Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)
gefallen sollte, musste er eben wieder ausziehen.
Als er die Ankunftshalle betrat, umarmten sie einander ungeschickt. Ein Blinder hätte bemerkt, wie unwohl sich Katja dabei fühlte.
Bereits im Auto ging der unvermeidliche Streit los. Wie erwartet, drehte er sich um Katjas neues Leben. Als sie sich Kuradui näherten, entschloss sie sich kurzerhand, die Farm links liegen zu lassen und ihren Vater am Resort abzuliefern. Wem wollte sie etwas vormachen? Früher oder später wäre es ohnehin so gekommen.
Ihr Vater wunderte sich zwar kurz, schien dann aber mit ihrer Entscheidung einverstanden. Er verspürte nach dem langen Flug wohl kein Bedürfnis auf eine in jeder Hinsicht unbequeme Nacht.
»Gut«, sagte er knapp. »Morgen ist auch noch ein Tag. Aber ich bestehe darauf, dass wir zumindest gemeinsam zu Abend essen.« Diesen Vorschlag konnte Katja schlecht ablehnen, und nachdem Takari einen Bungalow für Rudolf von Beringsen arrangiert hatte, nahm sie im Restaurant Platz, um auf ihren Vater zu warten, der sich gerade frisch machte. Takari nutzte die Gelegenheit. Er näherte sich ihrem Tisch, schaute sich verstohlen um und beugte sich dann zu ihr hinunter, um zu fragen, ob ihr Vater etwa ein Problem mit dem Bett hätte. Zum ersten Mal an diesem Abend lächelte Katja.
»Mach dir keine Gedanken. Mein Vater und ich, wir verstehen uns einfach nicht besonders. Jedes Mal, wenn wir uns sehen, streiten wir.«
»Das ist gut«, sagte Takari und strich gedankenverloren die Tischdecke glatt.
»Wie bitte?«, fragte Katja irritiert. Takari schüttelte den Kopf.
»Sorry, bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Natürlich ist es schlimm, wenn Eltern und Kinder sich nicht verstehen. Familie ist schließlich alles, oder?« Er blickte in Katjas unbewegtes Gesicht und räusperte sich nach einer Weile. »Also, Sie wollten doch wissen, weshalb meine Leute nicht mit Ihnen reden?«
Katja richtete sich sofort gespannt auf.
»Es war ein ziemlicher Aufwand, aber ich habe jemanden gefunden, der bereit ist, mit Ihnen zu sprechen. Sie heißt Maile, eine alte Frau vom Stamm der Tolai. Sie ist eine Freundin meiner Großmutter. Wenn Sie wollen, fahren wir morgen zu ihr. Was die Alte zu sagen hat, wird Sie interessieren, versprochen.«
Er hatte hastig gesprochen, so als könne er jede Sekunde entdeckt werden. Jetzt bewegte er sich mit schnellen Schritten zurück in Richtung Rezeption.
Irgendwie überstand Katja den Abend mit ihrem übellaunigen Vater. Sie aßen fangfrischen Fisch und tranken dazu eiskaltes Bier aus der Dose. Es half, dass sich das Restaurant im Lauf des Abendessens mit Gästen füllte. Das zwang beide, sich kultiviert zu verhalten. Katja vermied es ganz bewusst, ihren Vater auf die Mine anzusprechen. Im Grunde war längst schon alles gesagt: dass die Fische im Fluss starben, dass das Wasser und die Uferbänke von Abbaurückständen derart verschmutzt waren, dass es nach Expertenmeinung dreihundert Jahre dauern würde, bis sich die Gifte abgebaut hätten. Alte Kamellen. Kriegsschauplätze, die sie schon viel zu oft besucht hatten. Sie war es leid. All die Energie, die sie in Auseinandersetzungen mit ihrem Vater vergeudet hatte. Wofür? Was hatte es gebracht? Nichts, dachte sie bitter. Absolut nichts.
Katja tupfte sich den Mund mit der Serviette ab und rückte mit dem Stuhl zurück. Ihr Vater sah überrascht auf, legte sein Besteck auf dem Tellerrand ab.
»Wie? Willst du schon gehen?« Er wirkte enttäuscht. Katja sah ihm an, dass er bemüht war, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten. Nichts hatte sich in all den Jahren geändert.
»Sei mir nicht böse, aber ich habe noch etwas zu erledigen. Sehen wir uns morgen?«
»Höchstens zum Frühstück. Gegen Mittag geht mein Flug zur Mine. Tust du mir den Gefallen und rufst deine Mutter an? Dein Bruder wartet übrigens auch schon länger auf einen Rückruf von dir.« Nichts als Vorwürfe.
»Sicher, mach ich. Fliegst du gleich von der Mine aus nach Deutschland, oder kommst du noch einmal zurück nach Kokopo?«
»Kann ich noch nicht sagen. Wahrscheinlich fliege ich direkt von der Mine zurück, es sei denn, du möchtest, dass ich zurückkomme.« Er betonte den Satz wie eine Frage, etwas wie Hoffnung schwang in seiner Stimme mit.
Katja ignorierte den Unterton. Zu viel war in den letzten Jahren zwischen ihnen vorgefallen. Es war an der Zeit, dass ihr Vater begriff, dass sie keine Freunde waren und es auch niemals sein würden.
Ehe Katja etwas erwidern konnte, schüttelte er den
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