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Die verborgenen Bande des Herzens

Die verborgenen Bande des Herzens

Titel: Die verborgenen Bande des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Deveney
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Fragen, die Sie mir stellen.«
    Himmel, denke ich bei mir, während ich Alex beobachte, er ist sich selbst der größte Feind. Genau wie ich es mir vorher ausgemalt hatte. Perfekt, in der Tat. Die beiden bringen sich gegenseitig in Rage. Gut, dass ich nicht zugelassen habe, dass Jack seine junge Kollegin Margaret Forrester schickt. Sie hätte eimerweise Mitgefühl und Anteilnahme über Alex ausgeschüttet, was keinem von uns genutzt hätte. Gewiss, Jack würde die Sache völlig anders angehen, wenn er eine Frau vor sich hätte. Und falls diese Frau darüber hinaus attraktiv wäre, würde er sie am Ende des Interviews auch noch dazu bringen, ihm ihre Telefonnummer zu geben.
    »Vermissen Sie Carol Ann?«
    »Was glauben Sie denn?«
    »Fällt Ihnen irgendein Grund ein, weswegen sie vielleicht weggegangen ist?«
    »Nein.«
    »Machen Sie sich Sorgen, die Leute könnten Sie verdächtigen, etwas mit ihrem Verschwinden zu tun zu haben?«
    »Sie sind der Erste, der etwas in dieser Richtung andeutet.«
    Jack hebt die Augenbrauen, hält den Stift gezückt. Er wartet, bis Alex den Blick auf ihn richtet.
    »Glauben Sie, dass sie noch am Leben ist?«
    Einen Moment lang steht Alex am Klippenrand, unschlüssig. Ich kann förmlich sehen, wie er überlegt, ob er springen, sich dem freien Fall, der Gnade von Wind und Wellen überlassen soll. Er lässt den Kopf sinken, legt die Hände an die Wangen. Er ist sich über nichts mehr sicher. Jetzt ist es nur noch eine Frage von Minuten, bis er seine innersten Ängste preisgibt, seine Befürchtungen, dass sie nicht mehr am Leben ist, und dann wird er tatsächlich stürzen und stürzen, hinunter ins Nichts. Ich beobachte ihn mit angehaltenem Atem, warte auf den Sprung. Und dann, in letzter Minute, nimmt er all seine verbliebene Kraft zusammen, und von der Anstrengung, die es ihn kostet, läuft ein Zittern durch seinen Körper, wie elektrischer Strom, und er tritt von dem Klippenrand zurück.
    »Ich weiß, ehrlich gesagt, überhaupt nichts mehr«, sagt er mit ruhiger Stimme.

42. Kapitel
    Carol Ann
    D as kleine Haus oberhalb des Strands ist die Erfüllung meines sehnlichsten Traums. Für alles, was ich mir je gewünscht und nie bekommen habe, werde ich entschädigt werden, wenn ich endlich innerhalb dieser Mauern leben kann. Das Haus verkörpert für mich Frieden und Sicherheit und Wohlbefinden. Vielleicht auch ein wenig Einsamkeit, doch nüchtern betrachtet ist es nun einmal so, dass man in seinem Leben allein dasteht. Ich bin daran gewöhnt, allein zu leben. Ich war allein, als ich mit Alex zusammenlebte.
    Michael erweckt das kleine Haus liebevoll zum Leben, als würde er diesen Traum mit mir teilen, ja, fast als spürte er instinktiv, worum es mir dabei geht. Immer wenn ich ihn dort besuche, wundere ich mich aufs Neue, dass ich nun eine Tür öffnen kann, wo früher nur ein leerer, gähnender Raum war, offen für Wind und Regen und die Schafe und den Geruch nach feuchtem Gras. Ich gehe durch die Tür, wie Alice im Wunderland durch das Kaninchenloch, wissend, dass auf der anderen Seite die Verwandlung stattfindet. Wenn ich die Tür hinter mir zumache, betrete ich eine andere Welt.
    Ein Radio spielt in der Ecke. Michael lächelt mich an und legt sein Werkzeug nieder. Er hat hier das Sagen.
    »Schau mal«, sagt er und winkt mich in den Küchenbereich. Die Welt hinter der Tür ist eine Miniaturwelt, wie ein Puppenhaus. Alles hier ist winzig. Und dennoch mag ich es, dieses Gefühl, dass sich alles in dem Haus auf das Notwendigste beschränkt. Ich habe mein altes Leben hinter mir gelassen und nur mich selbst mitgenommen. In meinem neuen Leben habe ich schon wieder viel zu viele Dinge angesammelt für das Leben in dem kleinen Haus am Meer. Von manchen werde ich mich wieder trennen müssen. Vielleicht habe ich mich deshalb mit so vielen Dingen umgeben, um mir ein Gefühl von Verwurzelung, Dauerhaftigkeit zu verschaffen, und dennoch ist mir diese Hütte am Strand lieber, diese Art Provisorium. Denn im Leben ist ohnehin nichts von Dauer.
    »Schau«, sagt Michael. Die Küche ist gelb gestrichen, wie ich es angeordnet habe, dazu dunkelgrüne Fliesen, Farben wie in einem spanischen Zitronenhain. Michael deutet auf die kleine Arbeitsplatte und den Küchenschrank neben der winzigen Spüle. Das Becken ist aus Edelstahl, und obwohl es schon angeschlossen ist, kleben immer noch die Etiketten der Hersteller daran. Der Geruch nach frischer Farbe und frisch gesägtem Holz hat den Geruch nach Dung und Feuchtigkeit

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