Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)
bedeckt. Das war bestimmt die gute Haller! Davor standen zwei kunstvoll bekränzte Stühle. Als ich vorne angekommen war, sah ich aus dem Augenwinkel, wie Ludwig sich von rechts näherte. Er machte in seinem Anzug eine wahrlich stattliche Figur.
Wir nahmen Platz, und er ergriff meine Hand und hielt sie fest. Bruder Bender hielt eine kurze Ansprache, der er Psalm 25, 10 zugrunde gelegt hatte: »Alle Wege Jehovas sind Gnad’ und Treue für die, so seinen Bund und seine Gesetze halten.« Danach erhoben wir uns, und er erteilte uns seinen Segen. Wir waren nun Mann und Frau. Ludwig drehte sich zu mir und lächelte mich an.
Nach etlichen Unterbrechungen, um die uns entgegengestreckten Hände zu schütteln, verließen wir die Kirche und gingen zurück zu Ludwigs Haus. Überall im Rasen steckten Palmenwedel, die mit Blüten und bunten Bändern geschmückt waren. Jemand hatte aus Rosen ein riesiges Herz als eine Art Torbogen gesteckt, durch das die Gäste zur gedeckten Tafel gelangten. Das erneute Läuten der Glocken begleitete uns.
Zunächst wurde fotografiert, und es dauerte eine gute Stunde, wenn nicht länger, ehe die Bilder im Kasten waren. Am Ende hatte ich vom Posieren einen ganz steifen Hals. Danach ging es endlich ans Festmahl.
Zuerst servierten Gumbo und seine Helfer Hühnerbouillon in Tassen. Ich atmete auf, als ich sah, wie gut das Süppchen den Gästen zu munden schien. Schließlich bin ich es nicht gewohnt, für eine solch große Gesellschaft zu kochen, und erst recht nicht unter diesen Umständen. In der Kolonie gibt es üblicherweise deutsche Küche, auch wenn oft die richtigen Zutaten fehlen. Man behilft sich dann mit dem, was vorhanden ist. Zum Beispiel nimmt man statt der guten deutschen Kartoffel die heimische Süßkartoffel, und wenn es keinen Schinken gibt, gibt es eben Fisch. Ansonsten legt sich jeder, so gut er kann, einen Vorrat an, wenn die Lebensmittel aus Sydney geliefert werden. Notfalls leiht man sich beim Nachbarn aus, was man braucht. Haller und ich hatten Glück, denn erst letzte Woche kam ein Schiff, und der Kolonialwarenladen führte fast alles, was wir benötigten. Manchmal veranstaltet Phebe Parkinson ein samoanisches Festessen in der Villa ihrer Schwester, das soll sehr köstlich sein. Bei Emma wird auch oft französisch gegessen, besonders wenn die deutschen Offiziere zum Mittagessen geladen sind. Nur das Feinste vom Feinen wird bei solchen Gelegenheiten serviert. Das hat Ludwig mir mit einem Leuchten in den Augen versichert.
Das edle Hutschenreuther für die Hochzeitstafel hat die Haller für mich bei den Parkinsons geborgt, und es ist gottlob nichts zerbrochen! Die Tischdekoration haben die Krausköpfe übernommen, die dafür ein ganz wunderbares Auge haben. Sie haben herrlich exotische Blüten wie zufällig über die weiße Damasttischdecke verstreut, so dass es aussah, als wären sie vom Himmel herabgeregnet. Es war wunderbar, alles so farbenprächtig und fröhlich! Im Wohnzimmer, vor den Fliegen geschützt, hatte Haller lange Tische fürs Buffet aufstellen lassen, an dem sich danach ein jeder nach Belieben bedienen konnte. Braten, gebratene Gänse mit Klößen, gekochter Schinken, Süßkartoffelsalat, Käse, Brot, Weißwein und Obstkuchen, Plätzchen, Most und Bier – es fehlte an nichts, und dementsprechend gut war die Stimmung.
Später am Nachmittag, als es schon dunkel zu werden begann und die Gesellschaft einige Flaschen Champagner geleert hatte, zündete Gumbos Truppe unter viel Gelächter kleine Feuerwerke, nachdem sie die Raketen zuvor in die geleerten Flaschen gesteckt hatten. Einige der weiblichen Gäste schrien jedes Mal spitz auf, sobald es zu zischen und zu knallen begann. Emma Kolbe, die mit einem ganzen Hofstaat erschienen war, wies ihre Entourage an, ein paar weitere Flaschen Veuve Clicquot zu öffnen, den sie in einer Holzkiste als Geschenk mitgebracht hatte. Zwei von Emmas Boys liefen daraufhin zum Meer und wateten dorthin, wo die Kiste an einer Art Ankerkette im Wasser dümpelte. Diese Methode kühlt den Champagner zwar nur mäßig, umso rascher steigt er jedoch zu Kopf. Mir zumindest. Wein und Bier kenne ich aus Deutschland, auch wenn ich Alkohol nur hier und dort einmal probiert habe. Champagner war mir neu. Er schmeckt wirklich besonders und prickelt im Hals, so dass ich ihn nur in winzigen Schlucken trinken konnte. Ganz anders Emma und auch einige der anderen Gäste! Ludwig plauderte angeregt mit dem Bischof, der auf der anderen Seite der Tafel neben dem
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