Die Verborgenen

aus dem Deck – ein Mast, der mit menschlichen Schädeln bedeckt war. In neun Metern Höhe befand sich ein Querbalken, der aus dem Mast ein riesiges T formte. Und dort, noch immer mit seinem Kliniknachthemd bekleidet, hing der gekreuzigte Jebediah Erickson. Lange Eisennägel, die man durch sein zerfetztes Fleisch getrieben hatte, verbanden seine blutigen Hände mit dem Querbalken und seine blutigen Füße mit dem Mast.
    Der alte Mann war wach. Zweifellos hatte er starke Schmerzen, doch man konnte erkennen, dass er darüber hinaus verdammt wütend war. Er versuchte, etwas zu rufen, doch ein Knebel in seinem Mund verhinderte, dass er die Worte bilden konnte. Zahllose Lichter befanden sich am linken und rechten Ende des T – brennende Fackeln ebenso wie verschiedenste elektrische Lampen, wie man sie auf einer Baustelle vorfinden konnte.
    Die Menge brach in Jubel aus. Jemand trat links zwischen Pookie und Rich Verde. Es war der Junge, Rex Deprovdechuk. Er trug ein rotes Samtcape und … war das vielleicht eine Krone? Ja, es war tatsächlich eine Krone. Sie bestand aus verbogenem Eisen und poliertem Stahl.
    Jesus, erlöse mich von diesem Bösen!
    Rex sah hoch zu der Menge auf dem Sims. Er breitete die Arme aus wie ein Schauspieler auf einer Bühne, wandte sich zuerst nach links und dann nach rechts, sodass alle ihn sehen konnten. Die Menge schrie begeistert. Einige Schreie klangen menschlich, andere nicht, doch jeder Laut war von furchtbarer Wut erfüllt.
    Etwas schnüffelte an Pookies rechtem Ohr. Er versuchte, sich wegzubeugen, konnte sich jedoch kaum bewegen. Er drehte sich nach rechts … und fand sich nur wenige Zentimeter von den gelben Augen des schlangengesichtigen Wesens entfernt.
    »Sauber«, sagte die Schlangenkreatur leise. »Das bekommen wir nicht allzu oft, aber die Zeiten ändern sich.«
    Vor Pookie hob Rex beide Hände noch ein wenig höher und ließ sie dann sinken. Das Publikum verstummte. Als er sprach, hallte seine jugendliche Stimme von den Wänden und der Decke der Höhle wider.
    »Jahrhundertelang haben sie uns gejagt«, sagte der Junge. »Und er hier« – er deutete auf Erickson – »hat mehr von uns getötet als jeder andere. Der Erstgeborene war nicht in der Lage, ihn euch zu übergeben. Aber ich habe es geschafft!«
    Wieder tobte die Menge. Hunderte monströse Kreaturen schüttelten die Fäuste. Sie schrien, und einige sprangen wie bei einer religiösen Erweckungsversammlung auf und ab.
    Erneut hob und senkte der Junge die Hände, um den Jubel zum Schweigen zu bringen und alle Aufmerksamkeit auf seine Worte zu lenken. Dass er so klein war, schien keine Rolle zu spielen. Er besaß die Aura, das Charisma eines geborenen Führers. Pookie konnte nicht wegsehen.
    »Schon bald werden wir unser Urteil über das Monster fällen«, sagte Rex. »Doch zuerst werden wir über die Kriminellen zu Gericht sitzen.«
    Rex drehte sich zu Pookie und den anderen um, und zum ersten Mal sah Pookie den Wahnsinn in den Augen des Jungen. Rex war psychotisch und berauscht von seiner Macht; er trug das Lächeln eines Irren im Gesicht. Wenn in Rex Deprovdechuks Körper jemals der Geist eines normalen Jungen gewohnt hatte, so war dieser normale Junge längst verschwunden.
    Rex deutete mit dem Finger auf jemanden. Pookie schauderte, denn er dachte, Rex deutete auf ihn , doch der Finger war auf jemanden rechts neben Pookie gerichtet.
    Auf den weißhaarigen Jesse Sharrow, dessen blaue Uniform von der Erde aus dem Tunnel beschmutzt war.
    »Bringt ihn nach vorn«, sagte Rex. »Möge die Gerichtsverhandlung beginnen!«

Civic Center
    A ggie hatte seine Meinung geändert. Es gab einen Gott, und wie immer dieser Gott auch aussehen mochte – er hasste Aggie James.
    Der Magnum rollte auf den Parkplatz am Trinity Place Ecke Market und Eighth. Der Psycho-Cop zu seiner Linken hatte seine Zeichnung beendet und ließ den Farbstift fallen. Er hob seine schwarze Maske hoch und musterte das Ergebnis seiner Arbeit.
    Aggie starrte die Zeichnung an. Was habe ich nur getan, um so etwas zu verdienen?
    »Du bist kein großer Künstler«, sagte Aggie.
    Clauser nickte. »Ich suche auch keine Fans.«
    Die Maske war zuvor schon beunruhigend gewesen. Doch jetzt hatte der verrückte Bulle mit dem Stift einen kindisch grinsenden Totenkopf auf das Tuch gemalt, der sich neonweiß von seinem schwarzen Hintergrund abhob.
    Und dieser Mensch, der äußerst einschüchternde Bryan Clauser, würde Aggie zurück in die Tunnel zwingen.
    Wenn sich Aggie auf