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Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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Händen; ihr Körper erbebte unter dem ständigen Schluchzen. Johanna berührte sie sachte am Arm.
    »So beruhigen Sie sich doch. Hier sind Sie in Sicherheit. Tut Ihnen etwas weh?«
    Johanna hatte die letzte Frage gestellt, obwohl sie fast schon Gewissheit verspürte, dass es kein körperlicher Schmerz war, der die Schwester quälte. Diese heulte jetzt auf wie ein verletztes Tier, ihre Hände krallten sich in das Tuch, mit dem Johanna zuletzt ihre Wunden gesäubert hatte, und kneteten es wie im Fieber.
    Als sie keine Antwort erhielt, warf Johanna Phebe einen eindringlichen Blick zu. Diese stand schließlich auf. Sie holte zitternd Luft, ihr mächtiger Busen hob und senkte sich. »Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll … es ist so fürchterlich.« Phebe fuhr sich nervös übers Haar und biss sich auf die Unterlippe. Sie schloss die Lider, öffnete sie wieder und heftete dann ihren Blick entschlossen auf Johanna, die inzwischen ganz blass geworden war.
    »Irene kommt aus St. Paul, der katholischen Mission von Pater Rascher. Du hast sicher schon davon gehört.« Johanna nickte mechanisch. Pater Rascher kannte sie vom Hörensagen. Ludwig besuchte ihn manchmal, um, wie er sagte, den noch jungen Mann sanft auf einen anderen Weg im Umgang mit dem Stamm der Baining zu führen. Ludwig hielt Rascher für einen der besseren Popi, den nur der Bischof mit seinen Ambitionen, dem Vatikan zu gefallen, fehlgeleitet hatte. Plötzlich fuhr Johanna zusammen. Ludwig! Wohin war er noch mal gereist? Und wo blieb er nur? Ihr Atem ging mit einem Mal schneller, und sie legte die Hand auf ihre Brust, in der das Herz wie rasend zu schlagen begonnen hatte.
    »Heute Morgen ist in der Mission etwas Ungeheuerliches geschehen«, fuhr Phebe fort, die viel blasser aussah als sonst. Johanna schaute ihr besorgt zu, während Phebe weitersprach: »Die Mission wurde von den Baining überfallen.« Sie machte eine Pause, schien nach den richtigen Worten zu suchen.
    Plötzlich stand die Nonne auf und legte ihre Hand auf die Phebes.
    »Lass, Miti«, sagte sie, jetzt einigermaßen gefasst, »ich weiß, du meinst es gut. Aber du warst ja nicht dabei.« Die Nonne bekreuzigte sich, die Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepresst.
    Johannas Herz schlug nun so fest gegen ihre Rippen, dass es schmerzte. Trotz der Hitze war ihr kalt. Schweiß trat ihr auf die Stirn.
    »Um Gottes willen, reden Sie, Schwester, ich bitte Sie!«, flehte sie.
    Die Nonne schluckte schwer, atmete zitternd aus und begann: »To Mária war es.«
    »Wer ist To Mária?«, fragte Johanna verwirrt und in angstvoller Erwartung. Worauf lief dies alles nur hinaus?
    »Ein Baining, ein Getaufter. Der Pater hat ihm sehr vertraut.« Schwester Irene begann wieder zu weinen, und Phebe drückte ihre Hand. »Er war sein Hausdiener«, erklärte sie Johanna.
    Die Nonne fuhr sich mit dem Arm über die Stirn, dann sprach sie stockend weiter:
    »Nach dem Gottesdienst hat sich der Pater wieder ins Bett gelegt. Wegen seiner Malaria. Ich war gerade im Hühnerstall, um die Eier einzusammeln, da hörte ich den Schuss. Ich hab mich auf den Boden geworfen. Durch einen Schlitz sehe ich, wie To Mária aus dem Haus des Paters läuft, eine Flinte in der Hand.«
    Sie schluchzte heftig auf. Phebe ließ ihre Hand nicht los. »Der Pater … Er wankt aus dem Haus … Das Blut strömt ihm aus der Brust. Dann fällt er, bewegt sich nicht mehr …«
    »Mein Gott!« Johanna war von ihrem Sitz aufgesprungen. Die Schwester sah zu ihr hoch und nickte.
    »Das ist noch nicht alles«, flüsterte Phebe, und es klang wie eine düstere Warnung.
    »Hat dieser To noch andere erschossen?« In ängstlicher Vorahnung heftete Johanna ihren Blick auf die Nonne.
    »Schwester Anna kam aus der Küche«, fuhr die Nonne fort, ohne auf Johannas Einwurf zu reagieren, so als könne sie ihren Bericht jetzt nicht mehr unterbrechen, da sie sich endlich dazu hatte durchringen können. »Um nach dem Pater zu sehen. Und dann … noch ein Schuss. Mitten in die Stirn. To hat ihr in den Kopf geschossen.«
    Phebe bekreuzigte sich, Johanna stand starr vor Schreck. Stockend fuhr Schwester Irene fort: »Auf einmal … auf einmal waren da noch andere Männer. Baining. Mit Äxten. Die Männer hatten Äxte, sie … sie haben alle erschlagen. Alle außer mir. Ich bin davongekommen, weil ich im Stall war. Überall Blut. So viel Blut.«
    Schwester Irene schlug die Hände vors Gesicht und presste unter Schluchzen die Namen hervor: »Schwester Sophia, Plaschart,

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