Die Verbannung
Drecksnest zu bleiben. Wir sind es ohnehin leid, in den Low-lands zu leben.«
Wieder nickten die beiden anderen, ohne zu zögern.
»Sie stehen voll und ganz hinter dir«, bemerkte Sinann. »Nimm ihr Angebot an, du brauchst sie ebenso dringend, wie sie dich brauchen.«
Dylan überlegte kurz, dann fasste er einen Entschluss. »Kommt. Wenn wir tüchtig marschieren, sind wir noch vor Sonnenuntergang in den Bergen.« Er schlug den Weg ein, der in westlicher Richtung aus der Stadt herausführte, und die drei folgten ihm.
15. KAPITEL
Die vier Männer verbrachten die Nacht in den Ochil Hills und verzehrten zum Abendessen das Hafermehl, das Alasdair noch in Edinburgh gekauft hatte, sowie einen Hasen, den Keith erlegt hatte. Am zweiten Tag erreichten sie Glen Dochart, wo sie bei Keith' Eltern übernachteten. Am Tag darauf stießen sie am Dochart River auf zwei weitere Männer aus Rob Roys ehemaliger Bande, die sich ihnen aus reiner Abenteuerlust anschlossen. Die Vorstellung, Dylans Sohn und die Mutter des Jungen aus den Klauen des tyrannischen Lairds von Glen Ciorram zu befreien, übte einen unwiderstehlichen Reiz auf sie aus, zumal sie sonst nichts zu tun hatten.
An diesem Tag legte die Gruppe nur ein kurzes Stück Weg zurück, denn das Wetter war frühlingshaft sonnig, und Dylan machte am Loch Lyon Halt, wo sie baden und ihre Kleider waschen konnten.
Die anderen starrten ihn so entsetzt an, als habe er sie aufgefordert, Menuett zu tanzen, aber niemand erhob Einwände. Alle zogen sich am grasbewachsenen Ufer splitternackt aus und wateten knöcheltief in das eiskalte Wasser, um ihre Hemden und Kilts zu waschen. Dylan verspürte den Drang zu schwimmen, was er schon seit Jahren nicht mehr getan hatte. Während seiner Zeit als Outlaw hatte er wenig Lust zu derartigen Vergnügungen gehabt, dazu kam, dass die Seen sogar im Sommer noch sehr kalt waren. Trotzdem watete er weiter hinaus, holte tief Atem und warf sich der Länge nach ins Wasser. Als er wieder auftauchte, bekam er einen Moment lang keine Luft, doch er gewöhnte sich rasch an die Wassertemperatur, kraulte ein Stück hinaus und ließ sich dann eine Weile auf der Wasseroberfläche treiben, wo es etwas weniger kalt war.
Die Männer sahen ihm vom Ufer aus fassungslos zu. Seumas schrie spöttisch zu ihm hinüber: »He, Dylan, wenn du rauskommst, sind dir deine Eier bestimmt abgefroren!«
Dylan lachte, ließ sich aber nicht beirren. Doch schon bald begann er im eisigen Wasser zu frösteln. Er schwamm zu einer seichten Stelle und rubbelte sich mit den Fingern kräftig über die Haut, dann kletterte er tropfnass ans Ufer, wusch rasch seinen Kilt und sein Hemd aus, legte beides auf einem Stein zum Trocknen und streckte sich dann der Länge nach im Gras aus, um eine Weile zu dösen.
Die fünf Highlander unterhielten sich derweil angeregt miteinander. Einer der Männer aus Glen Dochart hatte ein in Ölpapier gewickeltes Kartenspiel dabei, und schon bald wurden Münzen eifrig hin und her geschoben. Eine Reihe wollener Strümpfe schmückte einen umgestürzten Baum ganz in der Nähe, und der mächtige Felsbrocken hinter ihnen war mit Kilts und Leinenhemden übersät. Gamaschen, Schuhe, Taschen und Waffen lagen daneben im Gras.
Dylan hörte den Gesprächen müßig zu, warf ab und an eine Bemerkung ein, döste vor sich hin und genoss es, sich zum ersten Mal seit seiner Ankunft in Edinburgh richtig sauber zu fühlen. Die frische, klare Luft, das junge grüne Gras, der süße Duft der ersten Wildblumen, all das brachte ihm lebhafte Erinnerungen an seinen ersten Frühling mit Cait zurück.
Doch dann ließ sich Sinann neben seinem Kopf im Gras nieder. »Erinnerst du dich noch an den Wandbehang in Iain Mórs Privatgemach?«, fragte sie leise. Dylan grunzte zustimmend. Natürlich erinnerte er sich daran. Vor einigen Jahren, als Iains Vater der amtierende Laird gewesen war, hatte die Fee einen verzauberten Wandbehang, in den ein Bild von ihr eingewebt war, in den besagten Raum gehängt, um so alles, was dort besprochen wurde, mit ansehen und anhören zu können. Jetzt sagte sie: »Der Laird ist nicht erfreut über das, was Ramsay zugestoßen ist. Vor ein paar Minuten hatte er eine Unterredung mit seinem Bruder Artair.« Wieder gab Dylan ein Grunzen von sich. Diese Neuigkeit überraschte ihn nicht.
»Außerdem weiß der Laird nicht, dass du zurückkommst«, fuhr die Fee fort, was Dylan veranlasste, nun doch die Augen aufzuschlagen und sie forschend anzusehen. Sie nickte
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