Die Verborgenen
erkennen, dass der Mann noch jung war, wie Sly und die anderen.
»Mein König! Ich bin Sucka! Ich habe für dich gekämpft und getötet.« Er streckte seine linke Hand aus, die so gelb war wie sein Gesicht. Er wollte Rex die Hand schütteln, als wäre Rex ein Erwachsener.
Rex schüttelte seine Hand.
Sly drückte Suckas linke Schulter. »Sucka hat sich bewährt, mein König. Er hat Issac und Alex’ Mutter umgebracht. Und dann hat er sogar eigenhändig gegen das Monster gekämpft.«
Rex schnappte überrascht nach Luft. »Du hast gegen das Monster gekämpft?«
Sucka grinste und nickte. »Er hat mit einem magischen Pfeil auf mich geschossen. Es war wirklich unheimlich. Er hätte mich erledigt, aber im letzten Augenblick kam ein Bulle aufs Dach. Ich bin weggesprungen. Die Wunde ist nicht so schnell verheilt wie normalerweise, aber sie haben den magischen Pfeil herausgezogen, und jetzt geht es mir nach und nach besser.«
Slys grüne Hand zerzauste Suckas nicht existierendes Haar. »Sucka ist tapfer. Er wird dir von großem Nutzen sein.«
Suckas Gesicht nahm einen fahlorangefarbenen Ton an. Er errötete.
Slys Lächeln verschwand. Er sah sehr ernst aus. »Mein König, bist du bereit, in die Arena zu gehen?«
Es würde gefährlich werden. Der Erstgeborene würde sie erwarten, doch Rex’ neue Freunde würden ihn beschützen.
Er nickte. »Ich bin bereit. Bring mich zu meinem Volk.«
Mama
E in weißer Tunnel führte aus der weißen Zelle. Die Tunnelwände bestanden aus denselben schlecht zueinanderpassenden Steinen und waren von ebenso vielen Schichten weißer Emaillackfarbe bedeckt wie die Wände der Zelle. Verschiedene Lampen erhellten das gewölbte Dach. Ein dickes, ursprünglich braunes Kabel, das an einigen Stellen übermalt worden war, führte von Lampe zu Lampe. Teilweise hing es ein wenig herab, teilweise war es straff an den Deckenbalken befestigt worden.
Wo die Decke nur aus Stein bestand, schienen die einzelnen Felsen so genau aneinanderangepasst worden zu sein, als hätte ein mittelalterlicher Handwerker einzelne Quader bearbeitet. Viel häufiger jedoch bildeten Feldsteine, Kacheln und Teile von Balken ein Kaleidoskop verschiedenster, von weißer Farbe bedeckter Formen.
Aggie sah eine Spur verschmierten Bluts auf dem Boden; es war der Weg, den der zungenlose Junge genommen hatte. Hillary drängte Aggie weiter. Sie kamen an einem Mann mit einer Richard-Nixon-Maske vorbei: lange Nase, tiefe Fältchen in den Augenwinkeln, breites Grinsen. Der Mann stand hinter einem zerkratzten gelben Putzeimer, der nach Bleichmitteln stank. Er wischte mit einem nassen Mopp die Blutflecken auf.
»Augenblick«, sagte Aggie. »Darf ich eine Frage stellen?«
»Vielleicht«, sagte Hillary.
Aggie wusste nicht, was das heißen sollte, aber immerhin hatte sie nicht Nein gesagt. »Was ist mit den Masken? Sie tragen keine.«
Hillary stieß ein angewidertes Knurren aus. »Weil ich la reine prochaine bin. Die ouvriers tragen Masken als Tribut an die guerriers , die ihr Leben aufs Spiel setzen, um uns mit Nahrung zu versorgen. Kapiert?«
Aggie verstand überhaupt nichts. Sprach sie Italienisch?
Offensichtlich verriet Aggies Miene seine Verwirrung. Hillary schüttelte den Kopf, hob die Hand und zog dem Mann die Nixon-Maske vom Gesicht. Als sich die Maske von ihrer Umhüllung durch die weiße Kapuze löste, hielt Aggie den Atem an, denn er erwartete, etwas Grässliches zu sehen, doch es war nur ein Mann. Ein eher hellhäutiger Schwarzer. Er stand regungslos da, den Mopp in der Hand, und seine Augen starrten unter den halbgeschlossenen Lidern hervor. Sein Mund hing offen. Die Spitze seiner Zunge berührte die Innenseite seiner Unterlippe.
»Hey«, sagte Aggie, »ist er behindert?«
»Er ist ein ouvrier . Er verrichtet die Arbeit, die getan werden muss. Und jetzt halt den Mund und geh weiter, sonst verpassen wir es.«
Hillary schob Aggie vor sich her. Jeder Stoß ihrer Hand war gerade so heftig, dass er in Bewegung blieb, doch bei jeder Berührung spürte er ihre Kraft. Sie bewegten sich rasch. Mit der Zeit hatte er das Gefühl, dass Hillary nicht gesehen werden wollte.
Der schmale Tunnel bog und krümmte sich. Schon bald wich die weiße Emailfarbe braunen, schwarzen und grauen Abschnitten, den Farben tief unter der Erde. Andere Tunnel zweigten ab. Es gab kein Muster bei diesen Abzweigungen, keine Regelmäßigkeit, nur eine scheinbar endlose Folge weiterer dunkler Wege. Passagen aus Natur- und Backstein wechselten sich mit
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