Die Verbindung: Thriller (German Edition)
Schlacht in der Cable Street von 1936, als Antifaschisten gegen die britischen Schwarzhemden kämpften. In jüngerer Zeit war es ein Zentrum der bangladeschischen Gemeinde geworden und inzwischen für seine Currylokale berühmt. Es war keine Gegend, in der Carlyle sich gut auskannte, aber sie änderte sich dauernd, war voller Gedränge, Gewimmel und Elend und lag im Zentrum dessen, was London zu der wogenden, ruhelosen Metropole machte, die es war. Als Londoner glaubte er daher, sich ganz gut damit identifizieren zu können.
In der Brick Lane hatte es mal mehr als zwanzig Pubs gegeben. Mit Namen wie Duke’s Motto, Jolly Butchers, Seven Stars und Monkey’s Tackle hatten sie eifrig um das Pfund in den Taschen der Arbeiter konkurriert. Inzwischen, seit eine anständige Runde Getränke deutlich mehr als dreißig Pfund kostete, war nur noch einer übrig geblieben, die Frying Pan. Aus den anderen waren profitablere Läden geworden: indische und chinesische Restaurants, ein Friseur, Kleidergeschäfte, Fast-Food-Läden, ein Kanuzentrum – wer fuhr Kanu in E1? –, ein Geldtransfer-Kiosk und eine Kirche für eine Religion, von der Carlyle noch nie gehört hatte. Es gab auch ein Reisebüro, das Jack-the-Ripper-Touren anbot – schließlich war der Ripper die führende Lokalgröße.
Gastwirte hatten in den letzten Jahren herbe Rückschläge hinnehmen müssen, Opfer der rückläufigen Kundschaft, des Rauchverbots, höherer Steuern und der lächerlich niedrigen Preise für Supermarktbier. Von den eher nostalgisch Orientierten wurden Pubschließungen als Symbol für den Tod des Londoner Gemeinschaftsgeistes betrachtet. Carlyle, der definitiv nicht nostalgisch orientiert war, hielt das persönlich für einen großen Schwachsinn. Für den verwöhnten Inspector musste der Niedergang dieser Bruchbuden mit ihrem beschissenen Service und ihren Mengen Passivrauch als gute Sache angesehen werden. Soweit es um ihn ging, würde diese falsche East-End-Jovialität, vermischt mit einem Unterton von Vorurteil und Bedrohlichkeit, nie vermisst werden. Mehr als hundert Londoner Pubs mochten alljährlich im letzten Jahrzehnt geschlossen worden sein, aber ihm war noch keine große Unterversorgung aufgefallen. Das bedeutete, dass es immer noch jede Menge Alternativen für Leute wie Clement Hawley gab, ihrem Geschäft nachzugehen.
Carlyle versuchte, sich daran zu erinnern, als er das letzte Mal in einem Pub gewesen war, ohne dass dies berufliche Gründe gehabt hätte. Er kam zu dem Schluss, dass es mindestens drei Jahre her sein musste. Wahrscheinlich, um Fulham auf einem der diversen Privatsender, die er sich zu Hause nicht leisten konnte, gegen eine andere Flaschen-Mannschaft verlieren zu sehen.
Jetzt entschied er sich mit Bedacht für einen weit von der Tür entfernten Ecktisch, nachdem er das halbe Dutzend übriger Gäste gemustert hatte, die im Lokal verstreut vor großen Gläsern Bier saßen und einander geflissentlich ignorierten. Carlyle setzte sich und wartete, ein Glas Jameson Whiskey vor sich, pur, ohne Eis.
Clement Hawley war jugendlich frisch und energisch. Er war außerdem völlig berechenbar. Sobald er in die Frying Pan hineinkam, begann er den Gastraum nach seinen üblichen Kunden abzusuchen. Er bemerkte Carlyle sofort und machte eine scharfe Kehrtwendung. Warum er wegzulaufen versuchte, war vollkommen unerfindlich. Sie wussten, wo er arbeitete, und sie hatten bereits überprüft, dass er heute dort aufgetaucht war. Und er würde eher früher als später an seinen Schreibtisch zurückkehren müssen, um sich aus den Handelspositionen auszubuchen, die er an diesem Morgen eingegangen war. Es war für Clement weitaus besser, dass Carlyle hier im Pub mit ihm sprach anstatt in der Bank.
Warum versuchte er also abzuhauen? Vielleicht lag es an dem Drogenvorrat in seinen Taschen. Vielleicht an seiner kriminellen DNS ? Vielleicht war es nur reine verdammte Dummheit? Was es auch war, er kam nicht sehr weit. Als Clement sich der Tür näherte, kam Joe von der Straße herein, drehte ihn wieder herum und versetzte ihm einen sanften Stoß in Richtung seines Chefs. Carlyle lächelte vor sich hin. Es war schön, wenn diese Dinge nach Plan abliefen.
Mit einem Achselzucken ließ sich Hawley zu Carlyles Tisch führen. Er ging wahrscheinlich auf Mitte dreißig zu, hatte sich aber sein jungenhaftes gutes Aussehen bewahrt, und sein privater Drogenkonsum hielt ihm die zusätzlichen Pfunde vom Leib. Aus einer Entfernung von wenigen Metern hätte man
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