Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung
Name?«
»Artjom.«
»Monsieur Cortes erwartet Sie, Monsieur Artjom!«, verkündete der Türsteher glücklich, nachdem er in seinen Unterlagen nachgeblättert hatte. »Tisch drei auf der zweiten Ebene. Treten Sie ein!«
Artjom überlegte, ob er dem Wachmann ein Trinkgeld zustecken sollte, doch er wollte nicht riskieren, ihn zu beleidigen.
Die innere Tür öffnete sich automatisch, und Artjom tauchte ins pralle Leben der Eidechse ein. Der Club empfing ihn mit einer Flut bunter Lichter und wummernden Bässen, die den Boden vibrieren ließen. Aus dem Halbdunkel frästen rotierende Scheinwerfer ein Gewitter von zuckenden Bildern: nackte Tänzerinnen in einem funkelnden Käfig, ein Gewirr sich rhythmisch windender Körper auf der Tanzfläche, gestikulierende, lachende, schwatzende und turtelnde Menschen an einer schier endlosen Bar. Die ungezwungene Atmosphäre dieser ausgelassenen Feier gefiel Artjom, und er hatte Lust, sich ins Getümmel zu stürzen. In einer Ecke rekelte sich eine groß gewachsene Brünette auf dem Schoß
eines biertrinkenden Kolosses, daneben wiegten sich zwei junge Frauen in halbaufgeknöpften Einteilern eng umschlungen im Takt der Musik. Aus einem anderen Winkel schallte das Gelächter einiger muskulöser Kerle, die um eine vollbusige Dame mit knallrot geschminkten Lippen herumstanden. Begeistert schob sich Artjom an der Bar entlang durch die Menge, fragte sich, wo sich hier wohl die zweite Ebene befinde, drehte sich etwas ungeschickt um und …
»Idiot!« Artjom blickte in das zornige Gesicht einer bezaubernden Blondine, die ein leeres Sektglas in der Hand hielt. Unter ihrer völlig durchnässten weißen Bluse hob sich drohend ihre mächtige Brust. »Kannst du nicht aufpassen, du Trampel?«
Ihr Anblick bewirkte eine vorübergehende Lähmung seiner Gesichtsmuskulatur und veranlasste ihn, sie unverwandt anzustarren.
»Das tut mir wirklich leid«, stammelte er, nachdem er sich wieder gefangen hatte. »Darf ich Sie auf ein Glas einladen?«
Die junge Frau strich sich eine störrische Locke aus dem Gesicht, die sich aus ihrer kunstvoll-chaotischen Frisur gelöst hatte, und zeigte sich rasch versöhnt.
»Sliwo, Champagner!«, rief sie dem Barkeeper zu. »Mein neuer Freund zahlt.«
Die Blondine lehnte sich lässig an die Bar und stellte ihre endlos langen Beine zur Schau. Eine gefühlte Ewigkeit glitt Artjoms Blick von den hochhackigen Pumps über nackte Haut empor, bis er sich schließlich im letzten Moment in einer Art Lendenschurz verfing. Außer
diesem Nichts von einem Röckchen und der weißen, über dem Nabel verknoteten Bluse, hatte die junge Frau absolut nichts an. Das sah Artjom genau.
»Bist du zum ersten Mal hier? Mit wem bist du da? Mit einer Frau? Ich heiße Lana, und du?«, redete sie auf ihn ein.
»Artjom.«
»Ein schöner Name. Wie findest du meinen? Warum sagst du denn nichts?« Lana redete wie ein Wasserfall. »Bist du schüchtern? Ich liebe schüchterne Männer! Sie sind so süß und hilflos. Und ich liebe Champagner! Clicquot! Die Franzosen sind großartig! Unschlagbar mit Kaviar …«
»Die Franzosen?«
»Der Clicquot!« Sie beugte sich vor und zwinkerte ihm komplizenhaft zu. »Oder stehst du mehr auf Kokain? Kann man hier besorgen, kein Thema.« Das hinreißende Wesen lehnte sich gegen Artjoms Schulter und gab ihm unzweideutig zu verstehen, dass …
Artjoms Gehirn war gerade dabei, sich endgültig abzuschalten, als eine aufgeregte Stimme ihn wachrüttelte.
»Monsieur Artjom, Monsieur Artjom!« Ein kleiner Dicker in einem knallroten Sakko zog ihn am Ärmel. »Sie werden erwartet.«
Artjom wandte sich um und betrachtete staunend das skurrile Geschöpf, das ihn am Ärmel zog. Unter dem roten Sakko trug der Zwerg ein Hemd, das so gelb war, dass man davon blind werden konnte, eine orangefarbene Hose und eine grüne, rot gepunktete Krawatte. Sein linkes
Ohr zierte ein Ohrstecker mit einer großen Perle und an seinen Fingern funkelten mehrere klobige Ringe.
»Wer sind Sie?«
»Ich bin Wambo«, teilte der Dicke mit und wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Glatze. »Der Geschäftsführer des Clubs. Sie sind doch Monsieur Artjom?«
»Ja, der bin ich.«
»Ich bringe Sie zum Tisch von Monsieur Cortes.«
Artjom breitete die Arme aus und sah Lana bedauernd an.
»Ich verstehe schon, kein Problem«, sagte die junge Frau mit einem lasziven Lächeln. »Ich bleibe einstweilen hier.«
Artjom nickte und verschwand mit Wambo im Getümmel.
»Sie müssen hier ein
Weitere Kostenlose Bücher