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Die verborgenen Bande des Herzens

Die verborgenen Bande des Herzens

Titel: Die verborgenen Bande des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Deveney
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noch einmal gesehen?«
    »Nur einmal. Als mein Job hier zu Ende war und ich meine Zelte hier abbrach und wieder nach Hause fuhr. Ich rief sie an, um ihr zu sagen, dass ich wegziehen würde. Da willigte sie ein, sich mit mir auf einen Kaffee zu treffen.«
    »Haben Sie darüber geredet, was damals in der Nacht in dem Hotel passiert ist?«
    Er schüttelt den Kopf. »Ich dachte erst, wir würden es zur Sprache bringen, aber dann ließen wir es sein. Wir tranken unseren Kaffee, sagten einander Lebewohl und gingen unserer Wege. Und das war’s dann.«
    »Aber jetzt sind Sie wieder hier in der Stadt.«
    »Ja, aber nur für zwei Wochen.«
    »Warum wollten Sie sie wiedersehen?«
    »Weil ich nie aufgehört habe, an sie zu denken.«
    Seine Stimme klingt belegt. Er schaut auf seine Armbanduhr. »Hören Sie, ich … ich muss jetzt wirklich ins Geschäft zurück.« Er nimmt eine Visitenkarte aus seiner Brieftasche und kritzelt eine Handynummer darauf. »Unter dieser Nummer können Sie mich erreichen, wenn Sie mich brauchen. Ist es okay, wenn ich jetzt gehe?«
    »Gibt es sonst noch etwas, das Sie mir erzählen könnten? Sie haben sie also seit jenem Tag nicht mehr wiedergesehen?«
    Er schüttelt verneinend den Kopf.
    »Gut. Sie können jetzt gehen. Ich übernehme die Rechnung. Wenn ich Sie brauche, melde ich mich bei Ihnen.«
    Er nickt und geht. Ich beobachte ihn, wie er achtsam die Restauranttür hinter sich zuzieht. Draußen auf der Straße bleibt er einen kurzen Moment stehen, greift Halt suchend mit einer Hand an die Hauswand, holt tief Luft. Als er den Arm hebt, rutscht seine Jacke zur Seite und gibt den Blick frei auf seine ausgebeulte Anzughose, die formlos über seinem breiten Hintern hängt.
    Du meine Güte, Carol Ann, schießt es mir durch den Kopf, während ich einen Zahnstocher aus dem kleinen Behälter in der Mitte des Tisches nehme. Mädchen, wie verzweifelt musst du gewesen sein, es überhaupt nur in Erwägung zu ziehen.

18. Kapitel
    Carol Ann
    I ch habe es mir zur Gewohnheit gemacht, in der Dämmerung nach den Schweinwerfern des Wagens Ausschau zu halten, aber heute ist es bereits stockdunkel, als der tanzende Lichtkegel durch meine Vorhänge dringt. Der Mann wendet an der üblichen Stelle und lässt die Scheinwerfer voll aufgeblendet, um den Weg in den Friedhof hinein auszuleuchten. Ich beobachte, wie er sein Bein aus dem Wagen hievt wie eine schwere Last. Dann macht er sich mit schleppenden Schritten auf den Weg zum Grab, während ich den Vorhang zuziehe und in die Küche gehe, um den Wasserkocher einzuschalten. Als ich mit einer Tasse Tee wieder ins Wohnzimmer zurückkehre, werfe ich erneut einen Blick durch den Spalt im Vorhang und kann den Mann nirgends entdecken. Doch dann erkenne ich seine Gestalt, die mit dem Grabstein regelrecht verschmolzen scheint. Er kniet vor dem Kreuz, umklammert es, wie ein Ertrinkender eine Boje, lehnt den Kopf gegen den Stein.
    Ich bin unschlüssig. Ich ziehe den Vorhang wieder vor und setze mich in den Sessel gegenüber dem Fenster. Auf der Armlehne liegt die Tageszeitung, ich nehme sie halbherzig in die Hand, starre blicklos auf die Titelseite. Der Tee in der Tasse vor mir auf dem Tisch hat bereits zu dampfen aufgehört. Das Licht der Scheinwerfer draußen hat sich noch nicht bewegt. Zögernd stelle ich mich wieder neben das Fenster, schiebe den Vorhang einen kleinen Spalt zur Seite. Ich habe keine Ahnung, welchen Anblick ich erwarte, aber der Mann ist immer noch da, kauert neben dem Stein.
    Ich schlüpfe in meine Schuhe, lege mir meine Strickjacke um die Schulter, öffne die Haustür, und ein Schwall kühle Luft empfängt mich. Unschlüssig schaue ich hinüber zum Friedhof, gehe ein paar Schritte vor die Tür, besinne mich, mache kehrt, nur um mich gleich darauf wieder anders zu entscheiden. Mit leisen Schritten mache ich mich auf den Weg. Im Friedhof drinnen knirscht der Kies unter meinen Schuhen. Der Mann hört das Geräusch und will sich aufrichten, doch er kann sich nur sehr langsam bewegen. »Bleiben Sie nur«, sage ich leise. »Bleiben Sie nur.« Ich gehe neben dem Grab in die Hocke, während er sich von dem Grabkreuz löst. Er schaut mich nicht an.
    Ich lege meine Hand auf seinen Arm. »Ich wohne in dem Haus gleich dort drüben, über der Straße«, sage ich. »Ist alles okay mit Ihnen?«
    »Es geht mir gut, danke«, sagt er förmlich. Seine Mütze liegt zusammengeknüllt in seiner Hand.
    »Brauchen Sie Hilfe? Soll ich jemanden für Sie holen?«
    »Nein.«
    »Möchten Sie

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