Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Verborgene Schrift

Titel: Die Verborgene Schrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselma Heine
Vom Netzwerk:
alles in d'r Sack, un ihr Arweiter könne verrecke für sie.«
    »Jo d' Noble!« brüllte ein Rotnasiger. »Jo, die fresse un saufe, Herz was begehrsch', un unsereins hat net emol Kredit beim Wirt. Rosele, gell du bringsch mir noch einen?«
    Und das hübsche Wirtstöchterchen läßt sich erweichen.
    »Jo, d' Mülhuser han rächt!« ruft der Louis wieder. »Dreischlage, luschtig si! Sich nix g'falle losse!«
    Der Pfeifer ist mit einem Satz vom Tisch gesprungen. »Un ihr solle euch au nix g'falle losse,« kreischt er. »Merken ihr das net? Dor bi euch isch's grad so wie drüwe in Mülhuse. 's Schlotterbach's – –«
    Aber niemand will recht anbeißen. » A bah, der Alte. Der isch jo seller Arweiter gsi.«
    Pfiffer-Schangs Gesicht, das durch seinen Beruf unveränderliche Lachfalten bekommen hat, versucht weise auszusehen. »Jo, Hafekäs, die wo emol arm gsi sin, die sin hintenach d'Argschte.«
    Schmied-Louis lacht: »Jo, un der fils , der Mösjö Theophile, der stopft sich Seidewatt in d'Ohre, wenn er emol auf d' Fawrike kummt.«
    »Wege dem könnt unsereiner verrecke, der wüßt' net emol, daß m'r g'lebt het,« hieß es nun.
    »Nix als Französch parliere un 's Geld üseschmisse kann der.«
    »Un sine Madam kauft alle ihre seidige Plunder z' Paris,« wirft das Rosele neidvoll dazwischen.
    »Ues euerem Geld!« hetzt der Schang. »Verstehn's doch. Litt, i will euch doch nur üsehelfe üs'm Dreck. I sag' doch nur: Revolt' mache müsse ihr, grève mache, Revolt' wie d' Mülhuser. Awer bald. Verstehn ihr. Un d'rno, wenn ihr do ufg'räumt han – – – d'rno gehts witer.«
    Es wurde still in dem stickigen Raum. Man sah den Pfeifer von der Seite an. Kürzlich war in der Fabrik gewarnt worden vor Leuten, die zum Streik aufstacheln wollten. In den breiten Schädeln brodelte es.
    »Mir Arweiter,« beginnt der Pfeifer wieder. Aber der gewaltige Schmied weist ihn zurecht: »Dü bisch jo gar kei' Arweiter. Dü bisch jo e halwer Schirebirzler. Grève solle m'r mache, un wenn mir Hunger leide, gehsch dü ab, un mir sitze do.«
    Am anderen Ende des Tisches, da wo Jean Groff jetzt über seinen Armen lag und schlief, hockten ein halbes Dutzend blasse,hohlbackige Männer beisammen, alle nicht mehr jung. Man sprach leise.
    »I will liewer fir a Sou im Tag schaffe, als gar net, i han siewe Kinder.«
    Aber der Versucher bleibt im Zuge.
    »Revolt' müsse ihr mache,« zischt er. »'s Glieche heische, was d' Mülhüser g'heische' han!« Und er zählte auf: »Zehn Stunde Arweit un Lohn wie ziterher, wo ihr zwölf Stunde g'schunde han.«
    Alle sahen sich verlegen an. Der Schmied-Louis kratzte sich laut das borstige Kinn.
    »Häsch kei Kurasch?« höhnte der Schang.
    »Kurasch scho, awer – – –« Er sah vielsagend zum schieligen Mathiß hinüber, der mit ihm zusammen beim Schlotterbach arbeitete. Der wischte mit der flachen Hand über den Tisch, als hätte er da etwas zu glätten.
    »Kurasch scho!« sagte auch er, »awer – – –«
    Dreier-Tjark lachte lärmend auf. »'t is man blot: Wat der alte Slotterbach da woll zu sagen würde, wenn wir mit son Saken kämen. Denn, was wir sind, wir haben hier ja all lang, was die von Mülhausen nu man erst haben wolln.«
    Pfiffer-Schang machte ein beleidigtes Gesicht. »Jo, d'r Dreier, der redt allewil so Dings. Der isch halt kei Hiesiger! Üsewerfe sollt' m'r ihn.«
    »Werfen ihn üs!« hat's geheißen. Aber der Wagner wehrte sich. Wie in eisernen Schrauben packt er jeden, der ihm nahekommt. Sein Gesicht ist frischer, sein Anzug sauberer als der der anderen. Methodisch und schweigsam schafft er sich mit der geballten Faust Luft. Bald darauf sitzen sie alle wieder gemächlich beieinander. Das kleine échauffement hat ihnen gut getan. Jetzt will man seine Ruhe haben.
    Am großen Kachelofen sitzen zwei Bauern, prächtige Gestalten mit kurzgeschorenem Haar und sonnverbrannten Gesichtern.
    »Wie wär's, Klaus, wenn mir Büre au emol täte grève mache?« Das scharfgeschnittene Gesicht mit den spöttischen dunkeln Augen zeigt deutlich den Sarkasmus, den er für diese ärmlichen Städter hat, die blaß und geduckt oder frechin den Stuben herumhocken. Der andere, stumpfer und schläfriger als sein Gevatter, nickt.
    »Jo, jo, Pére Justin, hesch racht, mir sin's, wo schwitze, für daß d' Stadtlitt Brot han.«
    »Sell scho'. Wenn d'r Bür Sonntag mache tät, d'rno müßte sie alle Hunger leide, d' Herre un d' Arweiter. Allez , Rosele, lang' m'r e p'tit verre .«
    Jetzt kommen Soldaten herein mit ihren

Weitere Kostenlose Bücher