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Die Verborgenen

Die Verborgenen

Titel: Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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öffnete den Mund und drückte seine Zähne in die Eisenstange unter sich. Das Metall fühlte sich kalt an seinen Lippen an. Er schmeckte den Rost. Seine Kiefer drückten immer heftiger zu, bis er hörte, wie sein rechter Backenzahn abbrach. Der Schmerz war so heftig, als hätte man ihm einen brennenden Nagel in den Kiefer gerammt, doch sein Kopf wurde ein wenig klarer. Und der Schmerz hinderte ihn daran, zu schreien.
    Männer in weißen Roben umrundeten das Ding. Aggie begriff, dass es auf einem dicken Tisch lag … nein, auf einem Karren , an dessen Ecken Räder mit schwarzen Autoreifen angebracht waren. Die um sich tretenden Füße hingen über eine der Kanten des Karrens. Sechs Maskierte – jeweils drei pro Ecke – traten an die Füße heran. Sie griffen nach unten, und als sie sich wieder aufrichteten, hielten sie große T-förmige Stangen in den Händen, die sie in rostige Vorrichtungen schoben, welche auf den Karren montiert waren. Die Männer lehnten sich weit zurück und begannen zu ziehen. Weitere Männer in weißen Roben drückten sich zwischen die Wand und das Heck des Karrens. Sie schoben ihn mit ihrem ganzen Gewicht.
    Während der alte Holzboden unter den Rädern stöhnte, setzte sich der Karren langsam in Bewegung. Vorsichtig drehten die Maskierten den Karren um und steuerten ihn weg von der Wand, bis das Ende mit den Füßen dem gefesselten zungenlosen Jungen zugewandt war.
    Das Cembalo spielte lauter.
    Die Männer in den weißen Roben begannen, sich hin und her zu wiegen und wie aus einem Mund zu stöhnen.
    Aggie spürte, wie ein Stück Zahn in seinem Mund schwamm. Er schluckte es.
    Jetzt sah er den Körper von der Seite – eine riesige Nacktschnecke aus menschlichem Fleisch. Er entdeckte die Arme – jedenfalls den rechten, der aus endlosen Fettwellen bestand, die so dick waren, dass man Ober- und Unterarm nicht voneinander unterscheiden konnte.
    »Venez à moi, mon amoureux«, sagte eine tiefe, dröhnende, von erotischem Versprechen erfüllte Stimme.
    Die Stimme kam vom Körper auf dem Karren. Aggie blickte nach links, an der glockenförmigen Wölbung des aufgeblähten Bauchs und der elefantenartigen Brust vorbei. Er sah den Kopf und wusste, dass es sich um Mama handelte, wegen der Hillary ihn hierhergebracht hatte.
    Hillary kniff ihn ins Ohr. Heftig. Wieder half ihm der brennende Schmerz, den Anschein geistiger Gesundheit zu bewahren.
    Ihr Kopf. O mein Gott, ihr Kopf befand sich in einer Art Kiste, die aus Metall, Leder und Holz bestand und am Karren befestigt war. Das aufgeblähte Fleisch ihrer Schultern wölbte sich so weit nach oben, dass es an den Seiten des Behälters in die Höhe ragte. Plötzlich verstand Aggie: Sie war auf so morbide Weise fett, dass ohne diese Vorrichtung ihre eigenen Fleischmassen den Kopf umschlossen und sie erstickt hätten. Einige dünne braune Haarsträhnen klebten an ihrem Schädel, der von breiten Fettwülsten überzogen war.
    »Venez à moi, mon amoureux«, wiederholte Mama.
    Das Licht von hundert Kerzen schimmerte auf ihrer weißen Haut. Sie war nicht nur bleich , sondern tatsächlich weiß , wie eine aus der Erde gegrabene Larve, die noch nie mit der Wärme der Sonne in Berührung gekommen war.
    Ihr angeschwollener Bauch schien von einem Leuchten erfüllt. Aggie wurde klar, dass er durch ihren Bauch sehen konnte – wenn auch nur bis zu einem gewissen Grad –, denn die tanzenden Kerzenflammen auf der anderen Seite des Körpers überzogen die farblose Haut und das Geflecht der Adern mit einem rosaroten Glanz.
    Er sah, wie sich etwas in diesem Bauch bewegte. Wie sich darin mehrere Dinge bewegten.
    Föten.
    Ein Dutzend? Zwei Dutzend? Einige zuckten, einige zappelten, aber die meisten bewegten sich überhaupt nicht. Sie waren nichts weiter als reglose schwarze Punkte, die in dem grauenhaften Wasserball aus Fleisch schwammen.
    Ein Mann in einer weißen Robe trat an das Rollbrett, auf dem der Junge lag. Er kippte es nach vorn und schob den Jungen auf Mamas Beine zu.
    Der Junge fing an zu schreien.
    »Mon chéri«, sagte Mama.
    Inmitten zu Boden platschender Flüssigkeit glitt ein Baby aus ihrem Körper. Es blieb zwischen ihren nassen, fetten Oberschenkeln stecken. Saurer Geschmack erfüllte Aggies Mund. Er zwang sich, ihn hinunterzuwürgen, sodass die Feuchtigkeit nicht zwischen seinen Lippen hervorspritzte und auf die Männer in den weißen Roben unter ihm tropfte. Das Baby bewegte sich nicht. Seine hellbraune Haut bildete einen deutlichen Kontrast zu Mamas

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