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Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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sie das Notizbuch, in dem sie für Richard die Ergebnisse seiner verschiedenen landwirtschaftlichen Projekte festhielt. Mit einem tiefen Seufzer warf sie es auf die Sitzbank und ließ sich gleich daneben fallen.
    »Der Weizen ist kaputt. Ich hab Richard mehrfach gesagt, dass es bei uns für den Anbau zu feucht ist, aber er wollte ja nicht hören. Ich wünschte, ich hätte meine Kraft in ein anderes seiner Projekte gesteckt. Die Erfassung der einheimischen Dialekte zum Beispiel. Sprache und Kultur liegen mir sowieso viel mehr als das dämliche Grünzeug.« Sie klang erschöpft.
    »Ärgere dich nicht! Komm, ruh dich aus! Soll ich ein Glas vom eingekochten Schweinebraten aufmachen? Was meinst du? Ich hätte große Lust drauf, von den Kindern gar nicht zu reden.«
    Der Vorschlag ließ ein Lächeln über Phebes Gesicht huschen.
    »Ja, mach das. Richard müsste auch bald kommen, und er wird nicht erfreut sein, wenn ich ihm vom traurigen Zustand seines heiligen Weizens berichte.« Phebe stieß einen Stoßseufzer aus. »Wenn nur alles auf dieser vermaledeiten Insel so gedeihen würde wie die Ferkel – oder die Kinder.« Die Frauen lachten.
    Die Fliegentür öffnete sich erneut, Jungen und Mädchen verschiedenen Alters strömten ins Haus. Martin hatte Tränen in den Augen und flog sofort in die Arme seiner Mutter.
    »Was ist denn los? Ist etwas passiert?« Johanna strich ihm über den Kopf.
    »Bibi ist gemein. Ich will nie wieder mit ihm spielen!«
    »Wieso? Was hat er denn getan?« Johanna blickte eines der größeren Mädchen fragend an.
    »Er hat Martin untergetaucht«, sagte Dolly.
    »Das war doch sicher nur Spaß.«
    »War es nicht!«, erklärte Phebes Tochter. »Bibi hat gar nicht mehr losgelassen.«
    Es war nicht das erste Mal, dass sie so etwas über Bibi zu hören bekamen. Johanna fühlte sich schuldig. Eigentlich sollten sie die Kinder nicht mehr ohne Aufsicht mit ihm spielen lassen. Noch heute Abend würde sie mit Phebe sprechen. So ging es jedenfalls nicht weiter.
    Johanna tätschelte Martin den Arm und ging dann auf Bibi zu, der jetzt erst durch die Tür trat. Sie ging vor ihm in die Hocke.
    »Was hast du nur wieder angestellt, Bibi? Du darfst anderen Kindern nicht weh tun, ist das denn so schwer zu begreifen?« Sie hielt ihn bei den Schultern. Bibi sagte nichts, schaute sie nur aus unruhigen Augen an, die mehr denen eines gehetzten Tiers als eines Jungen glichen. »Wenn du so weitermachst, möchte keiner mehr mit dir spielen. Das willst du doch nicht, oder?«
    Phebe stand auf und ging zu ihr. »Lass ihn in Frieden! Es hat keinen Sinn, er versteht dich nicht.«
    Erbost drehte sich Johanna zu der Freundin um. Langsam reichte es. Wie lange wollte Phebe Bibi denn noch verteidigen? Musste er erst ein Kind umbringen, bevor Miti verstand, dass dieser Junge Grenzen brauchte?
    Sie trat einen Schritt auf Phebe zu und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Was soll das denn heißen, er versteht mich nicht? Nur weil er nicht sprechen kann? Ist es wirklich so unverständlich, wenn ich ihm sage, er soll aufhören, andere Kinder zu quälen?«
    »Bitte, Johanna, lass uns ein andermal darüber reden. Ich bin wie erschlagen.«
    »Wie du willst. Dies ist dein Haus, und Bibi ist dein Kind.«
    »Bibi ist nicht mein Kind«, erwiderte Phebe scharf. »Ich habe ihn aufgenommen wie einen Sohn, aber er ist nicht mein Kind.«
    »Natürlich. Du hast recht«, lenkte Johanna ein. »Entschuldige, bitte.« Sie schenkte sich ein Glas Wasser ein. Aus dem Augenwinkel linste sie zu Phebe hinüber, die sich erschöpft auf die Eckbank sinken ließ. Zu ihren Füßen vergnügten sich die Kinder mit einigen Kreiseln. Nur Bibi saß etwas abseits von den anderen allein auf dem Boden und starrte die Wand an. Johanna tat es jetzt leid, dass sie Phebe kritisiert hatte. Wie grau das Haar der Freundin in der letzten Zeit geworden war! Phebes Leben war schon anstrengend genug, und jetzt mäkelte auch sie noch an der Freundin herum.
    »Wir sind nicht mehr wir selbst, wenn wir erschöpft sind. Leg die Beine hoch!«
    Phebe folgte Johannas Anweisungen. Sie streifte sich die Schuhe von den Fersen und streckte sich auf der Bank aus. Während Johanna das Abendessen vorbereitete, sprach Phebe mit den Kindern und schickte sie dann ins Bad, um Hände und Gesicht zu waschen. Bibi hielt sie am Ärmel zurück.
    Als die anderen Kinder außer Hörweite waren, richtete sie das Wort an ihn: »Hör mir gut zu, junger Mann! Wenn du bei uns bleiben willst, musst du lernen, dich zu

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