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Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Titel: Die verborgene Sprache der Blumen / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Diffenbaugh
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Strahlen in den Raum fiel, war ich sicher, dass die Trauben erntereif waren. Außerdem war ich überzeugt, dass Elizabeth sie noch nicht entdeckt hatte. Keine Ahnung, woher ich diese Gewissheit nahm. Es war einfach so, auf eine Weise, wie einige Mütter und Töchter, einst mit einer Nabelschnur verbunden, es spürten, wenn eine von ihnen krank war oder in Gefahr schwebte, noch ehe man es ihnen erzählte. Ich stand auf. Caroline und Mark diskutierten inzwischen über die Vorzüge von Sonnwende und wilder Geranie. Wer die Tulpen-Rosen-Debatte gewonnen hatte, hatte ich verpasst.
    »Warum schränken Sie sich eigentlich so ein?«, fragte ich, unfreundlicher als beabsichtigt. »Ich habe nie von Ihnen verlangt, dass Sie sich bei Ihrem Strauß auf eine bestimmte Anzahl von Blumensorten festlegen.«
    »Aber wer hat je eine Braut gesehen, die fünfzig verschiedene Blumensorten im Strauß hat?«, fragte Caroline.
    »Dann begründen Sie eben einen neuen Trend«, entgegnete ich. Caroline gehörte zu den Frauen, die sicher gerne einen neuen Trend in die Welt setzten. Ich holte meinen Spiralblock und einen Stift heraus. »Schauen Sie sich eine Karte nach der anderen in den Kartons an und schreiben Sie jede Eigenschaft auf, die Sie sich für Ihre Ehe wünschen. Wir stellen in letzter Minute alles zusammen«, forderte ich sie auf. »Doch erwarten Sie nicht, dass die Kleider der Brautjungfern dazu passen.«
    »Die Kleider sind hellgrün«, erklärte Caroline verlegen, als habe sie sie in Erwartung genau dieses Moments gekauft. »Sie passen zu allem.«
    Ich war bereits halb die Treppe hinauf. Ich musste Marlena anrufen. Sie konnte den Auftrag auch ohne mich abwickeln und würde es schnell und professionell tun. Ihre Arrangements waren zwar keine Schönheiten – obwohl sie im Laufe der Monate dazugelernt hatte –, doch sie kannte die Bedeutung jeder einzelnen Blume auswendig und würde keine Scharlachpelargonie mit einem Storchenschnabel verwechseln. Der Ruhm von Botschaft gründete sich auf den Inhalt der Sträuße, nicht auf den künstlerischen Wert der Arrangements, und was das anging, machte Marlena niemals einen Fehler.
    Sie nahm nach dem ersten Läuten ab. Auch sie hatte auf diesen Anruf gewartet.
    »Komm her«, sagte ich. Marlena stöhnte auf. Ich hängte ein, ohne ihr zu verraten, dass ich bei ihrer Ankunft nicht da sein würde und dass Caroline und Mark gerade den möglicherweise kompliziertesten Hochzeitsstrauß zusammenstellten, den es je in der Geschichte von San Francisco gegeben hatte. Kein Grund, sie in Sorge zu versetzen.
    Ich griff nach meinen Schlüsseln und nahm zwei Stufen auf einmal.
    »Marlena ist unterwegs«, meinte ich zu Caroline und Mark, als ich zur Tür hinausging.
     
    Ich fuhr die Landstraße entlang, wie ich es so oft mit Grant, allein und dann, beim letzten Mal, mit dem Baby getan hatte. Als ich an der Gärtnerei vorbeikam, hielt ich mir die Handfläche an die linke Schläfe, um nicht zur Seite schauen zu können. Also sah ich weder das Haus noch den Wasserturm oder die Blumen. Ich hatte all meinen Mut zusammengenommen, um Elizabeth zu besuchen. Doch ich wollte nicht am selben Tag eine Begegnung mit Grant oder meiner Tochter riskieren.
    Gegenüber von Elizabeths Auffahrt hielt ich am Straßenrand. Ein Schulbus fuhr an mir vorbei, danach ein überfüllter brauner Kombi mit offenen Fenstern, aus denen Musik dröhnte. Als ich sie nicht mehr hören konnte, trat ich in die stille Landschaft hinaus und blickte zur anderen Straßenseite.
    Der Weinberg war genauso, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Die lange Auffahrt, das Haus in der Mitte, die Reben, die sich in Reihen parallel zur Straße erstreckten. Ich lehnte mich an mein Auto und hielt Ausschau nach Anzeichen des Schadens, den ich angerichtet hatte. Der Weinberg war teilweise neu gepflanzt, die verkohlte Erde ausgetauscht worden; und die Asche war längst verschwunden. Selbst die Disteln waren an den Platz zurückgekehrt, an dem sie, damals ebenso groß und trocken wie heute, gewachsen waren, als ich das Feuer legte. Nur die Dicke der Rebstöcke verriet die Geschichte der Feuersbrunst: Im südöstlichen Teil des Weinbergs waren die Stämme der Reben nur halb so dick wie auf der anderen Seite der Auffahrt. Die Blätter der jungen Pflanzen waren eine Schattierung hellgrüner, und es hingen eindeutig mehr Früchte an den Reben. Ich fragte mich, ob die Qualität der Trauben Elizabeths Ansprüchen schon genügte.
    Ich überquerte die Straße. Das Haus sah aus

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