylan Robert Matheson seine Verbrechen aufrichtig bereut, vor Gott und der Krone Buße geleistet und überdies der Krone wichtiges Beweismaterial verschafft und sich endgültig von denen losgesagt hat, die gegen die Gesetze Seiner Majestät verstoßen, wird er hiermit von Seiner Majestät begnadigt, unter der Bedingung, dass besagter Dylan Robert Matheson von jetzt an und immerdar ein treuer Untertan der Krone bleibt.
Beschlossen und verkündet zu London, am 26. März des Jahres 1716, unter dem Großsiegel von England, Schottland, Wales und Irland.
Seine Majestät, George, König von Großbritannien und Irland, Kurfürst von Hannover.
An alle, die es angeht.
Dylan las das Dokument zweimal gründlich durch. Endlich hob er den
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