Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)
ziemlich frustrierend sein.
Im Restaurant befanden sich nicht mehr als ein Dutzend Gäste, und als sie Stimmen am Eingang hörte, drehte sie sich um. Ihr Herz tat einen unregelmäßigen Schlag, als sie Vater und Bruder zusammen auf sich zukommen sah. Bernhard war also die angekündigte Überraschung! Ihr Mut sank. Eigentlich hätte sie sich freuen sollen, doch seine Anwesenheit machte den ursprünglichen Plan zunichte, mit ihrem Vater ein tiefer gehendes Gespräch zu führen. Typisch, dachte sie. Bernhard funkte mal wieder dazwischen. Wenn sie beide dieser Tage einmal gemeinsam bei den Eltern zu Besuch waren, was selten genug vorkam, stand er ohnehin wegen seines politischen Engagements im Mittelpunkt des Interesses. Wie lief der Wahlkampf? Welche innerparteilichen Koalitionen zeichneten sich ab, und hatte er schon mit dem amtierenden Landrat ein inoffizielles Tête-à-Tête gehabt, um die zukünftigen Interessen auszuloten?
Vater und Bruder lächelten ihr zu, hoben grüßend die Hand. Katja stand auf. Sie umarmten sich, küssten einander steif rechts und links auf die Wange.
»Wenn ich mir deinen Gesichtsausdruck so anschaue, ist unserem alten Herrn die Überraschung wohl gelungen, was Schwesterchen?« Bernhard klopfte ihr auf die Schulter. Katja nahm sich zusammen, zwang sich zu einem Lächeln, das dünn geriet.
»Ja, das ist es. Schön dich zu sehen, Bernhard. Was führt dich denn hierher? Du hast doch nicht etwa mitten im Wahlkampf den weiten Weg auf dich genommen, nur um mich zu besuchen?«
»Natürlich nicht«, antwortete Rudolf für den Sohn. »Die Probleme um die Mine ziehen leider Gottes immer größere Kreise. Ich dachte, da schadet es nicht, wenn ein Jurist vor Ort ein Auge darauf wirft.«
»Sicher«, sagte sie mit verschränkten Armen. Sie wies mit dem Zeigefinger auf die Stühle. »Wollt ihr euch nicht setzen?«
Vater und Bruder folgten der Aufforderung. Die Bedienung im hellblauen Kostüm und mit einer Frangipani-Blüte hinterm Ohr brachte die Drinks von der Bar herüber und teilte die Speisekarten aus.
Wie von Katja nicht anders erwartet, entwickelte sich der Abend in eine unbehagliche Richtung. Wenn sie mit Bruder und Vater zusammen war, fühlte sie sich immer klein, und es erfüllte sie mit Zorn, wenn die beiden Männer sich in herablassendem Ton mit ihr unterhielten, als wäre dies tatsächlich der Fall. Bernhard klappte seine Karte zu und legte sie zur Seite. Er stützte die Ellbogen auf den Tisch, verschränkte die Hände ineinander und lehnte sich leicht nach vorne.
»Ich nehme, was du nimmst«, sagte er zu Katja. »Und du, Vater?« Rudolf von Beringsen nickte zustimmend, legte seine Speisekarte auf der Bernhards ab.
»Ich vertraue ebenfalls deiner lokalen Expertise.« Katja zuckte mit den Schultern.
»Wie ihr meint.« Sie bestellte für alle den Fang des Tages, gegrillt und mit den üblichen Beilagen. Dann stießen sie miteinander an, und ihr Vater begann gleich, von der Mine zu berichten. Er habe die Auseinandersetzungen mit den örtlichen Gruppierungen mittlerweile derart satt, dass er schon überlege, seine Anteile an der Mine ganz zu verkaufen.
»Entweder du bedienst dieses merkwürdige Stammessystem – wie heißt es noch gleich?«, fragte er mit Blick zu seiner Tochter.
»Wantok«, half Katja aus. »Das ist Pidgin für One Talk, was nichts anderes bedeutet, als dass die Leute, die dieselbe Stammessprache sprechen, einander unterstützen.«
»Genau das meinte ich, danke. Und dieser Unfug setzt sich bis in die Regierungskreise fort. Jemand, der von außen kommt, ist da von vorneherein zum Scheitern verurteilt.« Rudolf von Beringsen seufzte und nippte an seinem Bier. »Ein undurchdringlicher Dschungel und irre teuer obendrein.«
Katja nahm sich vor, den Abend nicht im Streit enden zu lassen, und schwieg. Bernhard berührte ihren Arm.
»Schwesterherz, wie geht es dir denn so in der Klinik unter Palmen? Alles launige Meeresbrise und Wellenrauschen, oder wird zwischendurch auch mal operiert?« Er legte den Kopf schräg und grinste sie an, als hätte er einen wahnsinnig guten Witz gelandet und erwarte nun die gebührende Anerkennung. Für eine Sekunde war Katja versucht, eine scharfe Antwort zu geben, erinnerte sich dann aber an ihr Friedensgelöbnis.
»Es wird tatsächlich hin und wieder operiert. Die Bedingungen sind zwar schwierig, es gibt ja kaum Mittel, weder für Geräte noch für Medikamente, aber wir tun unser Bestes.«
Sie setzte einen freundlichen Gesichtsausdruck
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