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Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Titel: Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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sie.
    »So ist es wärmer, nicht wahr?«
    »Viel wärmer«, murmelte sie und kuschelte sich an ihn.
    Vor dem Seman-Hotel standen sie sich lange wortlos gegenüber.
    »Du fährst also morgen früh nach Khotan«, sagte Li Yandao schließlich.
    »Ja.«
    »Schreib mir, wenn du angekommen bist.«
    »Versprochen.« Marion kämpfte mit den Tränen. Sollte sie einfach in Kashgar bleiben? Nein, es war besser, sie beendete diese Geschichte, bevor sie überhaupt anfing.
    »Es war ein schöner Abend. Ich wünschte, wir könnten ihn wiederholen«, flüsterte sie und trat einen Schritt zurück. Sie prägte sich jede Einzelheit seines Gesichts ein, dann drehte sie sich um und ging mit hängenden Schultern auf das Hotel zu. Sie spürte, dass er ihr nachsah.

Die Wüste des wandernden Sandes
    Juli 102 v.Chr. bis April 100 v.Chr.
    Z hao Shan folgte schwitzend einem Soldaten zu den Räumen von General Li Guangli. Im Stillen verfluchte er die steifen, viel zu dicken Seidengewänder, die seine Position ihm aufzwang. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er sich weiterhin auf die schlichten, dem heißen Wüstenklima angemesseneren Hemden und Hosen beschränkt. Er warf einen Seitenblick auf den Soldaten. Der Mann trug die leichte Sommertunika der Fußsoldaten, seine Füße steckten in armseligen Sandalen, und auf die Gamaschen hatte er ganz verzichtet. Manchmal hatte es auch Vorteile, zum einfachen Volk zu gehören.
    General Li Guangli empfing ihn in einem mit Teppichen und Kissen ausgestatteten Raum. Zhao Shan deutete eine Verbeugung an, die der General ebenso knapp erwiderte. Zhao Shan war dem General unterstellt, aber sein hohes ziviles Amt und sein Alter verwischten die Hierarchie.
    »Herzlich willkommen, Meister Zhao. Wie ich sehe, habt Ihr die Reise nach Dunhuang gut überstanden. Seid Ihr mit Eurer Unterkunft zufrieden?«
    »Allerdings. Es ist wunderbar, sich zur Abwechslung das Bett einmal nicht mit Ungeziefer teilen zu müssen.«
    »An diese kleinen Unbequemlichkeiten werdet Ihr Euch auf dem kommenden Feldzug gewöhnen müssen, Hoher Sekretär«, bemerkte Li Guangli verächtlich.
    »Ich kenne das Soldatenleben«, antwortete Zhao Shan scharf.
    »Ah, ich vergaß. Ihr habt unter General Huo Qubing die Xiongnu aus Dunhuang vertrieben. Umso größer die Ehre, dass Ihr Euch freiwillig gemeldet habt, an meiner Seite Dayuan das Fürchten zu lehren.«
    Zhao Shan musterte den General. Vergeblich versuchte er, etwas von dem lebenslustigen, unzuverlässigen jungen Mann wiederzuentdecken, der in Chang’an im Luxus geschwelgt hatte und seine Ernennung zum General allein der Tatsache verdankte, dass seine Schwester die Favoritin des Kaisers war. Li Guangli war in den vergangenen zweieinhalb Jahren stark gealtert. Seine Unbeschwertheit war einer Verbitterung und Härte gewichen, die Zhao Shan entsetzte. Der erfolglose Feldzug in das kleine Königreich Dayuan hatte zwei Jahre gedauert, und Zhao Shan konnte am Gesicht des Generals ablesen, mit welch übermenschlichen Anstrengungen es verbunden gewesen war.
    Der Kaiser hatte getobt wie ein Wahnsinniger, als er von dem Fehlschlag des Generals erfuhr, und dem Kommandanten von Dunhuang befohlen, den Jadepass zu schließen und jeden Mann zu töten, der versuchte, das Reich zu betreten. General Li Guangli war gezwungen, in Dunhuang auf die Verstärkung seiner Armee zu warten, um dann einen erneuten Vorstoß nach Westen zu unternehmen.
    »Ihr seid schweigsam, Meister Zhao. Schreckt Euch die Vorstellung, wieder in den Krieg zu ziehen?«
    »Nein. Obwohl ich zugeben muss, dass ich Respekt vor dem langen Marsch nach Westen habe.«
    »Zu Recht, aber wir sind gut vorbereitet. Der Kaiser hat sechzigtausend Soldaten rekrutieren lassen und nach Dunhuang geschickt. Sie führen hunderttausend Ochsen und dreißigtausend Pferde mit sich, ebenso unzählige Esel, Maultiere und Kamele. In ein oder zwei Monaten werden sie sich vollständig versammelt haben und abmarschbereit sein. Diesmal werden wir dem König von Dayuan eine Lektion erteilen.«
    »Der Kaiser will die Himmlischen Pferde.«
    »Er wird sie bekommen.«
    »China braucht sie dringend. Wir haben in den Kriegen gegen die Reitervölker des Nordens sehr viele Pferde verloren, und wir können die Xiongnu nur mit berittenen Truppen besiegen.«
    »Belehrt mich nicht über Dinge, die jedes Kind weiß, Meister Zhao«, sagte der General ungehalten. »Ich werde mit den Pferden nach Chang’an zurückkehren oder überhaupt nicht. Und jetzt entschuldigt mich, ich habe

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