Die Verbindung: Thriller (German Edition)
Details im Gehirn des Polizisten jederzeit abrufbar waren.
»Tut mir leid, dass ich Sie habe warten lassen«, entschuldigte sich Alex Miles und verbeugte sich. »Heute Nacht kommt alles zusammen. Wir hatten Probleme mit den Leuten von Carlton Jackson …«
»Der Boxer?«, fragte Carlyle. Jackson war ein Schwergewichtsboxer aus den Vereinigten Staaten, der vor Kurzem für einen Kampf in London eingetroffen war. Noch bevor dieser stattfinden konnte, hatte man Jackson wegen Trunkenheit, ungebührlichen Benehmens und Angriffs auf einen Polizeibeamten festgenommen. »Ich dachte, er wäre abgeschoben worden.«
»Noch nicht«, sagte Miles und lächelte. »Jedenfalls ist es geregelt.«
»Gut«, sagte Carlyle ungeduldig. »Jetzt zu der aktuellen Angelegenheit …«
»Ja.« Miles verbeugte sich erneut. Carlyle fragte sich, ob Miles vielleicht etwas von einem Japaner in sich habe. Wahrscheinlicher war, dass er ihn nur verarschte. Miles richtete sich auf und begann, mit einem der Knöpfe an seinem Jackett zu spielen. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
Als leitender Concierge des Garden agierte Miles inzwischen seit mehr als fünf Jahren als oberster Verbindungsmann des Hotels für seine wichtigeren und anspruchsvolleren Gäste. Das Garden erschien ein- oder zweimal im Jahr auf Carlyles Radarschirm, und infolgedessen hatten sich ihre Wege vielleicht drei- oder viermal gekreuzt. Miles war jemand, den Carlyle als Bekanntschaft auf niedriger Ebene beschreiben würde. Er operierte in jener Grauzone zwischen aufrechten Bürgern, für die Carlyle in der Regel keine Verwendung hatte, und wirklichen verurteilten Verbrechern, die Art Mensch, die dafür sorgte, dass der Inspector nicht arbeitslos wurde, einem gleichzeitig aber echt auf den Geist ging.
Zweifellos verstieß Miles jeden Tag gegen diverse Gesetze der einen oder anderen Art, hauptsächlich im Zusammenhang mit Drogen und Prostitution der einen oder anderen Art. Aber das tat er auf eine Weise und in einer Umgebung, die bedeuteten, dass seine Vergehen Carlyle wenig oder nichts angingen. Beide Männer sahen ein, dass gesellschaftlich akzeptable Verhaltensniveaus sich in dauerndem Wandel befanden und unweigerlich mit dem Buchstaben des Gesetzes in Widerspruch gerieten.
Wie Miles glaubte Carlyle an Eigennutz, aufgeklärten Eigennutz. Das war eine sehr gute Grundlage für ihre Beziehung, die kein großes Nachdenken und ein Minimum an Tatkraft verlangte.
Wie jeder gute Polizist befasste Carlyle sich sehr selten mit der Egozentrik und der Hemmungslosigkeit der Reichen. Er wusste, dass das Gesetz, wenn es ums Geld ging, nur auf einem Auge blind war. Die meiste Zeit bestand die beste Art, mit den Gutsituierten und mit ihrer hohen Meinung von sich umzugehen, einfach darin, sie zu ignorieren. Er dachte immer schon, dass er diesen Pragmatismus von seinem Vater geerbt hatte, der nie müde geworden war, seinem Sohn zu raten: »Lass dich nie auf ein Weitpissen ein, das du nicht gewinnen kannst.« In Carlyles Augen versagte diese Regel nach vierzig Jahren auf dem Planeten und zwanzig in seinem Job nur in Extremfällen – Mord zum Beispiel.
Wie jeder gute Verbindungsmann wusste Miles, wo man alles und jedes bekam. Das gehörte zu den Grundvoraussetzungen des Jobs, weil der »umherziehende Stamm« des Hotels sehr hohe Ansprüche hatte. Miles’ Fähigkeit, spezifische, zuverlässige und aktuelle Informationen für seine Kunden zu besorgen, konnte für Carlyle gelegentlich von Interesse sein. Sobald Miles festgestellt hatte, dass der Inspector ein Pragmatiker war und sich im Übrigen um die Bedürfnisse seines »Stammes« kein bisschen scherte, fühlte er sich durchaus wohl dabei, mit ihm Geschäfte zu machen. Und deshalb hatten die beiden beiläufig eine einfache Beziehung gebildet – eine von Hunderten, die ihr Berufsleben mit sich brachte.
Im Augenblick standen vier Männer um den Tisch des Concierge herum. Es war ein Schreibtisch aus Mahagoni im Regency-Stil, der zum größten Teil hinter einem übergroßen Sofa in der linken Ecke des Foyers verborgen war und nicht im Geringsten mit dem Rest der Einrichtung harmonierte. Zu Carlyle und Miles hatten sich mittlerweile der beschränkte Portier Brolin und PC Tim Burgess gesellt, ein ziemlich hübscher, aber unreif wirkender junger Mann, der sich derzeit halb hinter einem Pfeiler versteckte.
Burgess war mit Carlyle aus der Station hier angekommen, fiel aber in seiner Uniform aus dem Rahmen und schien außerdem von seiner Umgebung ziemlich
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