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Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Titel: Die verborgene Sprache der Blumen / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Diffenbaugh
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Ladefläche eines Pick-ups saß ein Jugendlicher und ließ die in schweren Stiefeln steckenden Füße baumeln. Auf einem Tisch vor ihm lagen zu festen Sträußen gebundene Rosen.
    »Das ist der Stand meiner Schwester«, fuhr Elizabeth fort. »Und siehst du den Jungen? Inzwischen ist er offenbar fast schon ein junger Mann. Das ist mein Neffe Grant. Wir sind uns noch nie begegnet.«
    »Was?«, sagte ich verwundert. Aus Elizabeths Gutenachtgeschichte hatte ich geschlossen, dass sie und ihre Schwester sich nahestanden. »Warum nicht?«
    »Das ist eine lange Geschichte. Meine Schwester und ich haben seit fünfzehn Jahren nicht mehr miteinander gesprochen. Nur, um nach dem Tod meiner Eltern den Besitz aufzuteilen. Catherine hat die Gärtnerei übernommen, ich den Weinberg.« Der Jugendliche sprang von der Ladefläche, um einem Kunden Wechselgeld herauszugeben. Langes braunes Haar fiel ihm ins Gesicht, und er schob es sich aus den Augen, bevor er einem alten Mann die Hand schüttelte. Seine Hosenbeine waren ein wenig zu kurz und seine langen, mageren Gliedmaßen das Einzige, was er, soweit ich es aus dieser Entfernung beurteilen konnte, mit Elizabeth gemeinsam hatte. Anscheinend betrieb er den Blumenstand allein, und ich fragte mich, warum Catherine nicht hier war.
    »Das Seltsame ist«, sagte Elizabeth, während sie mit ihrem Blick den Bewegungen des Jungen folgte, »dass ich sie heute zum ersten Mal in fünfzehn Jahren vermisse.«
    Als der Junge den letzten Rosenstrauß einem vorbeigehenden Paar zuwarf, drehte Elizabeth sich zu mir um, legte mir den Arm um den Rücken und zog mich näher zu sich heran. Ich wollte mich losreißen, aber sie grub die Finger in meine Seiten und hielt mich fest.

10.
    D er Mistelzweig ruhte auf meinem Brustbein, und ich beobachtete, wie er sich unregelmäßig hob und senkte. Weder mein Herzschlag noch mein Atem hatten sich beruhigt, seit ich die Antwort des fremden Mannes in meiner Handfläche gelesen hatte.
    Ich erinnerte mich nicht, was ich mit den Eimern voller gelber Blumen getan hatte. Jedenfalls musste ich irgendetwas mit ihnen gemacht haben, denn zur Mittagszeit standen auf der Ladefläche von Renatas Laster viele Sträuße Sonnenschein und rollten die Schnellstraße entlang, um einer Frau die Hochzeit so kurz vor Wintereinbruch zu erhellen. Ich war allein und hatte mich auf dem Arbeitstisch ausgestreckt. Renata hatte mich gebeten, mich um den Laden zu kümmern, aber niemand erschien. Für gewöhnlich war sonntags geschlossen. Ich hatte zwar die Tür offen gelassen, allerdings das Licht gelöscht. Das hieß, dass ich nicht im eigentlichen Sinne gegen Renatas Anweisungen verstieß, jedoch auch keine Kundschaft anlockte.
    Trotz des kühlen Morgens war meine Stirn schweißnass. Ich war in einem an Todesangst grenzenden Zustand der Begeisterung erstarrt. Jahrelang waren meine Blumenbotschaften hartnäckig missachtet worden, ein Grund, warum meine Art, mich mitzuteilen, mir Sicherheit vermittelte. Leidenschaft, Vertrautheit, Widerspruch oder Zurückweisung – nichts von alldem war möglich in einer Sprache, in der einem niemand antwortete. Doch dieser kleine Mistelzweig änderte alles, falls der, der ihn mir gegeben hatte, seine Bedeutung verstand.
    Ich versuchte, mich zu beschwichtigen, indem ich einen Zufall herbeiredete. Der Mistelzweig galt als romantische Pflanze. Vermutlich malte er sich aus, wie ich ihn mit einem roten Band am Holzgerüst seiner Bude befestigte und mich darunterstellte, um mich von ihm küssen zu lassen. Allerdings kannte er mich nicht gut genug, um auch nur zu erahnen, dass ich so viel Nähe niemals gestatten würde. Aber obwohl wir nur wenige Worte miteinander gewechselt hatten, wurde ich das Gefühl nicht los, dass er mich durchschaute. Ihm war klar, dass ein Kuss nicht in Frage kam.
    Ich würde reagieren müssen. Falls er mir erneut eine Blume schenkte, deren Botschaft wieder genau passte, würde ich nicht länger leugnen können, dass er genau wusste, was er tat.
    Mit zitternden Beinen kletterte ich vom Tisch und schleppte mich in die Kühlkammer, wo ich mich zwischen den kalten Blumen niederließ und mir eine Antwort zurechtlegte.
     
    Renata kehrte zurück und fing an, mich in der Kühlkammer hin und her zu scheuchen. Es musste noch ein Auftrag, ein kleiner, ein Stück den Hügel hinunter ausgeliefert werden. Während ich die übrig gebliebenen gelben Blumen einsammelte, holte sie eine blaue Keramikvase.
    »Wie viel?«, erkundigte ich mich, weil der Umfang

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