Die Verbindung: Thriller (German Edition)
Rücken. Eine teure Nikon SLR hing um seinen Hals und trug zu seiner Verkleidung bei. Seit zwei Jahren war er jetzt im Polizeirevier Paddington Green stationiert und der Antiterroreinheit zugeteilt. Er war an diesem Tag bei der Demonstration gegen die Kopfsteuer auf dem Trafalgar Square erschienen, um zu sehen, ob sich einige seiner Schützlinge – eine bunte Mischung aus einheimischen Terroristen und ansonsten Drecksäcke, die sich der Tierbefreiungsfront und der Anarchoszene angeschlossen hatten – an dem Spaß beteiligen wollten.
Etwa dreißig »Namen« in einer Menge von vielleicht einhunderttausend auszumachen, war wohl nicht dieeffizienteste Art von Überwachung, die die Metropolitan Police unternommen hatte. Aber auch wenn sich alles am Ende als fruchtloses Unterfangen erweisen sollte, war Carlyle neugierig gewesen, wie sich der Tag entwickeln würde. Alle wussten, dass nicht genug Überstunden genehmigt worden waren, um diesen Aufruhr in den Griff zu bekommen, und weil zu wenige Polizisten zum Einsatz verfügbar waren, lagen ernsthafte Schwierigkeiten durchaus im Bereich des Möglichen.
Und so sollte es auch kommen. Bei seiner Ankunft kurz vor achtzehn Uhr war die Demonstration auf bestem Wege, sich zu einem der schlimmsten Krawalle zu entwickeln, den die Stadt seit einem Jahrhundert gesehen hatte. Man hatte Autos umgekippt und angezündet. Die Fenster von Geschäften und Restaurants waren eingeworfen worden. U-Bahn-Stationen in der Nähe wurden geschlossen, und viele Straßen waren abgeriegelt worden. Menschen liefen ohne festes Ziel herum, und da viele von ihnen den ganzen Tag lang getrunken hatten, waren Gewaltausbrüche unvermeidlich. Die Stimmung war angespannt.
Carlyle stand auf einer Verkehrsinsel in der Duncannon Street und sah zu, wie ein halber Ziegelstein durch den Abendhimmel flog und einen bedauernswerten Constable am Hinterkopf traf. Das kenn ich schon, mein Sohn, dachte Carlyle. Er beobachtete, wie die sichtlich aufgeregten Kollegen den benommenen Verletzten in einen Krankenwagen luden, und hatte keinen Zweifel, was als Nächstes passieren würde. Kaum war der Rettungswagen losgefahren, als der diensthabende Sergeant das Zeichen gab, und die Polizisten zu seinen beiden Seiten sich mit erhobenen Schlagstöcken auf die bunte Schar der Demonstranten stürzten.
Carlyle sah, wie Männer, Frauen, sogar einige Kinder durch Fußtritte und Schläge zu Boden gestreckt wurden. Manche waren so nahe, dass er sie beinahe hätte berühren können, als sie hinfielen. Wohl fünf Minuten lang stand er da und sah einfach zu, wobei er sich seltsam unbeteiligt fühlte. Erst die Frau mit dem verletzten Gesicht schreckte ihn aus seinem Tagtraum. Indem er sich vorsichtig einen Weg durch den Tumult bahnte, entfernte er sich Richtung Norden zur Charing Cross Road.
Vor der National Portrait Gallery beobachtete er dann, wie eine Gruppe berittener Polizisten die Demonstranten von der Ecke des Trafalgar Square unmittelbar vor der South African High Commission zu vertreiben versuchte. Rund dreißig Jugendliche hatten sich mit Holzstöcken und Eisenrohren bewaffnet und leisteten der Polizei Widerstand. Ein Gebäude weiter unten an der Straße stand in Flammen. Carlyle hatte genug gesehen und wollte sich aus dem Staub machen, als er eine Hand auf der Schulter fühlte.
»Amüsierst du dich?« Dom Silver, der für die Ereignisse an diesem Tag leicht overdressed erschien, grinste ihn fröhlich an. In einem frischen weißen Hemd, das am Hals offen stand, und einem teuer wirkenden Jackett sah er aus, als sei er auf dem Weg zu einer wichtigen Dinner Party.
Silver nahm Carlyle am Arm und führte ihn schnell in Richtung William IV Street und Covent Garden. »Ist ja eine gelungene Show«, sagte er in offensichtlicher Erregung. »Ich höre, sie haben Stringfellows verwüstet.«
»Dann werden wir uns heute wohl keinen hautnahen Striptease gönnen können«, sagte Carlyle trocken, während er mit seinem Kumpel Schritt hielt. »Was machst du denn hier?«
»Ich brauche nur schnell einen Gefallen.«
Zwei Minuten später standen sie am Chandos Place hinter dem Polizeirevier Charing Cross. Man hatte die ganze Straße gesperrt. Hinter dem Absperrband waren zehn oder zwölf Minibusse der Polizei kreuz und quer geparkt, in denen gelangweilte Beamten beiderlei Geschlechts saßen, augenscheinlich verstimmt, weil sie die Action verpasst hatten, und einige festgenommene Demonstranten, deren Enttäuschung offenbar noch größer war. Als
Weitere Kostenlose Bücher