Die Verborgenen
»Zieh jetzt endlich deinen Mantel an.«
John tat es. Er schlüpfte in die Ärmel. Der vordere Reißverschluss erwies sich als zwei einfache Magnetstreifen, die das Kleidungsstück dicht schlossen, als er sie zusammendrückte. Innen im Mantel fand er mehrere tiefe Taschen. Er hob seine Ausrüstung vom Boden auf und verstaute sie.
Bryan nahm seine Schädelkappe ab. Er rollte die Maske nach vorn und musterte den herabbaumelnden Stoff. »Adam, hast du einen Marker? Irgendwas, womit ich etwas auf dieses Ding zeichnen kann?«
Adams Miene schien eine Frage auszudrücken – Wozu das denn? –, doch er sagte kein Wort. Stattdessen öffnete er eine weitere Schublade und reichte Bryan einen weißen Farbstift. »Genügt der?«
John sah, wie Bryan den Stift entgegennahm, ihn musterte und lächelte. Es war kein gesundes Lächeln.
»Es wird Zeit, dass wir loskommen«, sagte Bryan. »John, du fährst im Wagen mit uns.«
Bryan öffnete die Tür hinter dem Fahrersitz. »Aggie, du gehst in die Mitte. Wir müssen uns unterwegs unterhalten.«
Aggie stieg ein, gefolgt von Bryan. Alder kletterte von der anderen Seite her auf die Rückbank, sodass für John der Beifahrersitz übrig blieb. John warf einen Blick auf seine Harley und fragte sich noch einmal, ob er nicht einfach verschwinden sollte. Seine Wohnung lag nur zehn Minuten von hier entfernt. Sechs Jahre lang hatte er Angst vor seinem eigenen Schatten gehabt, und jetzt wollte Bryan, dass er in einen Tunnel kroch und auf Monster schoss?
John wollte verschwinden, aber er konnte nicht. Nicht, solange sie Pookie hatten.
Er stieg in den Wagen und schloss die Tür. Von Schatten umhüllt, setzte Bryan sich auf die Rückbank. Er nahm seine Kappe ab, öffnete den Stift und begann, etwas auf die Maske zu zeichnen. »Aggie, während wir unterwegs sind, solltest du mir so viel wie möglich davon erzählen, was dir in diesen Tunneln passiert ist und was du gesehen hast. Adam, bring uns zum Civic Center, schnell.«
Der mächtige Motor des Magnum dröhnte, als der Kombi vom Walgreens-Parkplatz rollte.
Die Krone
G efesselt und mit verbundenen Augen hing Pookie wie ein geschlachtetes Schwein an einer Stange und wippte im Rhythmus der Schritte der Maskierten auf und ab. Sein eigenes Gewicht, das an seinen Knochen zerrte, und die zu eng geschnürten Seile ließen seine Hand- und Fußgelenke schmerzen. Er wusste nicht mehr, wie lange die Maskierten ihn schon trugen – fünfzehn Minuten? Dreißig? Die Tunnel waren so eng, dass er spürte, wie er gleichzeitig rechts und links an schmutzigen Wänden entlangschrammte. Einmal hatten sie ihn abgesetzt und durch eine Passage geschleift, die so eng war, dass sich die Erde sogar gegen seinen Rücken und sein Gesicht drückte.
Schließlich verriet ihm der widerhallende Lärm einer Menschenmenge und das Gefühl freien Raums, dass er sich in einer viel weitläufigeren Umgebung befinden musste. War das der Ort, an dem er sterben würde? Würde es schnell gehen?
Hände hoben ihn in eine stehende Position. Die Seile um seine Hand- und Fußgelenke wurden durchtrennt, doch dieselben Hände – kräftige Hände – hielten ihn so fest, dass er nicht einmal versuchen konnte, zu fliehen. Neue Stricke legten sich um seine Brust, seinen Bauch und seine Beine. Die Stricke fesselten ihn an einen Pfosten, der sich in seinen Rücken drückte, aber wenigstens stand er jetzt wieder auf seinen eigenen Beinen.
Die Augenbinde wurde ihm abgenommen. Blinzelnd gewöhnte sich Pookie wieder an das Licht. Er befand sich in einer großen Höhle. Etwa neun Meter über ihm zog sich ein Sims die Höhlenwände entlang wie ein Deck in einem Football-Stadium, und auf diesem Sims …
Heilige Mutter Gottes …
Menschen und Monster, Hunderte von ihnen, waren da oben und blickten auf Pookie und die anderen herab.
Zu seiner Linken sah er, ebenfalls an vertikale Pfosten gefesselt, Rich Verde, Mr. Biz-Nass, Sean Robertson und Baldwin Metz. Zu seiner Rechten Jesse Sharrow, Chief Zou und ihre beiden kleinen Mädchen.
Pookie zerrte an den Stricken, doch sein Körper rührte sich nicht von der Stelle. Worauf stand er? Auf kaputten Holzplanken? Er reckte den Hals und versuchte, alles in sich aufzunehmen. Offensichtlich befand er sich auf dem Deck eines Schiffswracks. Er blickte in Richtung des zerstörten Bugs. Wenn das ein altes Schiff war – aber das war unmöglich –, befand sich die Kapitänskajüte irgendwo hinter ihm.
Nur viereinhalb Meter entfernt erhob sich vor ihm ein Mast
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