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Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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gestanden.
    Tropfnass und mit Gänsehaut schaute er auf die Hosen und das Rüschenhemd auf dem Tisch hinunter, verzog angewidert das Gesicht und griff nach seinem Hemd und seinem Kilt. Die Sachen mochten ja schmutzig sein, aber wenigstens gehörten sie ihm. Dann nahm er sein Begnadigungsschreiben und den Landbrief und drehte sich zu Bedford um.
    Der Major trat ein Stück vom Tisch zurück. Dylan kam näher. Sein sporran, Brigid und sein sgian dubh lagen für ihn bereit. Das Schwert fehlte, was ihn nicht sonderlich überraschte. Die Regierung war in diesem Jahrhundert ständig bemüht, die Clans zu entwaffnen. Es wunderte ihn schon, dass man ihm überhaupt die Dolche zurückgab. Er schob Brigid in die Scheide und verstaute den kleineren Dolch nebst den zusammengefalteten Dokumenten in seiner Tasche. Dabei tastete er nach seinem seidenen Geldbeutel. Er war leer, womit er gleichfalls gerechnet hatte. Alles Geld, das er sich während seiner Zeit in Ramsays Diensten zusammengespart hatte, war verschwunden.
    Schließlich straffte er sich und blickte zur Tür, durch die er gleich als freier Mann und Besitzer eines eigenen Stückchen Landes hindurchschreiten würde. Ein breites Lächeln erhellte sein Gesicht.
    Doch Bedfords Stimme riss ihn aus seiner Hochstimmung. »Genießt Eure Freiheit, solange Ihr könnt, Matheson«, schnarrte er. »Denn ich versichere Euch, dass wir dem rebellischen Schottenpack ein für alle Mal klar machen werden, wer hier der Herr ist. Schottland ist ein Teil des Vereinigten Königreiches und wird es auch bleiben!«
    Dylans Lächeln erstarb. »Dannyboy, niemand weiß das besser als ich.« Ein verdutzter Ausdruck trat auf das Gesicht des Majors. Dylan fuhr fort: »Aber ich weiß auch, dass Schottland sich nie völlig unter das englische Joch beugen wird.«
    Bedford presste die Lippen zusammen. Seine Augen blickten eisig. »0 doch. Ich würde lieber sterben, als mit ansehen zu müssen, wie ihr Barbaren wieder irgendwelche Rechte erhaltet.«
    Da Bedford das Ende der Clearances und den Beginn der Zeit, wo Schottland vom Frieden mit England zu profitieren begann, mit Sicherheit nicht mehr erleben würde, entlockte Dylan diese Bemerkung schallendes Gelächter. »Ihr werdet früher sterben. Glaubt mir, das werdet Ihr.« Dann hob er eine Hand. »Man sieht sich«, sagte er zu seinem früheren Peiniger, zeigte ihm den erhobenen Mittelfinger und verließ den Raum, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    Auf dem Vorplatz von St. Giles schien es ihm, als sei die Luft in Edinburgh noch nie frischer, der Himmel noch nie blauer und die Farben noch nie leuchtender gewesen. Am liebsten hätte er einen Freudentanz aufgeführt. Cait! Sie würde in Ciorram auf ihn warten. Es war Mittag, sein Magen knurrte, aber er wollte sich nicht damit aufhalten, sich etwas zu essen zu beschaffen. Ihm lag nur daran, Edinburgh so schnell wie möglich hinter sich zu lassen.
    »Dreh dich nicht um«, warnte Sinann plötzlich mit furchterfüllter Stimme.
    In die Gegenwart zurückgerissen, schrak er zusammen. »Was ist denn los?«, murmelte er.
    »Zwei Männer verfolgen uns. Sie haben Pistolen dabei.«
    »Verstehe.« Wie hatte er nur glauben können, Bedford würde ihn so einfach gehen lassen? »Wie sehen sie denn aus?«
    »Einer trägt eine struppige braune Perücke und einen zu engen Mantel, der andere ist barhäuptig.«
    Dylan verschwand in der nächsten Gasse, verbarg sich hinter der Ecke eines Hauses und zückte Brigid. Sinann spähte die Straße entlang. »Sie sind nicht dumm«, flüsterte sie. »Sie wissen, wo du steckst, und sie haben ihre Pistolen und Dolche gezogen. Rühr dich nicht vom Fleck!«
    Dylan presste sich enger gegen die Hauswand und warte-te. Hören konnte er nichts, aber er spürte, dass die Verfolger näher kamen. Dann rief Sinann plötzlich erstaunt: »Och!«
    Zorniges Gebrüll drang zu ihnen herüber; es klang wie das Kampfgeschrei mordlüsterner Berserker. Dylan blickte um die Ecke und sah, wie Seumas, Alasdair und Keith auf die zwei vermeintlichen Verfolger losstürmten, die vor Schreck beinahe ihre Pistolen fallen gelassen hätten. Der mit der Perücke wirbelte herum und versuchte auf die so unerwartet aufgetauchten Gegner zu zielen, war aber nicht schnell genug. Seumas warf sich gegen ihn, und beide Männer rollten über die Straße. Dylan musste zur Seite springen, sonst wäre er umgerissen worden. Dem barhäuptigen Angreifer gelang es, einen Schuss abzugeben, der sein Ziel jedoch weit verfehlte, weil Alasdair und

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