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Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Titel: Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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Leute sind hart wie Stein. In jeder Hinsicht.«
    »Das ist das erste Mal, dass mich jemand als Optimisten bezeichnet«, bemerkte Li Yandao.
    »Ein Ausbund an Fröhlichkeit bist du tatsächlich nicht. Aber da kommt der erste Gang.«
    Während des Frühstücks schilderte Weidian ausführlich seinen Besuch in Yakubs Heimatdorf. Es war nicht sehr ermutigend, aber Li Yandao ließ sich dennoch den Weg zu dem Dorf in der Nähe des historischen Khotan beschreiben.
    * * *
    Nach etwa zehn Kilometern Fahrt über unbefestigte Wege hatte er die Orientierung verloren. Die Bauern gaben ihm widersprüchliche Auskünfte, aber letztendlich konnte ihm jemand den Weg weisen. Li Yandao stellte den Wagen vor dem ersten Haus des Dorfes ab und stieg aus. Sofort versanken seine Schuhe in puderfeinem Staub. Die Hauptstraße war nur ein Weg mit tiefen, von Eselsfuhrwerken ausgefahrenen Rillen. Li Yandao sah die Abdrücke von Schuhen, Tierfüßen und Fahrrädern, aber keine Reifenspuren. Hier konnte sich niemand ein Auto leisten. Er klopfte an die schwere Holztür des ersten Hauses.
    Nach einigen Minuten gab er auf und ging weiter. Das Dorf lag wie ausgestorben vor ihm, vermutlich waren die meisten Bewohner auf den Feldern, um sie winterfest zu machen.
    Jedes Haus war von einer Mauer umgeben, die den dahinterliegenden Hof vor neugierigen Blicken schützte. Die abweisenden Lehmmauern und verrammelten Tore sprachen eine deutliche Sprache: Fremde waren unerwünscht.
    Die Sonne hatte den Zenit erreicht und stach ihm durch die Äste der entlaubten Pappeln und Weiden ins Gesicht. Es war ein strahlender, ungewöhnlich milder Wintertag, und in seiner gefütterten Jacke brach Li Yandao der Schweiß aus.
    Als er an das Tor des neunten oder zehnten Hofs klopfte, hörte er dahinter einen erschrockenen Ausruf. Er klopfte lauter, aber niemand öffnete. Ein verräterisches Scharren sagte ihm, dass sich mehrere Personen in dem Hof aufhielten. Langsam ging ihm die Geduld aus.
    »Polizei! Öffnen Sie die Tür!«, rief er mit autoritärer Stimme.
    Eine weitere Minute verging, dann wurde das Tor entriegelt. Eine junge Frau steckte ängstlich den Kopf heraus. Fahrig nestelte sie an ihrem Kopftuch herum. Li Yandao hielt ihr seine Legitimation vor die Nase, aber es wurde ihm schnell klar, dass die Frau nicht lesen konnte.
    »Ich habe nur eine kurze Frage, dann lasse ich Sie wieder in Ruhe«, sagte er besänftigend. Er hasste es, seinen Polizistenstatus ausspielen zu müssen. »Bitte sagen Sie mir …« Die junge Frau stieß das Tor vor seiner Nase zu. Li Yandao war zu perplex, um zu reagieren. Der Ärger stieg erneut in ihm auf. Er wollte gerade gegen das Tor treten, als es sich erneut öffnete. Ein alter Mann trat heraus und musterte ihn feindselig. Sie standen sich wortlos gegenüber, bis der alte Mann die Nerven verlor.
    »Was wollen Sie?«, fragte er mit heiserer Stimme. »Wir sind ehrliche Leute und haben nichts mit der Polizei zu schaffen.«
    Der aggressive Ton des Mannes ließ Li Yandao aufhorchen. Wenn der Alte nichts zu verbergen hatte, brauchte er nicht in seinem ersten Satz darauf hinweisen, dass er mit der Polizei nichts zu tun hatte. Vielleicht sollte sich die örtliche Polizei einmal damit beschäftigen, was hinter den Mauern dieses Dorfes vor sich ging. Und vielleicht würde sich sein Ausflug nach Khotan doch noch lohnen.
    »Wo wohnen die Eltern von Yakub Siddiq?«, fragte er knapp.
    »Kenne ich nicht.«
    »Halten Sie mich nicht zum Narren. Wie viele Menschen leben in diesem erbärmlichen Kaff? Dreihundert? Vierhundert? Und Sie behaupten, die Eltern eines ermordeten Dorfbewohners nicht zu kennen? Also, wo wohnen die Leute?«
    Der Alte hob in einer verteidigenden Geste die Hände. »Ach, der Yakub. Warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Folgen Sie einfach dem Weg. Das Haus steht auf der linken Seite und hat ein hellgrünes Tor.«
    Li Yandao hörte noch, wie das Tor hinter ihm zukrachte, dann umfing ihn wieder die mittägliche Stille. Nach zwei Minuten stand er vor einer Tür mit abblätternder grüner Farbe und hämmerte dagegen. Er wartete gar nicht erst auf eine Reaktion und brüllte über die Mauer: »Ich weiß, dass Sie da sind. Lassen Sie mich herein, ich bin Polizist.«
    Das Tor wurde geöffnet, und ein Mann mittleren Alters ließ ihn schweigend ein. Li Yandao begleitete ihn in einen unordentlichen Hof. In einer Ecke türmte sich ein großer Abfallhaufen auf, und statt Teppichen bedeckten zerrissene Plastiksäcke die überdachte Terrasse. An

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