Die Verbindung: Thriller (German Edition)
»niemand sonst wird von dem erfahren, was hier gesagt worden ist.«
Das hab ich auch schon mal gehört , dachte Xavier und schmunzelte.
»Nun gut«, fuhr Simpson fort, »ich glaube, man kann vernünftigerweise davon ausgehen, dass er sich auf der Kriechspur in den Ruhestand befindet. Wie Sie mit Sicherheit wissen, hatte er in der Vergangenheit mehr als nur ein paar Probleme mit der Autorität.«
»Das ist nicht wirklich das, was wir hier brauchen, nicht wahr?«, schaltete sich Xavier ein.
»Nein«, stimmte Simpson zu, wobei sie sich an Edgar statt an seinen Bruder wandte, was diesen verärgerte. »Aber es wäre nicht der Mühe wert, ihn zu diesem Zeitpunkt von den Ermittlungen abzuziehen. Es könnte manche Leute dazu bringen, unangenehme Fragen zu stellen.«
»Genau meine Ansicht«, sagte Edgar, der seinem Bruder einen scharfen Blick zuwarf.
»Abgesehen davon hat Carlyle eine ganz gute Erfolgsbilanz, was die Aufklärung seiner Fälle angeht«, fuhr Simpson fort. »Es besteht die Chance, dass er diese Sache zu einem schnellen Abschluss bringt. Falls nicht, und falls er unterwegs ein paar Fehler macht, wird es später leichter sein, ihn abzulösen.«
»Das klingt alles sehr sinnvoll«, sagte Edgar Carlton freundlich. »Wir danken Ihnen sehr für Ihre beruhigenden Worte. Wir überlassen die Sache ganz Ihren fähigen Händen.«
Zweiundzwanzig
Brixton, London, Juni 1987
Müde und übernächtigt schlenderte Larry Guthrie auf seinem Weg zum nahe gelegenen New World Café durch die Mostyn Road. Es war ein wunderschöner Tag mit Temperaturen um die fünfundzwanzig Grad, einer leichten Brise und der gelegentlichen Wolke, die über einen strahlend blauen Himmel schwebte. Es war ein Tag von der Art, an dem es eine Lust war zu leben, aber das Wetter interessierte Larry im Augenblick nicht sehr. Es war eine lange Nacht gewesen, und der Siebzehnjährige hätte gut mehr als zwei Stunden im Bett gebrauchen können. Der Schlaf würde allerdings noch warten müssen. Im Augenblick war Larry hungrig. Und er hatte außerdem einen Zeitplan zu befolgen. An diesem Nachmittag musste noch Arbeit erledigt werden, und es war nicht die Art von Job, bei dem man blaumachen und sich unter dem Federbett verstecken durfte. Die Leute brauchten ihr Zeug für Samstagabend, und deshalb würde das Geschäft lebhaft sein. Etwas Kaffee und ein paar Pfannkuchen würden seine Müdigkeit sowieso in Schach halten. Morgen, gelobte er sich, würde er den ganzen Tag im Bett verbringen.
Als er sich umsah, fiel sein Blick auf zwei Jungs, die in Mostyn Gardens schaukelten. Nur ein paar Jahre zuvor wäre er einer von ihnen gewesen. In ein paar Jahren, wenn nicht früher, wäre das Leben, das er jetzt führte, ihres. Larry steckte seine Hände tiefer in die Taschen seines Kapuzensweatshirts, schaute wieder nach unten auf den Bürgersteig und erhöhte sein Tempo. Mit gesenktem Blick sah er nicht den Mann mit den länger werdenden Schritten auf sich zukommen. Und er sah auch nicht, wie der Mann eine Pistole hervorzog und sie auf Larrys Bauch richtete.
Als die Pistole abgefeuert wurde, war der Knall so erschreckend, dass Larry gar nicht begriff, dass er getroffen worden war. Seine Hände fuhren an seine Ohren anstatt zu seinem Bauch. Dann, sobald er zu Boden gegangen war, wurde alles still. Er konnte nur noch sein Herz schlagen und das Blut in seinen Schläfen pulsieren hören. Er blinzelte mehrfach und versuchte, die Pistole ins Auge zu fassen, die jetzt kaum zehn Zentimeter vor seinem Gesicht schwebte. Er fragte sich, ob er die Kugel auf sich zufliegen sehen könnte. Aber als die Mündung wieder zuckte, wurde nur alles dunkel.
Constable John Carlyle, der sich wie ein Ersatzschwanz bei einer Hurenhochzeit vorkam, beobachtete das Team von der Spurensicherung, das seiner Arbeit nachging, und fragte sich, was genau er selbst hier tun sollte. Eine Zeit lang stand er bloß da und schaute auf die blutbespritzen Turnschuhe Larry Guthries, die unter dem dunkelgrünen Laken herausragten, mit dem man die Leiche des Jungen bedeckt hatte. Carlyle erkannte die knöchelhohen Nike-Basketballschuhe von einer vor Kurzem im Face erschienenen doppelseitigen Anzeige und spürte einen Anflug von Neid: Die Schuhe lagen weit außerhalb seiner finanziellen Möglichkeiten. Sie waren die bevorzugte Fußbekleidung verschiedener lokaler Banden, der Young Thugs, der Cartel Boys, der Alligator Crew und der Superstar Gang, und bis jetzt gab es sie nicht mal in Großbritannien zu kaufen,
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