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Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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getaufter Christ. Er wird mir im Haus zur Hand gehen.
Das Prunkstück von Ludwigs Haus ist eine das Gebäude umlaufende Veranda. Das Häuschen steht inmitten einer Landschaft, die aussieht wie ein Abbild des Garten Eden. Vom Haus her zieht sich der Rasen bis zum Strand hinunter, hier und dort von mächtigen Palmbäumen beschattet, unter deren Wedeln sich dicke Kokosnüsse verbergen. Den Pfad zur Siedlung säumen Bäume mit fleischigen glatten Blättern wie aus Wachs. Ihre leuchtend roten Blüten scheinen allerlei Schmetterlinge anzuziehen und auch ein buntes Papageienpärchen, das in der Krone des höchsten Baumes thronte und uns Ankömmlinge zu beobachten schien.
Später am Tag kamen Schwester Haller und Bruder Bender mit einem Willkommenstrunk vorbei. Schwester Haller hat sich anders als Bender überhaupt nicht verändert. Sie hat noch immer das liebe Gesicht, das ich aus der Sonntagsschule als Mädchen kannte. Sie trägt hier wegen der Hitze weite Kleider, weil sie luftiger sind, und sagt, sie wolle mir zeigen, wie sie zu nähen sind. Sie ist ein so praktischer Mensch. Sie und Ludwig sprachen über die viel größere Herz-Jesu-Mission Vunapope, die kaum mehr als einen Kilometer entfernt liegt und die europäische Krankenstation beherbergt. Ludwig erklärte mir, einige der Römlinge dort seien gar nicht mal so üble Zeitgenossen. Nicht der Bischof selbst, der sei arrogant und menschenverachtend, wie man es von den Papstverehrern gewohnt ist, aber ein oder zwei seiner Priester im Umland leisten wohl respektable Arbeit.
Ich war ein wenig verwundert über seine Worte. Im Allgemeinen meiden wir Katholiken, und nun findet Ludwig lobende Worte für den Feind?

Auszug aus einem Brief von Johanna Schubach an ihre Eltern,
datiert auf den 18. Juni 1902,
Phebe-Parkinson-Archiv, Archivnummer 034
Liebe Eltern!

Ich schreibe euch heute als verheiratete Frau und kann es gar nicht abwarten, euch vom großen Tag zu berichten. Mir schwirrt noch immer der Kopf von all der Aufregung!
Ich schrieb ja bereits in meinem letzten Brief, dass Ludwig nicht lange mit der Hochzeit warten wollte, und so hatten Schwester Haller und ich nur neun Tage Zeit, um alles zu planen.
Die gute Haller! Sie hat tatsächlich ein paar einheimische Hilfen aufgetrieben, und die taten ihr Bestes, uns in der Küche zur Hand zu gehen, auch wenn es beileibe nicht einfach war, sich mit ihnen zu verständigen. In der ersten Verzweiflung wollte ich die Papua sogar wieder nach Hause schicken, doch die Schwester bestand darauf, dass ich mich mit ihnen in Geduld üben möge. »Sie sind wie Kinder, sie wollen Neues lernen. Warte es nur ab!«, sagte sie. Ich ging schließlich dazu über, den Schwarzen zu zeigen, was ich von ihnen wollte, statt weiterhin wertvolle Zeit mit Reden zu vergeuden. Dadurch hatte ich sie schließlich so weit, dass sie trotz viel Gekichere und Augenrollen mit meiner aus Deutschland mitgebrachten Kartoffelreibe umgehen konnten, ohne sich dabei die Knöchel blutig zu hobeln. Und so wurde Kloßteig bereitgestellt und Kartoffelsalat zubereitet, Hühner wurden gekocht und Gänse gebraten.

Am Ende waren wir entgegen meiner Erwartung mit den Vorbereitungen doch noch rechtzeitig fertig. Es war sogar noch Zeit, mich für ein halbes Stündchen aufs Ohr zu legen, bevor ich das mitgebrachte Hochzeitskleid überziehen musste, um pünktlich um drei in der Kirche zu erscheinen. Ich bin so dankbar, dass Mutter mir zu diesem hier geraten hat. Das andere aus dem Schaufenster, das mit dem längeren Schleier, wäre bei dem Wind bestimmt lästig geworden. Ludwig hielt sich derweil beim alten Bender auf. Er hatte ihm einen ordentlichen Anzug geliehen, der von Gumbo gründlich aufgebügelt wurde.
Um kurz vor drei ging es dann zu Fuß zur Kirche, die keine dreihundert Meter von Ludwigs Haus entfernt liegt. Sie war wunderschön anzusehen, friedvoll eingepasst zwischen Himmelsblau und Palmgrün.
Ich wünschte mir, ich hätte dieses Bild auf der Leinwand für immer festgehalten. Vielleicht finde ich ja in Zukunft hin und wieder Zeit, um Raluana und seine Menschen zu malen. Ach, wenn ihr es doch nur mit eigenen Augen hättet sehen können! Ich habe euch so vermisst und denke eigentlich immerzu an euch.
Die Glocken fingen an zu läuten, und ihr Klang traf mich direkt ins Herz, als ich in das mit Palmwedeln geschmückte Kirchlein hineinging. Der schlichte Altar, den ich am vergangenen Sonntag zum ersten Mal gesehen habe, war zur Hochzeit mit den farbenprächtigsten Blüten

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