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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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»Klick«.
    »Mautschi-Iau«, sagte er leise. »Wanja! Dorthin hat sich Jaga geflüchtet! Sie hat es dem Totenschädel erzählt – als verborgene Botschaft an uns. Dreh die Buchstaben von Tschaui-Maui um und du bekommst …«
    »… eine der vier verfluchten Inseln im Land Tajumeer«, murmelte Wanja.
    Tobbs nickte eifrig. »Ich habe gehört, dass sich nicht einmal die Bewohner von Tajumeer dorthin trauen. Angeblich spukt es dort. Und jeder, der auf Mautschi-Iau fährt, kehrt um Jahre gealtert zurück.«
    Wanja schnaubte. »Das ist typisch Tante Jaga. Gut, wir müssen ohnehin eine Tür bauen. Dann versuchen wir es eben gleich auf Mautschi-Iau.«
    »Du willst eine Tür mitten in der Baumkrone bauen?«
    Wanja lächelte grimmig. Und dann erstarrte ihr Lächeln. Tobbs roch es ebenfalls. Rauch.
    »Wanja? Wie lange brauchst du?«
    Die Schmiedin drückte ihm das Gewehr in die Hand.
    »Halte sie in Schach«, befahl sie barsch, zerrte ihren Rucksack von Tobbs’ Schultern und hangelte sich zu einem großen Ast. Das war für die nächsten Minuten das Letzte, was Tobbs von Wanja sah, denn ein zischendes Geräusch wies ihn darauf hin, dass er sich lieber um die Reiter kümmern sollte. Von oben konnte er sie erkennen – lächerlich klein, aber unendlich bedrohlich. Ihre Augen glühten im Widerschein des Feuers, das sich zischend am vereisten Stamm hochfraß. Tobbs zielte und feuerte. Knurrend zogen sich die Gestalten zurück. Über ihm brach Holz, Axthiebe hallten im stillen Wald. Doch Tobbs konnte nicht sagen, ob sie von oben oder von unten kamen. Die roten Krieger verständigten sich durch hektische Rufe, die er nicht verstand. Rauch hüllte ihn ein und ließ ihn husten.
    »Wanja!«, rief Tobbs leise. »Wie weit bist du?«
    Er erhielt keine Antwort, aber soweit er es aus den Augenwinkeln sah, arbeitete die Schmiedin fieberhaft. Sie hackte Zweige ab und nagelte sie an den Stamm. Doch beim Hacken war sie nicht die Einzige. Tobbs erfühlte es, bevor er es hörte – ein berstendes Geräusch aus dem Inneren des Baums. Die alte Eiche schien ihr Gewicht zu verlagern. Dann sackte sie um mehrere Fußbreit nach unten und begann sich zu neigen!
    Triumphgeschrei wallte am Fuß des Baumes auf.
    »Wanja!«, brüllte Tobbs und kletterte nach oben. Wanjas bleiches Gesicht leuchtete ihm aus dem Rauch entgegen. Im ersten Augenblick sah sie aus wie eine Furie mit Nägeln statt Zähnen, doch dann spuckte sie die Nägel aus und ergriff Tobbs’ ausgestreckte Hand.
    »Schnell!«, flüsterte sie. »Der Baum kippt!«
    Tobbs erkannte einen viel zu provisorischen Türrahmen am Stamm. Sie würden zerschmettert werden. Der Aufprall würde ihn auf das Holz schleudern – und dann würde er vom Baum fallen – direkt in die Spitzen der Lanzen. Tobbs, das Schaschlik. Ein trauriges Ende.
    »Augen zu!«, befahl Wanja. Dann kam der Aufprall – und noch während Tobbs in quälender Langsamkeit wahrnahm, wie die harte Rinde ein Muster in seine Haut drückte, wurde das Holz plötzlich weich und zerstob gleich darauf in Millionen von Moleküle. Es löste sich auf, Tobbs aber blieb – und fiel.

TSCHAUI-MAUI
    Einige Sekunden blendete ihn helles Licht, dann blieb ihm die Luft weg. Es war, als würde ein Sog ihm den Atem aus der Lunge ziehen. Sein Herz begann zu rasen wie ein kaputtes Uhrwerk kurz vor dem Zerspringen. Gerade noch spürte er, wie er unsanft auf einem glücklicherweise weichen Untergrund aufprallte, dann knipste sich sein Bewusstsein aus.
    Als es langsam und torkelnd wieder zurückkehrte wie ein Kneipengänger, der sich nur schwer von seinem Bierglas losreißen kann, fühlte Tobbs als Erstes Sand in seiner Nase und an seinem Gaumen. Offenbar war er mit offenem Mund in einen Sandhaufen gefallen. Er hustete und wälzte sich auf den Rücken, was sofort mit einem Schwindelanfall quittiert wurde. Erst nach endlosen weiteren Sekunden hatte sein Körper sich auf eine sehr viel schneller laufende Zeit eingestellt. Unglaublich: War er wirklich in Tajumeer? Immer noch saß ihm der Schreck in den Knochen – und die sichere Gewissheit, gleich zu sterben.
    Es war unerträglich heiß und die Sonne schien ihm grell ins Gesicht. Er hob den Kopf – und blickte auf das endlose, tintenblaue Meer und einen Horizont, auf dem der Abglanz eines orange-roten Scheins lag. Die Spätnachmittage im Land der Tajumeeren waren legendär. Menschen zahlten ein Vermögen dafür, einmal im Leben dorthin zu reisen und sich von dem Farbenspiel des Lichts verzaubern zu

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