Die Verborgenen
absolut einen drauf lassen, dass es die gibt. Geht es um diesen Gang-Typen, den du im Restaurant erschossen hast? Pookie hat angerufen und mir davon erzählt.«
»Sieh mal einer an.«
»Du brauchst ihm deswegen kein blaues Auge zu verpassen«, sagte Mike. »Würde dein Partner mich nicht jede Woche anrufen, wüsste ich überhaupt nicht mehr, was in deinem Leben vor sich geht. Glaub mir, es tut nicht weh, wenn du gelegentlich mal zum Hörer greifst.«
»Wer ist bloß diese kleine jüdische Großmutter, die vor mir sitzt, und wo hat sie meinen supermännlichen Vater versteckt?«
»Sehr witzig«, sagte Mike. »Ist dir nicht klar, dass deine Mutter unwiderruflich von uns gegangen ist? Es fehlt nicht mehr viel, dann gilt das auch für mich. Du schaust nicht oft genug vorbei.«
Darauf gab es keine lässige Antwort. Bryan hatte das Glück, dass sein Vater in derselben Stadt wohnte, und doch besuchte er ihn höchstens zweimal im Monat.
»Tut mir leid«, sagte Bryan. »Ich werde das ändern. Aber es geht nicht um diesen Gangster im Restaurant. Da ist noch … etwas anderes.«
»Vergiss nie, dass du ein Clauser bist, mein Sohn. Ich kann nicht so tun, als wüsste ich, wie es ist, wenn man seinen Lebensunterhalt auf deine Art verdient. Aber unterm Strich bist du ein guter Mensch. Du machst deine Arbeit, damit ein dicker Kerl wie ich ein so glanzvolles Leben führen kann. Du musst diese schlimmen Gedanken gegen all das Gute abwägen, das du tust. Verstehst du das?«
Sein Vater hatte keine Ahnung, was er da sagte. Doch trotz allem, was Mike nicht wusste, klangen diese Worte sinnvoll.
»Ja, Dad. Das verstehe ich. Hör zu, ich möchte nicht länger über diese Dinge reden. Hast du etwas dagegen, wenn wir uns ein bisschen über die ’Niners unterhalten?«
Mike Clauser lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, ließ den Kopf nach hinten fallen und verzog das Gesicht, als hätte diesmal nicht nur jemand gefurzt, sondern ihm einen Kothaufen direkt in das linke Nasenloch geschoben.
»Die ’Niners? Mein Gott, von denen sollte ich lieber gar nicht erst anfangen, Sohn.«
Während der nächsten dreißig Minuten war Mike Clauser damit beschäftigt, mühelos sämtliche Probleme der San Francisco 49ers zu lösen und ihnen den Gewinn des Super Bowl zu verschaffen, sodass die Zeit wie im Flug verging – ohne einen Gedanken an Leichen, Träume, Symbole oder den Tod.
Dieser verdammte Pookie. Er hatte genau gewusst, was Bryan brauchte. Meistens zerrte es an den Nerven, wenn man einen Partner hatte, der sich für allwissend hielt. Doch manchmal – manchmal war es fantastisch.
Parlar, J. …?
R obin Hudson war an diesem Morgen nach nur drei Stunden Schlaf aufgestanden, hatte Emma in die Nachbarwohnung gebracht, wo sie den ganzen Tag über mit Big Max und seinem Pitbull spielen konnte, sich bei Royal Ground einen großen Kaffee besorgt (kein Zucker, weibliche Singles müssen auf ihre Linie achten), diesen hinuntergestürzt wie eine Collegestudentin beim Wetttrinken und war mit dem Motorrad zur Arbeit gefahren.
Als sie ankam, warteten die Aufgaben des Tages in Form einer Liste mit fünf Namen auf der grünen Tafel auf sie. Viermal ein NT sowie ein Fragezeichen hinter dem Namen Parlar, J.
Sie ging zum Kühlraum, öffnete die Tür und zog die Trage aus dem Fach, in dem Parlars Leiche lag. Das Fragezeichen wäre eigentlich nicht nötig gewesen, denn es bestand kaum eine Möglichkeit, dass eine natürliche Todesursache für den Zustand der Leiche verantwortlich war: Knochenbrüche und Quetschungen; mehrere Schnitte im Unterbauch; etwa zwanzig Prozent des Körpers verbrannt, vom Bauch bis zu Brust und Kopf.
Die schlimmsten Verbrennungen befanden sich im Gesicht und an den Händen, denn an diesen Stellen hatte es keine Kleidung gegeben, die Schutz gegen die Hitze hätte bieten können. Brandblasen bedeckten die Handflächen und die Unterseiten der Finger – Parlar hatte die Hände in einer abwehrenden Geste gehoben, als die Flammen zuschlugen. Offensichtlich hatte es irgendeine Explosion oder einen Feuerball gegeben. An der linken Kopfseite waren die Haare stärker verbrannt als an der rechten. Er hatte sich instinktiv weggedreht, als es geschah.
Robin las den vorläufigen Tatortbericht des Kriminaltechnikers. Bryan und Pookie waren schon wieder als Erste vor Ort gewesen? Bereits zum zweiten Mal hintereinander hatten sie einen ermordeten Teenager gefunden. Merkwürdig. Der Bericht führte auf, dass Parlar, J. nicht nur drei tiefe
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