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Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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bevor sie die Beifahrertür geschlossen hatte.
    »Wo ist denn Pfarrer Reuter? Ist ihm etwas dazwischengekommen?«, fragte sie, als sie auf die Hauptstraße einbogen.
    »Herrmann lässt sich entschuldigen. Ein Krankheitsfall in der Gemeinde.«
    »Oh, das tut mir leid.«
    »Das muss Ihnen nicht leid tun. Bikman geht schon stramm auf die neunzig zu.«
    »Bikman?«
    Lambert lachte kurz auf und warf ihr von der Seite einen Blick zu. Seine hellblauen Augen blickten nicht mehr ganz so kalt wie bei ihrer Begrüßung.
    »Sorry. Das können Sie nicht wissen. Bikman nennt man die Stammesführer, wie big man – großer Mann. Häuptlinge, wenn Sie so wollen.«
    Katja schaute Lambert ein wenig genauer an. Zu seinen dünnen Leinenhosen trug er ein kurzärmeliges blaues Hemd, das einigermaßen zerknittert aussah.
    »Wir fahren gleich in die Klinik von Vunapope, wenn ich den Pfarrer recht verstanden habe?«, fragte sie nach einer Weile, um das Schweigen zwischen ihnen zu brechen.
    »Genau. Ich sagte doch, dass ich’s eilig hab.« Er fuhr sich über sein stoppeliges Kinn und brummte etwas, das Katja nicht verstand, doch sie wollte nicht weiter nachfragen. Besonders gesprächig oder auch nur höflich schien dieser Lambert nicht gerade zu sein. Übelnehmen konnte sie es ihm nicht, es passte offensichtlich nicht in sein Programm, eine deutsche Touristin durch die Gegend kutschieren zu müssen, weil Reuter verhindert war.
    »Hören Sie, es tut mir leid, wenn ich Ihnen Unannehmlichkeiten bereite. Das lag nicht in meiner Absicht.«
    Eigentlich hatte sie erwartet, dass er ihren Einwand abwiegeln, sich eventuell sogar für sein ungehobeltes Auftreten entschuldigen würde. Er hatte ihr ja noch nicht einmal die Hand geben wollen! Stattdessen schwieg er, und als sie die Stille nicht länger ertrug, hob sie kurz entschlossen die Hand.
    »Stopp! Halten Sie bitte an!« Lambert schaute sie verdattert an, doch er trat tatsächlich aufs Bremspedal und lenkte den Wagen auf den Seitenstreifen.
    »Was ist? Sie wollen doch nicht etwa aussteigen?« Seine offenen Handflächen zeigten himmelwärts, und er runzelte ungläubig die Stirn, als wolle er andeuten, sie sei nicht ganz bei Trost. Katja schaute sich um. Weit und breit sah sie nichts außer dieser Küstenstraße, deren Verlauf der weichen Kurve der Bucht folgte. Ungefragt meldeten sich in ihrem Kopf die Ermahnungen ihres Vaters. Nein, hier wollte sie wirklich nicht allein unterwegs sein. Sie gab auf. Lambert hatte natürlich recht: Auf offener Strecke in dieser fremden Gegend auszusteigen, das war dumm und unnötig riskant.
    »Nein, eigentlich will ich nicht aussteigen, aber offensichtlich falle ich Ihnen zur Last. Vielleicht könnten Sie mir ein Taxi rufen, und ich …«
    Noch bevor sie ihren Satz beenden konnte, warf Lambert den Kopf in den Nacken und begann schallend zu lachen, dabei schlug er mit dem Handballen wiederholt gegen das Lenkrad. »Ein Taxi?«
    »Ja. Was ist denn daran so komisch?«, fragte sie eingeschüchtert.
    »Nichts weiter. Es ist nur so, dass Sie in Papua nicht einfach mal so auf offener Straße nach einem Taxi rufen können.« Er hörte auf zu lachen, als er ihr betretenes Gesicht sah, und atmete laut aus.
    »Tut mir leid, wenn ich so gehetzt wirke. Es ist nur so, dass mein Wartezimmer in der Klinik voller Patienten ist. Dabei sollte ich eigentlich längst im OP sein. Das Team ist chronisch unterbesetzt, mein Assistenzarzt ist krank, und ich weiß im Moment wirklich nicht, wo mir der Kopf steht.«
    »Ich verstehe. Entschuldigen Sie, ich muss Ihnen wie eine hysterische Touristentusse erscheinen. Bitte, lassen Sie sich nicht aufhalten.«
    Da er sie noch immer anschaute, als werde er aus ihrem Verhalten nicht schlau, starrte sie mit weit aufgerissenen Augen zurück.
    »Was ist jetzt? Ihre Patienten warten!« Sie machte mit beiden Händen eine Bewegung, als wolle sie den Bus anschieben. Lambert schüttelte irritiert den Kopf und fuhr los.

    Katja hatte noch nie ein Missionskrankenhaus besucht. Als sie dem Doktor zu dem Betonflachbau folgte, den ein Wegweiser als das St. Mary’s auswies, überkam sie ein seltsames Gefühl, das zwischen Beklemmung und Bewunderung schwankte. Ein grauer, schmuckloser Kasten. Niemand hatte es scheinbar für nötig erachtet, das Gebäude in einem freundlicheren Licht erscheinen zu lassen. Kein einziger Farbklecks, keinerlei schmückende Elemente an der rissigen Fassade. Von außen betrachtet, war das St. Mary’s eine Baracke, die sich als eine der

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