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Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Titel: Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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die meisten Opfer von Krankheiten und Erschöpfung geworden waren. Voller Befriedigung ritt er an der Spitze seiner immer noch eindrucksvollen Armee wieder nach Osten. Sein großes Pferd tänzelte nervös unter ihm. Li Guangli strich über den kräftigen Hals des Tian Ma. Diese Pferde waren jedes Opfer wert.
    Die Nachricht über ihren Sieg flog der Han-Armee voraus. Wann immer sie sich entlang ihrer Route durch die kleinen Königreiche einer Oasenstadt näherten, eilte ihnen die verängstigte Bevölkerung, beladen mit Lebensmitteln und anderen Gaben, aus den geöffneten Stadttoren entgegen. Die Herrscher sandten ihre Söhne, damit sie die Armee nach Chang’an begleiteten und dort als politische Geiseln am Hof verblieben. Trotz der harschen Bedingungen in dem das sandige Herz der Wüste umgebenden Schottergürtel gestaltete sich der Rückmarsch für General Li Guangli zum Triumphzug, und er verschwendete nur wenige Gedanken an den jämmerlichen Zustand, in dem sich viele seiner Soldaten befanden.

    Am Ende des Zugs saß Lin Hong auf einem von einem großen Schirm beschatteten Wagen und sah besorgt auf die vor ihm liegende, eingefallene Gestalt Zhao Shans, der nur noch ein Schatten des gesunden, muskulösen Mannes war, mit dem er vor anderthalb Jahren aus Dunhuang abgeritten war. Lin Hong bezweifelte, dass sein Herr lange genug am Leben bleiben würde, um noch einmal die Gärten und Tempel der Hauptstadt sehen zu können. Er war seit einigen Tagen kaum bei Sinnen und sprach in seinen Fieberträumen häufig von dem Boten und dem Kästchen. Lin Hong hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Tag und Nacht bei Zhao Shan zu wachen, damit niemand dessen wirre Sätze belauschen und seine Schlüsse daraus ziehen konnte. Die drei anderen Männer, die das Geheimnis mit ihnen geteilt hatten, waren längst tot.
    »Lin Hong …« Zhao Shans Augen waren klar und sahen Lin Hong das erste Mal seit langer Zeit direkt an.
    Voller Freude beugte sich Lin Hong über den Kranken.
    »Meister Zhao, wie fühlt Ihr Euch?«
    »Es wird nicht mehr lange dauern. In meinen Träumen bin ich mit einem Boot zu den Inseln von Penlai gesegelt. Sie sind wunderschön …«
    »Ihr wart nicht dort, Meister. Es heißt, der Wind treibe jeden Sterblichen von den Inseln fort«, sagte Lin Hong. Die Erwähnung der Inseln der Unsterblichen verstörte ihn.
    »Doch, ich bin schon ganz nah an ihren Küsten gewesen. Alles ist weiß, selbst die Tiere und die Pflanzen, wie es überliefert ist.«
    »Aber jetzt seid Ihr wieder hier.«
    »Nur für eine kurze Zeit. Ich sterbe, Lin Hong.«
    Lin Hong senkte den Kopf. Zhao Shan legte ihm die Hand auf den Arm.
    »Es gibt keinen Anlass zur Traurigkeit. Du weißt, dass ich ein gutes Leben hatte und mehr erreicht habe, als ich mir wünschen konnte. Jetzt hilf mir, mich aufzurichten. Ich möchte sehen, wo wir sind«, sagte er.
    Lin Hong stopfte einige Kissen in seinen Rücken, bis Zhao Shan saß. Der Hohe Sekretär kniff die Augen zusammen, als ihn das grelle Sonnenlicht traf, das von der leblosen, sich von Horizont zu Horizont erstreckenden Schotterebene zurückgeworfen wurde. Ihr Weg war von den Skeletten der auf dem Hinweg verdursteten Männer, Pferde und Ochsen gesäumt.
    »Wir sind nicht sehr weit gekommen. Bevor ich einschlief, sah es genauso aus.«
    »Die Umgebung hat sich seit einem Mond nicht verändert. Ich werde nie begreifen, warum der Kaiser so versessen darauf ist, die Wüste des Wandernden Sandes zu beherrschen. Seht doch, keine Pflanzen, keine Tiere … warum sollten Menschen hier leben wollen?«
    »Und doch tun sie es«, antwortete Zhao Shan. »China benötigt dieses Land als Puffer gegen die Barbaren. So viel solltest du mittlerweile verstanden haben.«
    »Vielleicht will ich es nicht verstehen. Ich bin ungebildet und habe für Politik nichts übrig.«
    »Diese Ansicht zeichnet einen weisen Mann aus«, murmelte Zhao Shan. Dann sagte er ernst:
    »Du wirst trotzdem etwas äußerst Wichtiges für mich tun müssen, etwas, was dir nicht gefallen wird.«
    »Ich höre.«
    Ein heftiger Hustenanfall schüttelte Zhao Shans ganzen Körper, bis er endlich kraftlos in die Kissen zurückfiel. Kalter Schweiß trat auf seine Stirn.
    »Meister Zhao!«, rief Lin Hong verängstigt. »Was wolltet Ihr mir auftragen?«
    »Das Jadepferd … Botschaft des Kaisers … vernichte sie.«
    »Ihr habt sie noch?«, fragte Lin Hong fassungslos.
    »Beutel … an meinem Gürtel«, stieß Zhao Shan aus. Das Sprechen fiel ihm offenbar immer

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