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Die Verborgenen

Die Verborgenen

Titel: Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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größten der vier Schlägertypen, die Rex’ Leben zur Hölle machten. Er hatte ihn verfolgt, wie ein Löwe ein Zebra verfolgen würde. Noch immer hingen die Gerüche aus dem Traum in Rex’ Nase – verrottende Kleidung, Müll –, und noch immer erfüllten ihn zwei widerstreitende Gefühle: rasende Wut auf den brutalen Schläger aus der Schule und lähmende Angst vor jenem Ding, das irgendwo im Schatten lauerte.
    Ein Mutterleib.
    Was für ein großartiger Traum. Beinahe wäre er von einem Gebäude hinab in die Tiefe gesprungen, um dieses Arschloch Alex anzugreifen. Wäre das nicht absolut irre gewesen?
    Im Traum hatte es noch andere Menschen gegeben, Menschen, die Seite an Seite mit Rex auf die Jagd gegangen waren. Zwei Menschen. Zwei Menschen mit seltsamen Gesichtern. Träume waren so verrückt.
    Sein Schwanz pochte so heftig, dass es wehtat. Es war eine andere Art Schmerz als derjenige, den er an allen übrigen Stellen seines Körpers empfand. Wachstumsschmerzen, hatte Roberta das genannt. Er wusste noch immer nicht genau, was das bedeuten sollte. Die Schmerzen waren erst vor wenigen Tagen wie aus dem Nichts aufgetaucht. Vielleicht hatte sie ja recht. Schließlich hatte er gerade seinen ersten Steifen bekommen – mag sein, er wuchs auch sonst noch. Vielleicht würde er noch sehr viel mehr wachsen, sodass er nicht mehr der kleinste Junge auf der Highschool wäre.
    Vielleicht … vielleicht würde er so groß werden, dass er es den Schlägern heimzahlen konnte.
    Dass er einen Ständer hatte, war eine gewaltige Erleichterung. Wenigstens in dieser Hinsicht war er wie die anderen Jungen.
    Rex stieg aus dem Bett, wobei er sorgfältig darauf achtete, dass die knarrenden Bodendielen seine Mutter nicht weckten. Würde Roberta zu dieser Zeit aufwachen, wäre das wirklich sehr schlimm.
    Vorsichtig berührte er seine Nase. Sie war noch immer wund. Das hatte nichts mit den Gliederschmerzen zu tun, sondern kam daher, dass ihm Alex gestern ins Gesicht geschlagen hatte. Es war kein heftiger Schlag gewesen, doch Rex war zu Boden gegangen. Sollte Alex jemals mit voller Kraft auf Rex einschlagen …
    Rex wollte lieber nicht darüber nachdenken. Er ging an seinen Schreibtisch und schaltete die Lampe an. Er musste ein Symbol zeichnen, das er im Traum gesehen hatte, etwas, das – wie er ganz genau wusste – seine Angst vertreiben würde. Und er wusste auch, was er nach dem Symbol zeichnen würde: eines jener seltsamen Gesichter, die er im Traum gesehen hatte, ein Gesicht, das ihn eigentlich hätte erschrecken sollen und ihn in Wahrheit überhaupt nicht erschreckt hatte.
    Zum Schluss würde Rex Alex zeichnen. Alex und all die Dinge, die Rex ihm liebend gern angetan hätte.
    Sein Zeichenblock wartete auf ihn.
    Rex zeichnete.

Aggie James, Entenküken und Häschen
    A ggie James wickelte den schmutzigen Schlafsack noch enger um sich. Selbst zwei Schichten Pappe schafften es nicht, ihm die Kälte vom Leib zu halten, die vom Boden aufstieg. Er hatte sich hinter einen Müllcontainer gequetscht, der wenigstens einen Teil des leichten Windes abhielt, doch der nächtliche Nebel San Franciscos drang in seine Kleider, in jeden Atemzug, der seine Lungen füllte, und sogar in den Schlafsack, den er mit so viel Glück gefunden hatte. Der Schlafsack war rot und mit kleinen Entenküken und Häschen verziert. Er hatte nicht allzu weit entfernt von hier auf einem Müllcontainer gelegen.
    Aggie fühlte die Kälte und die Feuchtigkeit, doch eigentlich setzten sie ihm heute nicht besonders zu; sie waren nicht mehr als ein Echo von Dingen, die ihm wirklich hätten zu schaffen machen können. Das Wetter spielte keine Rolle, denn er hatte einen Treffer gelandet. Einen Riesentreffer. Der Stoff war wirklich gut. Er fühlte, wie sich die Wirkung andeutete, bevor er die Nadel aus dem Arm gezogen hatte.
    Hier, unter der Hintertür eines alten Möbelgeschäfts an der Fern Street in unmittelbarer Nähe zur Van Ness, schlief er am liebsten. Die sogenannte Straße war in Wirklichkeit eine Gasse. Hier belästigte ihn niemand.
    Eine fast betäubende Wärme breitete sich durch seinen ganzen Körper bis in seine Zehennägel aus. Ja, Mann, bis in seine Zehennägel . Was konnte ihm die Kälte schon anhaben? Aggies Wärme war genau die Wärme, die er brauchte .
    Er hörte einen leichten Aufschlag und dann ein tiefes Rasseln, als sei etwas auf dem Müllcontainer gelandet.
    »Pierre, du Schwachkopf, versuch, leise zu sein.«
    »Halldd die Klappe.«
    Die erste Stimme klang

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