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Die verborgenen Bande des Herzens

Die verborgenen Bande des Herzens

Titel: Die verborgenen Bande des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Deveney
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schwarzen Locken ist jung, schlank und modisch gestylt. Sie lächelt freundlich. Sie trägt schwarze Hosen und ein schwarzes Top und hat die Bänder ihrer langen weißen Bistroschürze mehrmals um ihre Taille geschlungen und lässig geknotet. Was ich gern hätte? Bei der Frage muss ich unwillkürlich lächeln. Ich kann aus der ganzen Karte auswählen. Endlich kann ich bestellen, was ich will.
    Cara May gönnt sich zum Frühstück einen Heidelbeer-Muffin und trinkt dazu einen großen Espresso. Vielleicht auch zwei. Der Muffin ist noch warm und weich und enthält jede Menge Heidelbeeren, deren blauer Saft den hellen Teig durchzieht. Ich muss nicht erst mordsmäßig üben, Cara May zu sein. Ich verstehe augenblicklich, wie sie tickt. Ich lebe nicht in ihr; ich bin sie. Sie ist ich, die Frau, die zu sein ich mir nie gestattet habe.

5. Kapitel
    Karen
    K urz vor der Tür blieb McFarlane stehen und drehte sich noch einmal um.
    »Mackie«, sagte er, als würde er einer plötzlichen Eingebung folgen, »vielleicht sollten Sie bei diesem Gespräch ebenfalls dabei sein.« Ich blieb wie angewurzelt stehen, während McFarlane seinen Weg fortsetzte, aus dem Zimmer ging und die Tür hinter sich offen ließ. Mackie drehte grinsend seinen Bürostuhl in meine Richtung und nahm diese grässliche Sitzposition ein, auf die er sich spezialisiert hat: die Beine gespreizt und lang ausgestreckt, als wollte er sagen, schaut mich an, ich bin der Größte. Sein Körpergeruch stieg mir in die Nase und haute mich schier um, Schweiß, gefolgt von billigem Rasierwasser. Sein Schmerbauch, der sich in Falten legte wie ein Akkordeon, drohte die Knöpfe seines Hemds zu sprengen. Sein Bürostuhl ächzte unter seinem Gewicht, als er sich erhob. Er blinzelte mir zu.
    »Komm, Karen. Wir wollen doch den Boss nicht warten lassen.«
    So, und nun sitze ich also mit Mackie an meiner Seite vor McFarlanes Schreibtisch und höre mir sein Gelabere an. Wie mein Boss sagt, weiß er, dass wir beide uns für die Stelle bei der Kriminalpolizei interessieren, und deshalb will er uns in den nächsten Monaten dem einen oder anderen Test unterziehen und beobachten, wie wir mit diesen Situationen fertigwerden. Während er redet, wandert mein Blick immer wieder zu einem Foto auf seinem Schreibtisch, ein Schnappschuss von seiner Frau und seinen vier maushaarigen, rübenköpfigen Kindern. Vier Kinder, das ist zu offensichtlich. Ich glaube, dass er damit etwas vertuschen will. Ich halte ihn nach wie vor für schwul.
    Rasch richte ich meinen Blick wieder auf sein Gesicht, als ich vernehme, dass er Mackie einen Betrugsfall übertragen will, denn wenn Mackie eine Schwäche habe, meint McFarlane, dann die, dass er bei seiner Arbeit nicht systematisch genug vorgehe. Bei dieser Gelegenheit könne Mackie nun zeigen, ob er in der Lage sei, eine detaillierte Analyse eines Falls zu liefern.
    »Und nun zu Ihnen, Karen«, fährt er fort. »Wo liegt Ihre Schwäche, was glauben Sie?«
    »Ich denke, ich bin ein ziemlicher Allrounder.«
    »Vielleicht sind Sie doch nicht ganz so clever, wie Sie glauben, Karen«, erwidert er und zieht einen Behälter mit Büroklammern zu sich her. Ich verschränke die Arme vor der Brust. Den Satz hab ich schon tausendmal gehört. Eine krächzende Stimme, wie ein Papagei, meldet sich in meinem Kopf. Na, ist er nicht ein hübsches Vögelchen?
    Als er verkündet, dass er mir einen Vermisstenfall übertragen will, muss ich all meine Selbstbeherrschung aufbieten, um nicht seinen Schreibtisch zu packen und umzuwerfen. Mackie braucht keinen Ton zu sagen. Ich spüre regelrecht, wie sein Schwabbelbauch in Schwingungen gerät, weil es ihn so viel Mühe kostet, nicht loszuprusten. Es geht dabei nicht um den üblichen Vermisstenfall, fährt McFarlane fort in dem Versuch, mir die Sache schmackhaft zu machen. Nicht jemand, der gefährdet ist aufgrund einer psychischen Erkrankung. Es handelt sich auch nicht um einen Alkoholiker oder Demenzkranken oder jemanden, der schon tausendmal ausgerissen ist. Nein, anscheinend ist es eine nette, gut situierte Frau – also, in anderen Worten, jemand aus McFarlanes Mittelschicht –, die vor zwei Tagen einfach spurlos verschwunden ist. Ich soll die erste Untersuchung durchführen und einschätzen, ob es irgendwelche verdächtigen Umstände gibt, die ein Einschalten der Kriminalpolizei erforderlich machen.
    »Ich übertrage Ihnen den Fall, Karen, weil ich der Meinung bin, dass Sie Ihre empathischen Fähigkeiten ausbauen müssen«, sagt

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