Die verborgene Sprache der Blumen / Roman
damit einverstanden bist.«
Sie wandte sich an Marlena und schüttelte ihr unter der schlafenden Babykugel unbeholfen die Hand. »Ich bin Renata«, verkündete sie. »Bleib heute hier, solange du kannst, und komm morgen wieder. Ich bezahle dir deinen üblichen Stundenlohn.«
»Nur, um das Baby zu halten?«, fragte Marlena.
Renata nickte.
»Das werde ich«, versprach Marlena. »Vielen Dank.« Als sie sich langsam um die eigene Achse drehte, seufzte das Baby und schlief weiter.
»Danke«, sagte ich zu Renata. »Ein Nickerchen würde nicht schaden.« Seit Tagen hatte ich nicht richtig geschlafen, da ich selbst im Schlaf ständig wissen musste, wo das Baby war und ob es etwas brauchte. Offenbar hatte ich doch ein Müttergen geerbt, dachte ich und erinnerte mich an Renatas Worte auf dem Weg zu unserem ersten gemeinsamen Abendessen.
Renata kam zu mir herüber. Meine Hand ragte aus der niedrigen Tür ins Wohnzimmer. Renata beugte sich über mich, als überlege sie, wie sie mich umarmen sollte. Aber schließlich gab sie es auf und stupste meine Hand nur sanft mit der großen Zehe an. Ich drückte ihr den Fuß, und sie lächelte. »Bis morgen«, sagte sie.
»Gut.«
Renatas Stiefel polterten die Treppe hinunter. Der Türrahmen aus Metall klapperte, als sie hinausging.
»Wie heißt sie?«, erkundigte sich Marlena und küsste das schlafende Baby auf die Stirn. Sie setzte sich auf einen der Barhocker, doch das Baby bewegte sich. Also stand sie wieder auf und schlenderte langsam im Zimmer hin und her.
»Ich weiß nicht«, erwiderte ich. »Ich überlege noch.«
Genau genommen hatte ich noch nicht darüber nachgedacht, aber mir war klar, dass ich allmählich damit anfangen musste. Obwohl ich nichts anderes tat, als zu stillen, Windeln zu wechseln und das Baby zuzudecken, hatte ich, weder geistig noch sonst, Raum für etwas anderes. Marlena ging in die Küche. Das Baby nuckelte an ihrer Bluse und drückte dann eine rosige Wange an ihre Schulter. Marlena fing an, mit einer Hand zu kochen. Mühelos. Ich konnte nicht kochen, und schon gleich gar nicht mit einer Hand und einem Baby auf der Schulter.
»Wo hast du das gelernt?«, fragte ich.
»Kochen?«
Ich nickte. »Und wie man mit Babys umgeht.«
»Meine letzte Pflegemutter arbeitete auch als Tagesmutter. Ich durfte bleiben, weil ich zu Hause unterrichtet wurde und ihr mit den Kindern geholfen habe. Ich hatte nichts dagegen. Es war besser als in der Highschool.«
»Du bist zu Hause unterrichtet worden?«, erkundigte ich mich. In Gedanken hakte ich die Aufgabenliste an Elizabeths Kühlschranktür ab und sah unwillkürlich auf die Uhr.
»Ja«, erwiderte sie, »in den letzten Jahren. Ich war so weit zurück, dass das Jugendamt glaubte, ich könnte so alles besser aufholen. Aber der Rückstand wurde nur noch größer. Als ich achtzehn wurde, habe ich das mit der Schule aufgegeben und bin ins Gathering House gezogen.«
»Ich bin auch zu Hause unterrichtet worden«, sagte ich. Ein Uhr. Elizabeth hätte gerade den letzten Teller abgetrocknet und weggeräumt und mich das Achter- oder das Neuner-Einmaleins abgehört.
Auf dem Herd köchelte etwas, und Marlena streute Salz hinein. Es wunderte mich, dass sie in den leeren Schränken überhaupt Zutaten gefunden hatte. Als das Baby aufwachte, verlagerte sie es auf die andere Schulter, hielt es so, dass es sehen konnte, was sie kochte, und murmelte leise etwas vor sich hin. Ich konnte nicht verstehen, ob es ein Gedicht oder ein Gebet war. Das Baby schloss die Augen.
»Mit Kindern kannst du besser umgehen als mit Blumen«, stellte ich fest.
»Ich lerne es schon noch«, erwiderte Marlena. Offenbar war sie nicht gekränkt.
»Ja«, meinte ich und sah ihr bei der Arbeit zu. »Ich auch.«
Als Marlena etwas hackte, wippte der Kopf des Babys sanft hin und her. »Du solltest schlafen«, sagte sie, »solange das Baby zufrieden ist. Du weißt, dass sie bald wieder Hunger kriegen wird.«
Ich nickte. »Okay«, antwortete ich. »Weck mich, wenn sie etwas braucht.«
»Wird gemacht.« Marlena drehte sich wieder zum Herd um.
Ich schloss die Tür und wartete auf den Schlaf. Marlenas leises Wiegenlied wehte durch den Türspalt herein. Die Melodie erschien mir vertraut. Während ich langsam in Bewusstlosigkeit versank, fragte ich mich, ob mir jemand dieses Lied vorgesungen hatte, als ich ein Baby gewesen war. Jemand, der mich nicht liebte und mich über kurz oder lang zurückbringen würde.
Am Samstagmorgen, eine Woche nach der Geburt,
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