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Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Titel: Die verborgene Sprache der Blumen / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Diffenbaugh
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der Sträuße vom Preis abhing.
    »Das spielt keine Rolle. Aber sag ihr, sie kann die Vase nicht behalten. Ich hole sie nächste Woche ab.« Als ich mit dem Strauß fertig war, schob Renata mir einen Zettel zu, auf den sie die Adresse gekritzelt hatte. »Bring du ihn hin«, meinte sie.
    Als ich, die schwere Vase in den Armen, aus der Tür trat, spürte ich, wie Renata mir etwas in den Rucksack steckte. Ich drehte mich um. Sie hatte schon hinter mir abgeschlossen und steuerte auf ihren Laster zu.
    »Ich brauche dich erst nächsten Samstag um vier Uhr morgens wieder«, meinte sie und winkte zum Abschied. »Mach dich auf einen langen Tag gefasst. Keine Pausen.«
    Ich nickte und beobachtete, wie sie in ihren Wagen stieg und davonfuhr. Nachdem sie um die Ecke gebogen war, stellte ich die Vase ab und öffnete meinen Rucksack. Ich fand einen Umschlag mit vier nagelneuen Hundertdollarscheinen.
Bezahlung für die ersten beiden Wochen. Enttäusche mich nicht,
stand auf einem Zettel. Ich faltete das Geld zusammen und verstaute es in meinem BH .
    Die Adresse gehörte zu einem Haus, nur zwei Straßen vom Flora entfernt, das aussah wie ein Bürogebäude. Die Glasfront des Ladenlokals war dunkel, und ich konnte nicht feststellen, ob die hier ansässige Firma sonntags geschlossen hatte oder nicht mehr bestand. Als ich klopfte, klapperten die Türscharniere aus Metall.
    Im ersten Stock öffnete sich ein Fenster, und eine körperlose Stimme wehte zu mir hinunter. »Ich komme gleich. Lauf nicht davon.« Also ließ ich mich, die Blumen zu meinen Füßen, am Randstein nieder.
    Zehn Minuten später öffnete sich langsam die Tür. Die Frau, die aufmachte, war nicht außer Atem. Sie griff nach den Blumen.
    »Victoria«, sagte sie. »Natalya.« Mit ihrer milchweißen Haut und den hellblauen Augen ähnelte sie Renata, nur dass ihr Haar schrillpink und tropfnass war.
    Ich reichte ihr die Blumen und wandte mich zum Gehen.
    »Hast du es dir anders überlegt?«, fragte Natalya.
    »Verzeihung?«
    Natalya wich zurück, als wolle sie mich hereinbitten. »Wegen des Zimmers. Ich habe Renata gewarnt, dass es eher ein Wandschrank ist, aber sie meinte, das würde dich nicht stören.«
    Ein Zimmer. Das Geld in meinem Rucksack. Renata hatte eine Lösung für mich arrangiert, und zwar ohne mir zu verraten, dass sie alles wusste. Mein erster Impuls war, vor dieser offenen Tür davonzulaufen. Doch die Erkenntnis, dass ich keine Ahnung hatte, wohin, siegte.
    »Wie viel?«, erkundigte ich mich und trat einen Schritt zurück.
    »Zweihundert im Monat. Du wirst schon noch sehen, warum.«
    Sprachlos blickte ich die Straße hinauf und hinunter. Als ich mich wieder umdrehte, hatte Natalya den leeren Laden bereits durchquert und stieg eine steile Treppe hinauf.
    »Ob du mitkommst oder nicht, ist deine Sache, aber mach auf jeden Fall die Tür zu.«
    Ich holte tief Luft, ließ beim Ausatmen die Lippen flattern und trat ein.
    Die Zweizimmerwohnung über dem leeren Laden wirkte, als sei sie eigentlich als Bürofläche geplant gewesen. Ein dünner strapazierfähiger Teppichboden auf Beton und eine Küche mit einem langen Tresen und einem kleinen Kühlschrank. Das Fenster über der Kochzeile stand offen und bot Blick auf ein Flachdach.
    »Offiziell darf ich das Zimmer nicht vermieten«, sagte Natalya und wies auf eine halbhohe Tür an der Wand neben dem Wohnzimmersofa. Sie schien zu einem Lagerraum oder einer Wassertherme zu führen. Natalya reichte mir einen Schlüsselbund mit sechs numerierten Schlüsseln. »Nummer eins«, verkündete sie.
    Ich ging in die Knie, öffnete die niedrige Tür und kroch hinein. Das Zimmer war zu dunkel, um es sich anzuschauen. »An der Lampe hängt eine Schnur«, meinte Natalya. Ich tastete in der Finsternis herum, bis ich die Schnur im Gesicht spürte, und zog daran.
    Eine nackte Glühbirne beleuchtete ein leeres blaues Zimmer, so blau wie die Palette eines Malers an Bord eines Schiffs auf hoher See und so strahlend wie von der Sonne beschienenes Wasser. Der Teppich war weiß und flauschig und wirkte beinahe lebendig. Fenster gab es keine. Der Raum war groß genug, um sich auf dem Boden auszustrecken, allerdings zu klein für ein Bett oder eine Kommode, selbst wenn ich Möbel hätte finden können, die durch die niedrige Tür passten. An einer Wand entdeckte ich eine Reihe von Messingscharnieren, und als ich genauer hinsah, stellte ich fest, dass sie den Abstand zwischen der Wand und einer Tür von gewöhnlicher Größe überbrückten. Licht

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